„Ich will Spiele entscheiden – wie früher“
Fußball Stürmer Julian Schieber ist endlich verletzungsfrei und kann sein erstes Trainingslager mit dem FC Augsburg absolvieren. Das gibt ihm Auftrieb für seine nächsten Ziele
Herr Schieber, das ist die erste Vorbereitung, die Sie beim FCA verletzungsfrei bestreiten können. Im vergangenen Sommer mussten sie nach dem ersten Testspiel gegen Würzburg am Knie operiert werden. Im Winter mussten Sie das Trainingslager in Spanien mit einer muskulären Verletzung abbrechen und fielen monatelang aus.
Schieber: Daran denke ich gar nicht mehr. Ich habe die Sommerpause intensiv genutzt und an meiner Fitness gearbeitet.
Ihre Krankenakte ist sehr umfangreich. Hat sich dadurch Ihr Umgang mit dem eigenen Körper verändert? Schieber: Ich höre Tag für Tag in meinen Körper und sobald er mir signalisiert, Julian, es ist alles in Ordnung, dann gibt es für mich nur Vollgas. Wenn mein Körper keine Signale äußert, dann bin ich wie ein kleines Kind, dann gehe ich raus und will spielen.
Stichwort spielen. Ihre Bilanz im ersten Jahr beim FCA lautet, neun Punktspiele, ein Tor.
Schieber: Das ist natürlich unbefriedigend aufgrund der Verletzungen. Ich habe für drei Jahre unterschrieben, jetzt bin ich zweiten Jahr. Da will ich es einfach besser machen. Deswegen gibt es keine großen Töne, ich will meinen Körper in die Form bringen, um der Mannschaft helfen zu können. Alles andere muss dann der Trainer entscheiden.
Die Konkurrenz ist aber groß, besonders Florian Niederlechner macht auf sich aufmerksam ...
Schieber: „Flori ist ein klassischer Mittelstürmer, ein Arbeiter, mit einer ordentlichen Trefferquote. Charakterlich ist er ein guter Kerl, deswegen macht es den Konkurrenzkampf nicht so schwer. Jeder gönnt es dem anderen. Aber wir haben ja noch andere Stürmer. Alfred Finnbogason kommt wieder zurück, Sergio Cordova arbeitet an seinem Comeback, die Jungen rücken nach. Wir sind gut aufgestellt.
Sie haben im letzten Saisonspiel beim 1:8 in Wolfsburg ihr erstes Bundesliga-Tor für den FCA erzielt. Konnten Sie sich darüber überhaupt freuen? Schieber: Das Ergebnis war natürlich alles andere als zufriedenstellend. Aber ich habe solange wieder für ein Bundesliga-Tor gearbeitet und es zeigt, dass ich es immer noch kann. Deswegen sage ich: Hey, ich habe das letzte FCA-Tor in der Bundesliga geschossen, jetzt will ich gerne das erste in dieser Saison schießen.
Die Rückrunde beim FCA war sehr turbulent ...
Schieber: Mit Jens Lehmann kam ein
großer Name als Co-Trainer, dann folgte der Trainerwechsel. Für viele der Jungs war das Neuland. Aber letztendlich haben wir die nötigen Punkte geholt. Wir haben es geschafft, wir konnten durchatmen. Dann kam die Sommerpause, jetzt ist Vorbereitung und alles steht wieder auf Null.
Sie haben mit Jens Lehmann ja noch beim VfB zusammen gespielt. Ihr erster Kontakt war legendär.
Schieber: Damals lag ich als Jugendspieler auf der Massage-Bank. Jens Lehmann kam in den Raum, es
reichten zwei Blicke, er hat gefragt wie alt ich bin und dann war für mich klar, jetzt musst du Land suchen. Ich hatte mich wirklich auf ihn gefreut, aber wir hatten aufgrund meiner muskulären Verletzung kaum Kontakt.
Sie bestritten Ihr erstes Bundesligaspiel als Jugendspieler im Januar 2008. In Cottbus wurden Sie in der 80. Minute eingewechselt. Beim FC Augsburg gehören Sie zu den älteren Spielern.
Schieber: Man reflektiert es schon, wenn der Trainer zum Beispiel sagt, die Alten gehen auf die Seite. Dann schaut man sich um: Daniel Baier ist da, Andi Luthe als Torwart und dann komm ich schon, weil Alfred verletzt ist. Wenn man mit 30 zu den Ältesten gehört, ist es schon Wahnsinn. Aber ich fühle mich einfach nicht so.
Sind die jungen Spieler anders als Sie es früher waren?
Schieber: Es ist eine andere Generation. Sie haben viel mehr Selbstbewusstsein, werden auch viel früher reingeworfen. Darum gibt es so eine klassische Hierarchie wie früher nicht mehr. Aber wir haben eine sehr ordentliche Truppe. Die Jungen bei uns wissen, dass sie den nächsten Schritt erst noch machen müssen. Dass sie noch mehr arbeiten müssen. Von daher ist es hier in einem guten Gleichgewicht.
Fühlen Sie sich als Führungsspieler? Schieber: Zu so einer Rolle gehört auch die entsprechende Leistung. Die will ich erst einmal auf den Platz bringen. Wenn ich die bringe, dann kann ich auch in diese Rolle reinschlüpfen, dann kann ich versuchen zu helfen, wenn mein Rat gefragt ist.
Wie hat sich das Spiel in der Bundesliga verändert?
Schieber: Das Spiel ist einfach schneller und dynamischer geworden. Wenn ich so ein Talent sehe wie Ruben Vargas, der ist so flink, so schnell und so dynamisch. Da kann man dem Verein nur gratulieren, ihn in der Schweizer Liga gefunden zu haben, ohne dass ein Konkurrent dazwischengehen konnte.
Wie sehen Sie Ihre sportliche Rolle in dieser Saison?
Schieber: Ich will einfach mit Leistung in die Mannschaft kommen, Tore machen, Spiele entscheiden, so wie früher. Egal ob in fünf Minuten, zwanzig Minuten, oder in 90 Minuten.
Ist Ihre Leidenschaft für den Fußball nach einem Jahrzehnt im Profigeschäft noch ungebrochen?
Schieber: Auf dem Platz gibt es für mich nur eines: das Runde muss ins Eckige, alles andere ist weit weg. Deswegen spiele ich Fußball. Wenn du ein Trikot anhast, ein paar Fans da sind, der Schiedsrichter anpfeift, geht es los. Egal ob hier im Trainingslager oder im ausverkauften Stadion.
Wo sehen Sie den FCA in der kommenden Saison?
Schieber: Es gibt die Mannschaften von Platz eins bis acht, die in Europa angreifen wollen. Dann kommt das breite Mittelfeld. Um das kämpfen zehn Mannschaften und da wollen wir auch rein – ins sichere Fahrwasser, um so schnell wie möglich nichts mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben.