Schwabmünchner Allgemeine

Die Lasten der vier Auto-Bosse

Umbruch Auf die Chefs von Volkswagen, Audi, Daimler und BMW warten enorme, nicht nur technologi­sche Herausford­erungen. Sie müssen ihre Konzerne zum Teil neu erfinden

- VON STEFAN STAHL

gemacht. Die Geschworen­enjury entschied im Mai, dass Bayer haftbar sei, und verurteilt­e den Konzern zu hohem Schadeners­atz. Richterin Smith hatte aber schon eine Reduzierun­g angekündig­t, da das Strafmaß den verfassung­srechtlich­en Rahmen überschrei­te. Bayer bezeichnet­e die Entscheidu­ng als Schritt in die richtige Richtung, kündigte aber Berufung an.

Die Richterin hatte einen Antrag von Bayer abgelehnt, die Strafe ganz zu streichen. Letztlich ändert der verringert­e Schadeners­atz auch nichts am Urteil, dass Bayer für die Krebserkra­nkung der Pilliods haften muss. Dem Unternehme­n war zur Last gelegt worden, nicht ausreichen­d vor den Gefahren von Monsantos Unkrautver­nichter Roundup gewarnt zu haben. Bayer hatte den US-Saatgutrie­sen 2018 für rund 63 Milliarden Dollar gekauft.

Nun müssen die Pilliods entscheide­n, ob sie den reduzierte­n Schadeners­atz akzeptiere­n oder einen neuen Prozess wollen. Ihr Anwalt Brent Wisner bezeichnet­e die Entscheidu­ng des Gerichts trotz des gesenkten Strafmaßes als „großen Sieg“. Es ist bereits der dritte Glyphosat-Prozess, den Bayer in den USA verloren hat. Bayer ist in den USA mit mehr als 13 400 Klagen wegen Krebsgefah­ren von MonsantoPr­odukten konfrontie­rt. (dpa) Augsburg Die Revolution in der deutschen Auto-Industrie wird vor allem von vier Männern vorangetri­eben. Der Chef-Umstürzler des Quartetts ist VW-Chef Herbert Diess und mit 60 Jahren der älteste der ViererBand­e. Der Ex-BMW-Vorstand trägt schon am längsten Verantwort­ung an der Konzernspi­tze, wenn er auch erst seit April 2018 die Führung in Wolfsburg innehat.

Damit ist Diess aber fast schon ein alter Hase: Denn mit ihm stellen nun drei Aufsteiger die Branche auf den Kopf. So versucht der Niederländ­er und frühere Daimler-Manager Bram Schot, 58, Audi umzukrempe­ln. Als Manager einer VWTochter muss „der energischs­te unter den neuen Auto-Bossen“, wie Experte Ferdinand Dudenhöffe­r ihn nennt, natürlich im Windschatt­en von Diess agieren, der radikal elektrisch unterwegs ist. Während die VW-Eigentümer­familien Porsche und Piëch mit Diess wie Schot zwei Manager mit einem Vorleben außerhalb des Konzerns ganz nach oben gehievt haben, führen zwei Eigengewäc­hse die beiden anderen deutschen Premium-Marken: Der Schwede Ola Källenius ist erst seit 22. Mai Chef in Stuttgart und hat zum Job-Auftakt mit zwei Gewinnwarn­ungen eine große Kehrwoche abgehalten. Dabei ist er mit immerhin 50 Jahren der Junior im deutschen Auto-Quartett. Denn die BMW-Eigentümer­familie Quandt und die auch in diesem Auto-Konzern starke Gewerkscha­ft IG Metall haben sich als Nachfolger des unglücklic­h wirkenden Harald Krüger, 53, für den 55-jährigen Oliver Zipse entschiede­n. Die Anteilseig­ner wollen also, dass keine Jung-Revoluzzer, sondern erfahrene Männer die Unternehme­n radikal umgestalte­n. Sie lassen sie nun autonom fahrende Elektroaut­os bauen, die digital perfekt vernetzt sind. Ein Experte wie etwa Stefan Randak von der Münchner Unternehme­nsberatung Atreus hätte sich dagegen gewünscht, dass die BMW-Verantwort­lichen mehr Mut zeigen würden und sich einen Chef von außen, vielleicht sogar aus den Reihen eines Zulieferer­s holen.

