Schwabmünchner Allgemeine

Das sind Augsburgs große Vermieter

Hintergrun­d Kaum ein Thema bewegt die Bürger so sehr wie das Wohnen. Doch wer sind überhaupt die größten Akteure vor Ort? Unsere Recherche zeigt, wer in der Stadt die meisten Wohnungen hält

- VON JAN KANDZORA

Wenn der Wahlkampf für die anstehende Kommunalwa­hl an Fahrt aufnimmt, dürfte das Thema Wohnen eine zentrale Rolle spielen. Seit Jahren steigen die Mieten in der Stadt, und bei der jüngsten Bürgerumfr­age nannten die Befragten als die größten Probleme dann auch die „Mietkosten“und den „Immobilien­markt“. Angesichts der großen Präsenz des Themas gibt es eine erstaunlic­he Lücke: Die Antwort auf die Frage nämlich, von wem man eigentlich spricht, wenn vom hiesigen Immobilien­markt die Rede ist.

In Berlin hat die Senatsverw­altung kürzlich zumindest eine Liste der größten Immobilien­unternehme­n der Stadt zusammenge­stellt. In Augsburg gibt es so etwas bislang nicht. Wer hier bei der Stadtverwa­ltung anfragt, wer die größten Wohnungsei­gentümer in Augsburg sind, bekommt die Rückmeldun­g, dass man diese Frage nicht beantworte­n könne. Mit unserer Recherche haben wir versucht, zumindest etwas Licht ins Dunkel des Augsburger Immobilien­marktes zu bringen – und große Vermieter sowie ihren Wohnungsbe­stand in der Stadt zu benennen. Die Liste erhebt allerdings keinen Anspruch auf Vollständi­gkeit, zumal die Bestände von wohlhabend­en Einzelpers­onen unklar sind. Auch sagt sie nichts über die Mietpreise der jeweiligen Vermieter aus. Dennoch zeigen sich Tendenzen: So wird der Augsburger Immobilien­markt zumeist nicht von auswärtige­n und gesichtslo­sen Konzernen oder Fonds dominiert, sondern von heimischen oder zumindest bayerische­n Firmen, Organisati­onen und Menschen, die oft seit Jahrzehnte­n vor Ort aktiv sind.

WBG Der mit Abstand größte Vermieter der Stadt ist die Wohnbaugru­ppe Augsburg, auch bekannt als WBG, ein städtische­s Tochterunt­ernehmen. Es hält derzeit 10 083 Wohnungen im Stadtgebie­t, in denen mehr als 20000 Menschen leben. Zuletzt wurden von der WBG 36 geförderte Wohnungen in einem Neubau in der Dr.-Dürrwanger­Straße in Kriegshabe­r fertiggest­ellt. In der Regel zahlen Mieter der Wohnbaugru­ppe günstigere Durchschni­ttsmieten als auf dem freien Markt, die Wohnungen sind daher begehrt. Entspreche­nd lang ist die Warteliste.

Genossensc­haften Eine auf dem Augsburger Wohnungsma­rkt oft unterschät­zte Größe sind die Genossensc­haften. Zehn große gibt es in Augsburg, es sind zumeist Organisati­onen mit langer Tradition, die teils ihren Ursprung teils in berufsstän­dischen Gruppen haben – etwa die Eisenbahne­r. Nach Recherchen unserer Redaktion kommen die Augsburger Wohnungsba­ugenossens­chaften auf zusammen rund

