Lastenräder sind in Augsburg sehr gefragt
Mobilität Der städtische Fördertopf in Höhe von 100 000 Euro wurde innerhalb kürzester Zeit ausgeschöpft. Das Interesse ist nicht nur bei Privatpersonen groß. Auch im Arbeitsleben spielt es inzwischen eine Rolle
die Kontron Europe GmbH. Letztlich aber stehe alles unter dem Mutterkonzern S&T AG, auch der Verhandlungspartner sei in allen Fällen der gleiche. „Da ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum man dem einen Kollegen die guten Konditionen zahlen kann und dem anderen nicht“, sagt Krumm.
Bei einem Warnstreik auf dem Betriebsgelände der Firma Kontron, die Rechner für Maschinen und Geräte anbietet, haben die Mitarbeiter daher am Donnerstag ihrem Ärger Luft gemacht. „Für uns war es eine gute Veranstaltung“, sagt Krumm. Sollte sich seitens der Unternehmensführung weiter nichts bewegen, wird die Urabstimmung zu einem Streik vorbereitet.
Auch Kontron hat sich zu den Vorwürfen geäußert. „Wir bedauern, dass die Tarifverhandlungen mit der IG Metall am Standort Augsburg zunächst gescheitert sind und die Gewerkschaft zum Warnstreik am Standort aufgerufen hat“, sagt Carlos Queiroz, Leiter des operativen Geschäfts bei der Mutter S&T AG. Eine „faire und marktübliche Bezahlung“der Mitarbeiter sei für Kontron ein zentrales Anliegen. Queiroz: „Kontron stellt im Januar 2020 ein Mehr-Budget von 2,2 Prozent zur Verfügung, um die Gehälter nach oben anzupassen.“Die über diese Gehaltsanpassung hinausgehenden Forderungen der IG Metall könne man in der aktuellen Geschäftssituation allerdings nicht realisieren, so Queiroz weiter.
Tatsächlich gibt auch Gewerkschafter Krumm zu, dass die Kontron Europe sich aktuell wirtschaftlich schwer tut, höhere Löhne zu bezahlen. Aus seiner Sicht müsste aber das Gesamtkonstrukt des Unternehmens beleuchtet werden. „Es gibt 14 verschiedene Kontron-Gesellschaften, mehr oder weniger potent. Aber alle unterstehen der S&T AG als Mutter und sie ist erfolgreich. Das ist der springende Punkt“, so der Gewerkschafter. Aus seiner Sicht könnten Umverteilungen helfen, einen Ausgleich und damit mehr Gerechtigkeit zu schaffen. „So wie es das Unternehmen auch tun kann, wenn es ums Steuersparen geht.“Krumm hofft weiter auf ein Entgegenkommen seitens Kontron und der S&T AG. Von dort heißt es: „Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter ist für uns ein wichtiger Unternehmenswert. Dazu gehört auch, dass wir weiterhin innerbetrieblich an den in den Tarifverhandlungen diskutierten Themen arbeiten.“ Eine Überraschung war das nicht: Das Interesse an der städtischen Lastenradförderung war groß. 140 Anträge gingen bereits am ersten Tag (1. Juli) bei der Stadt ein. Nun meldete das Umweltamt, dass der gesamte Fördertopf in Höhe von 100 000 Euro ausgeschöpft ist.
Thomas Lis (Pro Augsburg) hatte mit diesem Ansturm gerechnet. Gemeinsam mit seinen Kollegen der Stadtratsfraktion von Pro Augsburg hatte er Ende 2016 einen Antrag gestellt, dass Augsburg ein an das Münchner Modell angelehnte Förderung für elektrisch unterstützte Lastenräder aufstellt. Um den Autoverkehr zu reduzieren, setze die Stadtverwaltung in München verstärkt auf die Förderung von E-Bikes und E-Cargobikes. Auch in Augsburg sind Lastenräder im Kommen. „Die Entwicklung ist stark steigend“, sagt Lis. Er muss es wissen: Er ist Fahrradhändler – betreibt die Radstation am Bahnhof. Vor acht Jahren schafften sich die ersten Augsburger ein Lastenrad an. „Anfangs verlief der Verkauf sehr zäh“, erinnert er sich. Die vergangenen drei, vier Jahre nahm dann der Verkauf von Lastenrädern an Fahrt auf, in den vergangenen beiden Jahren entwickelte sich das Interesse rasant. „Es ist etwas Vernünftiges, dass auch noch Spaß macht“, erklärt er. Mütter und Väter würden mit den Lastenrädern ihre Kinder in die Kita bringen. Ein Einkauf lasse sich ebenfalls problemlos in solch einem Gefährt verstauen. „Einige haben nach der Anschaffung eines Lastenrades sogar auf das Auto verzichtet“, so Lis. Nicht nur Privatpersonen zählen zu den Nutzern.
