Eklat auf dem IHK-Sommerfest Scheuer gibt Bahn Milliarden
Gesellschaft Auf einer Podiumsdiskussion greift Autor Kai Strittmatter die Regierung in Peking an. Der Botschafter geht früher als erwartet Verkehr In den kommenden zehn Jahren soll der Konzern 86 Milliarden bekommen, um das Netz zu sanieren. Manche sehen
Augsburg Außer Kontrolle geraten ist aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Schwaben eine Podiumsdiskussion auf deren Sommerfest am Donnerstagabend. Eingeladen war der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken. Er hielt einen Vortrag in Deutsch, der sich um freien Handel und die Digitalisierung drehte. Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, die aber nicht wie erwartet lief.
An der Diskussion nahm auch der deutsche Journalist, Buchautor und China-Kritiker Kai Strittmatter teil. Strittmatter übte starke Kritik am politischen Kurs Chinas. Dabei saß er anfangs nur mit der Moderatorin auf dem Podium, erst später kamen andere Teilnehmer hinzu. Er argumentierte, dass die Meinungsfreiheit in China stark eingeschränkt sei. Bürger würden abgehört werden. Die Regierung gebrauche die Digitalisierung für ihre Zwecke. Das Land erlebe praktisch einen Rückfall in die Zeit von Mao Tsetung, nur mit digitalen Mitteln. Europa müsse sich der politischen Umstände in China stärker bewusst werden. Strittmatter ist bekannt für seinen kritischen Blick auf die chinesische Regierung.
Der chinesische Botschafter verließ noch während der Podiumsdiskussion das Fest – zusammen mit seiner Delegation. Angekündigt hatte er, um acht Uhr abends gehen zu müssen, brach dann aber bereits um halb acht auf. Einige Beobachter des Abends sprachen von einem Eklat.
Nach der Podiumsdiskussion zeigte sich die Spitze der IHK enttäuscht über den Ablauf. Vereinbart mit den Teilnehmern sei gewesen, dass die Wirtschaft und die Dynamik Chinas im Mittelpunkt stehen sollten, berichtete IHK-Präsident Andreas Kopton unserer Redaktion. „Wir sind politisch neutral und haben den Auftrag, Unternehmen den Weg nach China zu bahnen und diesen zu festigen.“Mit den Teilnehmern sei vereinbart gewesen, dass diese sich auf wirtschaftliche Dinge konzentrierten. Politische Äußerungen seien „gegen die Abmachung“gewesen. „Wir sind verstimmt“, meinte Kopton.
Unglücklich mit dem Ablauf ist auch der stellvertretende IHK– Hauptgeschäftsführer Markus Anselment: Die Industrie- und Handelskammer sei nicht die richtige Plattform für politische Diskussionen. „Hier sind Abmachungen von Profis nicht eingehalten worden“, bedauert Anselment.
Chinas Botschafter hatte vor dem IHK-Sommerfest den Augsburger Robotik-Spezialisten Kuka besucht. Dem Sender a.tv sagte Wu Ken, er gehe davon aus, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und China in Zukunft vertieft werden können. Gerade in der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz gebe es Potenzial für eine Zusammenarbeit. Die Bevölkerung lud er ein, sich in China ein eigenes Bild des Landes zu machen, statt sich auf Medienberichte zu verlassen. „Gehen Sie nach China!“, sagte er. Chinas Botschafter Wu Ken auf dem IHKSommerfest. Foto: Fred Schöllhorn Berlin Viele Gleise, Weichen und Brücken sind marode – die Deutsche Bahn muss zum Erhalt des Schienennetzes in Deutschland einen immensen Sanierungsstau abarbeiten. Der Bund und der Konzern wollen dies nun stärker als bisher angehen. Eine neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Bahn sieht für die kommenden zehn Jahre ein Gesamtvolumen von rund 86 Milliarden Euro vor, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Verkehrsminister Andreas Scheuer hat einen Plan für die Bahn. Foto: dpa (CSU) am Freitag mitteilte. Das ist erheblich mehr Geld als bisher. Ziel sei ein leistungsfähiges, hochwertiges Schienennetz als Grundlage für „aktiven Klimaschutz“im Verkehr.
An vielen Stellen im 33 000 Kilometer langen Schienennetz gibt es großen Investitionsbedarf wegen teils maroder Brücken und Anlagen. Auch viele Schienenstrecken sind in die Jahre gekommen. Dies ist auch ein Grund für Verspätungen bei der Bahn sowie anderer Störungen. Bund und Bahn verständigten sich nun auf wesentliche Regelungen für die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV). Diese regelt die Investitionen in die Modernisierung und den Erhalt des deutschen Schienennetzes und soll ab Beginn des kommenden Jahres bis zum Jahr 2029 gelten.
Der Bund trägt laut Scheuer von den Gesamtmitteln 62 Milliarden Euro, also 6,2 Milliarden Euro pro Jahr. Dies sei eine Steigerung gegenüber der bisherigen Vereinbarung um 59 Prozent. Hinzu kämen Eigenmittel der Deutschen Bahn in Höhe von 24,2 Milliarden Euro. Der Vertragsentwurf werde nun fertiggestellt. Der Bundestag muss der Vereinbarung dann zustimmen. Der Bund will die Summe schrittweise erhöhen. Von 2020 bis 2024 sind nach Informationen jährlich im Durchschnitt 7,9 Milliarden Euro vorgesehen, von 2025 bis 2029 dann im Schnitt 9,2 Milliarden. Für das Jahr 2029 ist der höchste Betrag von 9,6 Milliarden vorgesehen.
Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2020 sind für die geplante neue Finanzvereinbarung mit der Bahn bis 2029 als „Infrastrukturbeitrag“insgesamt 51,4 Milliarden Euro eingestellt worden. Der Rest kommt dem Vernehmen nach aus anderen Töpfen.
Zu der Abmachung gehört, dass die Bahn in den nächsten zehn Jahren rund 2000 Brücken erneuert. In der noch gültigen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung war die Sanierung von 875 Brücken bis 2019 festgelegt worden. Die Vereinbarung bezieht sich auf das bestehende Netz, der Bau neuer Strecken ist nicht erfasst.
Kritik kam von der Eisenbahnund Verkehrsgewerkschaft (EVG): „Die genannten 86 Milliarden klingen gigantisch, aber damit wird versucht, die wahre Situation zu verschleiern“, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner. Die Schiene sei über Jahrzehnte vernachlässigt und auf Verschleiß gefahren worden. „Das rächt sich heute in einem gewaltigen Investitionsrückstau, der gegenwärtig auf 60 Milliarden Euro zuläuft.“(dpa)