An Kontron scheiden sich die Geister
Wirtschaft Das Augsburger Unternehmen will ab Oktober eine Sparte des Computerbauers Fujitsu übernehmen. Die anfängliche Euphorie wird jedoch gedämpft, denn auch bei Kontron läuft nicht alles rund
Es war am Montag eine gute Nachricht für einen Teil der Fujitsu-Beschäftigten: Das Augsburger Unternehmen Kontron übernimmt das Industrie-Mainboard-Geschäft des Computerherstellers und schafft damit für einen Teil der Mitarbeiter eine Jobperspektive. Inzwischen sind einige Details bekannt geworden. Nach eigenen Angaben will Kontron bis zu 50 Beschäftigten von Fujitsu – vor allem aus den Bereichen Entwicklung und Vertrieb – einen neuen Arbeitsplatz bieten. Das Unternehmen sagt: „Wir sind insbesondere an gutausgebildeten Ingenieuren aus dieser Sparte interessiert, sind aber auch aufgeschlossen für Bewerbungen aus anderen Bereichen.“Bislang haben nach Angaben von Kontron 20 Fujitsu-Mitarbeiter ihr Interesse an einem Wechsel bekundet.
Die Übernahme der FujitsuSparte – es geht dabei vereinfacht gesagt um Rechner, die in Maschinen und Geräten verbaut werden – löst bei Gewerkschaftsvertretern jedoch gemischte Gefühle aus. „Einerseits ist es prima, dass den Fujitsu-Beschäftigten geholfen werden kann. Gleichzeitig hat Kontron im Personalbereich und bei den Arbeitsbedingungen selbst einige Baustellen“, sagt der Gewerkschaftssekretär der IG Metall, Kilian Krumm. Damit spielt er auf mehrere Themen an: Die zähen Verhandlungen über einen Tarifvertrag, eine geplante Abspaltung der Produktion und die Tatsache, dass Kontron seit 2014 an einem Restrukturierungspaket arbeitet; es war auch mit Entlassungen verbunden. Dafür wurden unter anderem die Standorte Kaufbeuren, Eching, Roding und Ulm aufgegeben und nach Augsburg integriert. Weltweit wurden nach damaliger Aussage 200 Stellen – weitestgehend sozial-verträglich – abgebaut. In Augsburg sollen es etwa 40 Posten gewesen sein, die dem Umbau zum Opfer fielen. Kontron macht daraus auch keinen Hehl und räumt Schwierigkeiten in dieser Zeitspanne offen ein. Mit der ÜberDas Augsburger Unternehmen Kontron ist in der Lise-Meitner-Straße ansässig.
nahme durch den österreichischen Technologiekonzern S&T AG vor über zwei Jahren sei das Unternehmen nun auf einem guten Weg, die Wirtschaftlichkeit langfristig wieder sicher zu stellen. Zudem wolle man mit der Übernahme der FujitsuSparte sein Sortiment stärken und so künftig mit einem breiteren und individuelleren Angebot beim Kunden punkten. Kontron liefert Rechnertechnologie, die zum Beispiel in medizinischen Geräten, Maschinen oder Luft- und Raumfahrtprodukten verwendet wird.
Hört man sich in Wirtschaftskreisen um, fällt das Fazit zur Übernahme der Fujitsu-Sparte durch Kontron gemischt aus. Während es viele gutheißen, dass zumindest einem Teil der Fujitsu-Beschäftigten neue
Chancen eröffnet werden und vor allem auf diesem Weg wichtiges Know-how in der Stadt gehalten werden kann, sind sich die Experten uneins in ihrer Einschätzung, wie nachhaltig dies geschehen wird. Dafür sei Kontron bislang zu wenig im Fokus gewesen. Man habe sich nur ein diffuses Bild machen können. „Ich habe den Eindruck, der Unternehmenserfolg verläuft wellenartig“, sagt ein Branchenkenner. Daher könne man Stand heute nur schwer einschätzen, wie sich Kontron in Zukunft entwickeln wird.
Für Gewerkschaftssekretär Kilian Krumm ist die Lage – zumindest was die Arbeitsbedingungen angeht – eindeutiger. Seit sechs Monaten würde man mit der Geschäftsleitung um einen Tarifvertrag ringen. „Im Vergleich zu anderen Metall- und Elektrobetrieben in der Region ist das Unternehmen gerade in der Produktion ein Niedrig-Niedrig-LohnUnternehmen“, sagt er. Da komme es bei der Belegschaft nicht gut an, dass für eine bessere Bezahlung kein Geld da ist, man sich aber Teile von Fujitsu kauft und Stellen aufbauen will. Zumal seitens der potenten Muttergesellschaft S&T klar kommuniziert worden sei, dass es von ihr keine Zuschüsse für bessere Löhne geben wird. Dazu ärgert Kilian Krumm der zuletzt „unschöne“Umgang mit Arbeitnehmervertretern sowie eine geplante Abspaltung der Produktion. „Es soll daraus eine eigene Gesellschaft gemacht werden, die selbst über keine Mittel verfügt und deren Geschäftsmodell Foto: Silvio Wyszengrad
fragwürdig ist“, so Krumm. Ein Konzern wie S&T, der tarifgebundene, teils staatliche Unternehmen beliefert, kann aus seiner Sicht mit einem Geschäftsmodell, das auf prekären Arbeitsbedingungen beruhe, nicht erfolgreich sein.
Daher sei die IG Metall zu einem Entgegenkommen bereit und will aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage einen angemessenen Tarifvertrag verhandeln, der den Standort sichert. Um dem Nachdruck zu verleihen, sind die Beschäftigten am Donnerstag ab 10 Uhr in der Lise-Meitner-Straße zu einem Warnstreik aufgerufen. Kontron selbst glaubt an seine Zukunftsfähigkeit und setzt dabei auf die Unterstützung seiner „engagierten Mitarbeiter“.