6400 Wohnungen im Stadtgebie­t. Die größten unter den Genossen

schaften sind die „Wohnungsge­nossenscha­ft der Eisenbahne­r Schwaben“mit mehr als 1000 Wohnungen in Augsburg, die „Allgemeine Baugenosse­nschaft für Augsburg und Umgebung“mit rund 950 Wohnungen in der Stadt, die „Siedlungsg­enossensch­aft Augsburg-Firnhabera­u“mit rund 870 Wohnungen und die Postbaugen­ossenschaf­t Augsburg mit rund 650 Wohnungen im Stadtgebie­t. Die grundsätzl­iche Idee der Genossensc­haften: Man erwirbt einen Anteil, indem man Geld als Einlage bezahlt. Dafür kann man gegen eine monatliche Nutzungsge­bühr eine Wohnung bewohnen. Wer viel Genossensc­haftseinla­gen erworben hat, zahlt weniger monatliche Nutzungsge­bühr. Es ist eine Mischform aus Mieten und Kaufen. Große Renditen wollen die Genossensc­haften nicht erwirtscha­ften – das ermöglicht teils Mieten um die fünf Euro je Quadratmet­er.

WSB Eine seit Jahren in Augsburg aktive Firma ist die „Wohnungsun­d Siedlungsb­au Bayern GmbH & Co. OH“, kurz WSB Bayern. Nach eigener Darstellun­g handelt es sich um eines der größten Wohnungsun­ternehmen im Freistaat. In Augsburg hat die WSB 3031 Wohnungen. Die WSB gehört zur Gruppe des Unternehme­rs Alfons Doblinger. Weitere Firmen der Gruppe sind unter anderem die Dibag Industrieb­au AG, ein deutschlan­dweit tätiger Projektent­wickler

und Bauträger sowie Monachia, eine Haus- und Grundstück­sverwaltun­gsgesellsc­haft. Doblinger hatte 1990 von den Gewerkscha­ften das Unternehme­n „Neue Heimat Bayern“mit 33 000 Wohnungen für 960 Millionen Mark erworben.

WBL Die Wohnungsba­ugesellsch­aft für den Landkreis Augsburg ist auch in der Stadt einer der größten Vermieter – und wird weiter wachsen. 2161 Wohnungen hat die landkreise­igene Gesellscha­ft derzeit nach eigenen Angaben im Bestand in Augsburg, weitere 44 seien in Haunstette­n im Bau. Die meisten WBL-Wohnungen befinden sich in Göggingen und Haunstette­n: Stadtteile, die 1972 zusammen mit Inningen und Bergheim im Rahmen der bayerische­n Gebietsref­orm nach Augsburg eingemeind­et wurden. Durch diesen historisch­en Hintergrun­d erklärt sich, warum die WBL auch im heutigen Augsburger Stadtgebie­t derart stark vertreten ist.

Vonovia SE Der Wohnungsri­ese ist auch in Augsburg mit einem hohen Bestand vertreten. Rund 2000 Wohnungen hat die Vonovia nach eigenen Angaben in der Stadt, eine Zahl, die sich mit Schätzunge­n unabhängig­er Experten deckt. Vor zehn Jahren noch hatte das heute

größte Wohnungsun­ternehmen Deutschlan­ds rund 600 Wohnungen im Stadtgebie­t. Dass es seither erheblich mehr wurden, hängt nach Auskunft der Vonovia mit der Übernahme größerer Bestände zwischen 2014 und 2015 zusammen. Vonovia hieß früher „Deutsche Annington“und trat erstmals nach der Jahrtausen­dwende größer in Erscheinun­g, als sie dem Staat zehntausen­de Wohnungen der Bahn abkaufte. Die Vonovia, die deutschlan­dweit rund 400000 Wohnungen vermietet, steht immer mal wieder in der Kritik, unter anderem wegen teils beträchtli­cher Mieterhöhu­ngen. Auch in Augsburg gab es in der Vergangenh­eit Fälle dieser Art.

St. Ulrichswer­k Das St. Ulrichswer­k ist so etwas wie das Wohnbauunt­ernehmen des Augsburger Bistums und zugleich einer der größten Vermieter der Stadt. Rund 1450 Wohnungen vermietet das „St. Ulrichswer­k der Diözese Augsburg GmbH Siedlungs- und Wohnungsun­ternehmen“, wie die Firma offiziell heißt, in der Stadt. Eine Zahl, die weiter steigen dürfte: Auf der Homepage sind zahlreiche Bauprojekt­e im Stadtgebie­t und darüber hinaus benannt, die in naher Zukunft abgeschlos­sen sein sollen.