Eine Hebamme gehört zu den Kundinnen des Fahrradhändlers, die beruflich mit ihrem Lastenrad unterwegs ist. Verschiedene Logistik-Unternehmen würden auf das Fahrrad setzen, wie etwa UPS. „Der Transport geht so auf der letzten Meile einfach schneller voran.“Auch ein Café würde das Lastenrad als Transportmittel nutzen und so das Catering bewerkstelligen.
Helmut Hengelmann, Inhaber des Augsburger Lokals Kappeneck, tritt selber auf seinem Lastenrad ins Pedal. „Eigentlich haben wir uns das Lastenrad wegen unseres Sohnes vor drei Jahren angeschafft. Mit einem Anhänger hätte ich kein gutes Gefühl gehabt“, erzählt er. Mittlerweile nutzt er das Rad hauptsächlich für das Kappeneck. Da sei es einfach „extrem praktisch“. Hengelmann Lastenräder einmal anders genutzt: Vor Kurzem gab es ein Rennen mit den Fahrrädern. Ansonsten werden sie eher als Verkehrsmittel für den Alltag genutzt – zum Einkaufen oder Kinder transportieren. Foto: Annette Zoepf
kauft Fisch, Geflügel, Käse, Brot und Eier auf dem Stadtmarkt. „Früher bin ich mit meinem Auto hingefahren und habe dann oft einen Strafzettel bekommen.“Seine Waren stapelt er einfach in den Kasten. Sogar 150 Eier könne er so problemlos von der Innenstadt in die Jakobervorstadt transportieren. Seine privaten Einkäufe erledige er ebenfalls
ausschließlich mit dem Lastenrad. Durch das Rad sei er flexibler geworden und habe wieder die Lust am Radeln entdeckt. „Man sieht die Stadt plötzlich auch ganz anders“, habe er festgestellt. Den Fördertopf der Stadt findet er eine „gute Sache“. Schließlich habe er so auch viel Autoverkehr reduziert und Strafzettel gespart.
Und was sagt die Stadt zur großen Nachfrage? „Wir sind überwältigt von dem großen Interesse an unserer Lastenradförderung. Wenn sich durch diese neuen Lastenräder der innerstädtische motorisierte Individualverkehr reduziert, haben wir einen wichtigen Baustein gesetzt hin zur nachhaltigen Mobilität und dem Klimaschutz“, sagt Umweltreferent Reiner Erben. Die Nachfrage war viel größer als das Angebot: Insgesamt wurden 80 Prozent mehr Anträge gestellt, als Fördergelder zur Verfügung standen. 50 Prozent des Fördertopfs geht an Privatpersonen, 50 Prozent an Augsburger, die sich das Rad als Verein, Organisation oder Wohngemeinschaft teilen. „Damit sollte der Gemeinschaftscharakter unterstrichen werden“, so Erben. Die Anträge der geteilten Nutzer werden derzeit überprüft. In drei Monaten könne gesagt werden, ob allen Anträgen auch wirklich stattgegeben worden ist oder ob noch Fördergelder übrig sind. Durchschnittlich können die im Antrag genannten Lastenräder mit einer Summe von 888 Euro gefördert werden, teilt das Umweltamt mit.
Ob in Zukunft noch ein weiterer Fördertopf aufgelegt wird, stehe nicht fest. Das liege letztlich an den finanziellen Möglichkeiten der Stadt.