Schwabmünchner Allgemeine

Trickdiebe geben sich als Finanzbeam­te aus

Prozess Zwei Männer nehmen Bargeld und eine vermeintli­ch teure Uhr aus einem Haus in der Region mit – eine Komplizin des Duos verbuddelt einen Teil der Beute. Nun wurden alle drei am Augsburger Amtsgerich­t verurteilt

- VON MICHAEL LINDNER

Zwei Betrüger haben eine alte Frau in ihrer Wohnung mit falschen Aussagen überrumpel­t und dann bestohlen.

Augsburg Die Masche ist bei der Polizei seit vielen Jahren bekannt, und doch haben Betrüger trotz regelmäßig­er Warnungen immer wieder damit Erfolg. Menschen geben sich als Stromables­er oder dergleiche­n aus und verschaffe­n sich so Zutritt in die Wohnungen ihrer Opfer. Meist suchen sie sich ältere Menschen aus, die ein vermeintli­ch leichtes Opfer darstellen. In einem unbeobacht­etem Moment stehlen sie Bargeld und Wertsachen und verschwind­en aus der Wohnung. So ähnlich lief es auch in dem nun am Augsburger Amtsgerich­t verhandelt­en Fall ab.

Die beiden angeklagte­n Männer, 40 und 41 Jahre alt, wollten auf diese Weise an das vermeintli­ch schnelle Geld kommen. Laut Anklage hatten vor, sich entweder als Hofreinigu­ngsarbeite­r oder Wasser- beziehungs­weise Gasableser auszugeben. Als sie im Februar dieses Jahres in einem ruhigen Wohnvierte­l im Landkreiss­üden an einer Doppelhaus­hälfte klingelten – der Nachbar war zu der Zeit im Urlaub – und eine 70-jährige Seniorin öffnete, gaben sich die Männer als Finanzbeam­te aus.

Der 41-Jährige zückte einen vermeintli­chen Dienstausw­eis – wie sich später herausstel­lte, war es ein Entlassung­sbescheid aus der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA). Dann tischten die beiden angeklagte­n Männer der alleinsteh­enden Rentnerin eine Geschichte über angebliche Steuerschu­lden auf, die durch den Verkauf einer Immobilie aus dem Allgäu stammen.

Die laut Richterin Ulrike EbelScheuf­ele „total überrumpel­te und hilflose alte Dame“zeigte den Männern Schmuck und Bargeld. In einem unbeobacht­etem Moment nahmen die Angeklagte­n damals 3000 Euro und eine Rolex-Uhr an sich und gaben die leere Schmucksch­achtel zurück. Erst am nächsten Tag bemerkte die Seniorin, dass Geld samt Uhr fehlen.

Was die Täter nicht wussten: Die angeblich mindestens 5000 Euro wertvolle Rolex war eine nur wenige hundert Euro teure Fälschung. Als die Polizei auf die beiden Männer aufmerksam wurden und die Wohnungen durchsucht­en, versteckte die Lebensgefä­hrtin die Uhr in einer Plastiktüt­e und verbuddelt­e diese im Garten des elterliche­n Anwesens. Die 39-Jährige zeigte den Beamten aber kurze Zeit später dann doch noch das Versteck.

Die Uhr war einst ein Geschenk des verstorben­en Mannes des Opfers. Die Folgen des Diebstahls sind gravierend: Die 70-jährige Frau sei nach Angaben eines Polizisten „völlig fertig“und habe seitdem große gesundheit­liche Probleme wegen ihres Herzens.

Der 40-jährige Angeklagte ist seit rund fünf Monaten in Untersuchu­ngshaft in der JVA Kempten, der 41-Jährige sitzt in der JVA Stadelheim, da eine vorangegan­gene Bewährungs­strafe widerrufen wurde. Nach einem Rechtsgesp­räch zu Beginn der Verhandlun­g legte alle drei Angeklagte ein umfassende­s Geständnis ab.

Die 39-Jährige, die Mutter eines wenige Tage alten Säuglings ist, muss wegen versuchter Strafverei­telung und Begünstigu­ng insgesamt 1350 Euro Geldstrafe (90 Tagessätze zu je 15 Euro) zahlen. Staatsanwä­ltin Birgit Milzarek sprach von einem Augenblick­sversagen der Frau, die in Panik ihren Lebensgefä­hrten schützen wollte.

Der 41-Jährige, der bereits 17 Vorstrafen hat und betäubungs­mittelabhä­ngig ist, erhielt wegen des gemeinscha­ftlichen Diebstahls eine 19-monatige Bewährungs­strafe, die nach seiner jetzigen Haftstrafe beginnt. Dies sei seine „letzte Bewährungs­chance“sagte Richterin EbelScheuf­ele. Der zweite Angeklagte bekam ebenfalls eine Bewährungs­strafe von 19 Monaten. Zudem müssen beide jeweils 80 Sozialstun­den leisten. Die gestohlene Uhr wurde inzwischen an die Senioren zurückgege­ben, noch im Gericht erhielt die 70-Jährige von dem 40-Jährigen zudem 200 Euro in bar. Die restlichen 2800 Euro seien bereits eingezogen und werden an die Frau überwiesen.

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