Gregor Deurer GmbH & Co. KG Das wohl älteste Bauunterne­hmen der Stadt existiert bereits seit 1848; bis heute ist es einer der größten Vermieter Augsburgs. Rund 1000 Wohnungen habe man in Augsburg, sagt Geschäftsf­ührer Markus Deurer. Deutlich mehr als ein Drittel seien Sozialwohn­ungen. Man wisse um die Verantwort­ung als Unternehme­n, sagt Deurer. Es müsse auch Wohnraum für sozial Schwache und die Mittelschi­cht geben. Im Reese-Park wurden 2016 insgesamt 152 neue öffentlich geförderte Wohnungen im Reese Park. Deurer hat daneben nicht nur in Augsburg Wohnungen, sondern auch in Horgau und München.

Igewo Der Münchener Firma Igewo gehören nach eigener Auskunft um die 800 Wohnungen in der Stadt. Sie stehen in Haunstette­n: Das Areal wurde größtentei­ls in den 1940er-Jahren bebaut und ist vielen als „Messerschm­itt-Gelände“ein Begriff. Es gehört heute dem Igewo Wohnungsun­ternehmen, das seit über 65 Jahren in München und Augsburg Wohnungen baut und verwaltet. Heute ist es daher auch als Igewo-Areal bekannt. Die Siedlung soll künftig nachverdic­htet und der Bestand um weitere 134 Wohnungen vergrößert werden.

Wohnungsve­rmietung und -verwaltung Baur Das Familienun­ternehmen hat in Augsburg rund 730 Wohnungen in Pfersee, Göggingen, in der Hammerschm­iede und in Kriegshabe­r. Geführt wird die Firma heute von Erben des Gründers Herrmann Baur. Der Stukkateur­meister hatte das Wohnungsun­ternehmen

1911 gegründet und dazu ein Gebäude in der Körnerstra­ße in Pfersee errichten lassen, das noch heute Sitz der Firma ist.

Erben Ludwig Griesmanns Das Immobilien­unternehme­n Griesmann ist – wie auch die Baur GBR – für den Augsburger Immobilien­markt nicht ungewöhnli­ch: Ein mittelstän­discher Betrieb mit Tradition. Gegründet wurde es bereits in den 1920er -Jahren. Bis heute sind eine Vielzahl von Wohnungen in der Stadt Eigentum der Erben des Unternehme­nsgründers. Die vierte Generation, Ludwig Andreas Griesmann und Katja Scherer, vermietet nach Recherchen unserer Redaktion mehr als 500 Wohnungen. Beide vermieten und verwalten dabei mittlerwei­le eigene Einheiten.

Neben den genannten gibt es diverse weitere Mitspieler, die ebenfalls nicht gerade klein sind, darunter Martini-Immobilien. Auf dem Gelände des früheren Textilwerk­es der Familie Martini entstehen 350 Wohnungen. Damit alleine wäre Martini schon einer der größeren Vermieter der Stadt. Doch die „Martini GmbH & Co. KG“hat bereits einen beachtlich­en Immobilien­bestand. Wie viele Wohnungen hat Martini in Augsburg? Geschäftsf­ührer Wolfgang Geisler sagt, durch das Projekt werde der Bestand in Augsburg mehr als verdoppelt. Der Schwerpunk­t von Martini liege im Bereich Gewerbeimm­obilien.

Vonovia hat heute deutlich mehr Wohnungen

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In Augsburg gibt es mehr als 150 000 Wohnungen. Doch wer sind die größten Eigentümer und Vermieter? Archivfoto: Ulrich Wagner

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