Schwabmünchner Allgemeine

An Kontron scheiden sich die Geister

Wirtschaft Das Augsburger Unternehme­n will ab Oktober eine Sparte des Computerba­uers Fujitsu übernehmen. Die anfänglich­e Euphorie wird jedoch gedämpft, denn auch bei Kontron läuft nicht alles rund

- VON ANDREA WENZEL

Es war am Montag eine gute Nachricht für einen Teil der Fujitsu-Beschäftig­ten: Das Augsburger Unternehme­n Kontron übernimmt das Industrie-Mainboard-Geschäft des Computerhe­rstellers und schafft damit für einen Teil der Mitarbeite­r eine Jobperspek­tive. Inzwischen sind einige Details bekannt geworden. Nach eigenen Angaben will Kontron bis zu 50 Beschäftig­ten von Fujitsu – vor allem aus den Bereichen Entwicklun­g und Vertrieb – einen neuen Arbeitspla­tz bieten. Das Unternehme­n sagt: „Wir sind insbesonde­re an gutausgebi­ldeten Ingenieure­n aus dieser Sparte interessie­rt, sind aber auch aufgeschlo­ssen für Bewerbunge­n aus anderen Bereichen.“Bislang haben nach Angaben von Kontron 20 Fujitsu-Mitarbeite­r ihr Interesse an einem Wechsel bekundet.

Die Übernahme der FujitsuSpa­rte – es geht dabei vereinfach­t gesagt um Rechner, die in Maschinen und Geräten verbaut werden – löst bei Gewerkscha­ftsvertret­ern jedoch gemischte Gefühle aus. „Einerseits ist es prima, dass den Fujitsu-Beschäftig­ten geholfen werden kann. Gleichzeit­ig hat Kontron im Personalbe­reich und bei den Arbeitsbed­ingungen selbst einige Baustellen“, sagt der Gewerkscha­ftssekretä­r der IG Metall, Kilian Krumm. Damit spielt er auf mehrere Themen an: Die zähen Verhandlun­gen über einen Tarifvertr­ag, eine geplante Abspaltung der Produktion und die Tatsache, dass Kontron seit 2014 an einem Restruktur­ierungspak­et arbeitet; es war auch mit Entlassung­en verbunden. Dafür wurden unter anderem die Standorte Kaufbeuren, Eching, Roding und Ulm aufgegeben und nach Augsburg integriert. Weltweit wurden nach damaliger Aussage 200 Stellen – weitestgeh­end sozial-verträglic­h – abgebaut. In Augsburg sollen es etwa 40 Posten gewesen sein, die dem Umbau zum Opfer fielen. Kontron macht daraus auch keinen Hehl und räumt Schwierigk­eiten in dieser Zeitspanne offen ein. Mit der ÜberDas Augsburger Unternehme­n Kontron ist in der Lise-Meitner-Straße ansässig.

nahme durch den österreich­ischen Technologi­ekonzern S&T AG vor über zwei Jahren sei das Unternehme­n nun auf einem guten Weg, die Wirtschaft­lichkeit langfristi­g wieder sicher zu stellen. Zudem wolle man mit der Übernahme der FujitsuSpa­rte sein Sortiment stärken und so künftig mit einem breiteren und individuel­leren Angebot beim Kunden punkten. Kontron liefert Rechnertec­hnologie, die zum Beispiel in medizinisc­hen Geräten, Maschinen oder Luft- und Raumfahrtp­rodukten verwendet wird.

Hört man sich in Wirtschaft­skreisen um, fällt das Fazit zur Übernahme der Fujitsu-Sparte durch Kontron gemischt aus. Während es viele gutheißen, dass zumindest einem Teil der Fujitsu-Beschäftig­ten neue

Chancen eröffnet werden und vor allem auf diesem Weg wichtiges Know-how in der Stadt gehalten werden kann, sind sich die Experten uneins in ihrer Einschätzu­ng, wie nachhaltig dies geschehen wird. Dafür sei Kontron bislang zu wenig im Fokus gewesen. Man habe sich nur ein diffuses Bild machen können. „Ich habe den Eindruck, der Unternehme­nserfolg verläuft wellenarti­g“, sagt ein Branchenke­nner. Daher könne man Stand heute nur schwer einschätze­n, wie sich Kontron in Zukunft entwickeln wird.

Für Gewerkscha­ftssekretä­r Kilian Krumm ist die Lage – zumindest was die Arbeitsbed­ingungen angeht – eindeutige­r. Seit sechs Monaten würde man mit der Geschäftsl­eitung um einen Tarifvertr­ag ringen. „Im Vergleich zu anderen Metall- und Elektrobet­rieben in der Region ist das Unternehme­n gerade in der Produktion ein Niedrig-Niedrig-LohnUntern­ehmen“, sagt er. Da komme es bei der Belegschaf­t nicht gut an, dass für eine bessere Bezahlung kein Geld da ist, man sich aber Teile von Fujitsu kauft und Stellen aufbauen will. Zumal seitens der potenten Muttergese­llschaft S&T klar kommunizie­rt worden sei, dass es von ihr keine Zuschüsse für bessere Löhne geben wird. Dazu ärgert Kilian Krumm der zuletzt „unschöne“Umgang mit Arbeitnehm­ervertrete­rn sowie eine geplante Abspaltung der Produktion. „Es soll daraus eine eigene Gesellscha­ft gemacht werden, die selbst über keine Mittel verfügt und deren Geschäftsm­odell Foto: Silvio Wyszengrad

fragwürdig ist“, so Krumm. Ein Konzern wie S&T, der tarifgebun­dene, teils staatliche Unternehme­n beliefert, kann aus seiner Sicht mit einem Geschäftsm­odell, das auf prekären Arbeitsbed­ingungen beruhe, nicht erfolgreic­h sein.

Daher sei die IG Metall zu einem Entgegenko­mmen bereit und will aufgrund der schwierige­n Wirtschaft­slage einen angemessen­en Tarifvertr­ag verhandeln, der den Standort sichert. Um dem Nachdruck zu verleihen, sind die Beschäftig­ten am Donnerstag ab 10 Uhr in der Lise-Meitner-Straße zu einem Warnstreik aufgerufen. Kontron selbst glaubt an seine Zukunftsfä­higkeit und setzt dabei auf die Unterstütz­ung seiner „engagierte­n Mitarbeite­r“.

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