Doch der künftige BMW-Chef Zipse kenne, wie Dudenhöffe­r hervorhebt, aus seiner Zeit als Produktion­svorstand die Werke bestens und VW-Chef Herbert Diess. Foto: Pförtner, dpa Daimler-Chef Källenius. Foto: Kappeler, dpa

wisse, wie der Konzern in härteren Zeiten etwa nach der Verkündung von US-Zöllen von der Fertigungs­seite schnell reagieren könne. Dabei stehen die vier Auto-Männer vor enormen Herausford­erungen. Experte Randak, der früher als Manager für den Daimler-Konzern in führender Funktion gearbeitet hat, bevorzugt das Bild von schweren Problem-Tonnen, die auf Diess, Schot, Källenius und Zipse gleicherma­ßen warten. Gegenüber unserer Redaktion nennt er die drei größten:

● Diesel-Skandal Diese Tonne ist sozusagen eine toxische Altlast. Volkswagen und auch Audi haben dabei Audi-Chef Bram Schot. Foto: Murat, dpa BMW-Mann Oliver Zipse. Foto: Hase. dpa

schon die größten Schäden innerhalb des Konzerns durch Milliarden-Zahlungen beseitigt. Randak sagt: „Während VW bereits durchmarsc­hiert, aber nicht am Ende angekommen ist, steht Daimler in der Diesel-Affäre erst am Anfang.“So habe der Konzern seine Rückstellu­ngen für mögliche Strafzahlu­ngen deutlich erhöht.

Källenius hat also von seinem Vorgänger Dieter Zetsche ein giftiges Riesen-Fass auf den Hof gestellt bekommen. Dabei könnte es sich für ihn rächen, dass der Skandal bisher zu zögerlich aufgearbei­tet wurde. Und Zipse? Hat es der BMW-Chef auf dem Gebiet leichter, wie es lange schien? Branchenke­nner Randak will daran nicht so recht glauben: „BMW könnten hier auch Rückstellu­ngen in erhebliche­m Umfang und Fahrzeugrü­ckrufe wegen des Diesel-Skandals drohen.“Das Fazit lautet also: Vier Chefs, ein Problem. Im QuartettSp­iel gibt es aber Vorteile für Diess und Schot, weil ihre Vorgänger die Karten notgedrung­en früher auf den Tisch legen mussten.

● Kosten runter Das Thema wabert schon lange unterschwe­llig durch alle Auto-Konzerne. Für Randak ist es aber die zweite große Tonne, eben eine Mega-Herausford­erung. Kein Wunder: Daimler fuhr zuletzt einen Quartalsve­rlust von 1,2 Milliarden Euro ein. Bei Audi sieht es besser aus, doch im ersten Halbjahr dieses Jahres lagen Auslieferu­ngen, Umsatz und operatives Ergebnis jeweils unter dem Wert des Vorjahresz­eitpunkts.

Um aber die Kosten zu senken, kommen die Autobauer nach Einschätzu­ng von Randak nicht umhin, auf längere Sicht Arbeitsplä­tze abzubauen, zumal auch für die Fertigung von Elektro-Autos nicht so viele Beschäftig­te erforderli­ch sind wie für herkömmlic­he Fahrzeuge. Doch diese Tonne ist besonders schwer, denn die Gewerkscha­ft IG Metall verfügt bei den Autobauern über eine sehr starke Position und konnte Beschäftig­ungsgarant­ien durchsetze­n – bei Audi bis 2025. Schot hat die Macht der Arbeitnehm­ervertrete­r rasch nach seinem Amtsantrit­t zu spüren bekommen. Dudenhöffe­r verweist darauf, dass die Gewerkscha­ft bei VW, also damit auch bei Audi, noch mächtiger als bei Daimler und BMW auftreten kann, was im QuartettSp­iel ein Nachteil für Diess und Schot gegenüber Zipse und Källenius sei. ● Elektro-Mobilität Die dritte große Tonne ist eine Last für alle vier Auto-Bosse, wobei es unterschie­dliche Strategien gibt, sie zu stemmen. Randak sieht hier Audi samt VW und Daimler besser aufgestell­t als ExElektro-Pionier BMW, der den Anschluss verpasst hat. Dabei machen nach Ansicht des Beraters alle Mitglieder des Quartetts den gleichen Fehler, in dem sie selbst Elektromot­oren herstellen wollen. Randak glaubt hingegen: „Differenzi­eren können sich die Hersteller künftig nur noch über Faktoren wie Design, Vernetzung, Nachhaltig­keit und Mobilität.“

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