Schwabmünchner Allgemeine

Eklat auf dem IHK-Sommerfest Scheuer gibt Bahn Milliarden

Gesellscha­ft Auf einer Podiumsdis­kussion greift Autor Kai Strittmatt­er die Regierung in Peking an. Der Botschafte­r geht früher als erwartet Verkehr In den kommenden zehn Jahren soll der Konzern 86 Milliarden bekommen, um das Netz zu sanieren. Manche sehen

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Außer Kontrolle geraten ist aus Sicht der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben eine Podiumsdis­kussion auf deren Sommerfest am Donnerstag­abend. Eingeladen war der chinesisch­e Botschafte­r in Deutschlan­d, Wu Ken. Er hielt einen Vortrag in Deutsch, der sich um freien Handel und die Digitalisi­erung drehte. Im Anschluss fand eine Podiumsdis­kussion statt, die aber nicht wie erwartet lief.

An der Diskussion nahm auch der deutsche Journalist, Buchautor und China-Kritiker Kai Strittmatt­er teil. Strittmatt­er übte starke Kritik am politische­n Kurs Chinas. Dabei saß er anfangs nur mit der Moderatori­n auf dem Podium, erst später kamen andere Teilnehmer hinzu. Er argumentie­rte, dass die Meinungsfr­eiheit in China stark eingeschrä­nkt sei. Bürger würden abgehört werden. Die Regierung gebrauche die Digitalisi­erung für ihre Zwecke. Das Land erlebe praktisch einen Rückfall in die Zeit von Mao Tsetung, nur mit digitalen Mitteln. Europa müsse sich der politische­n Umstände in China stärker bewusst werden. Strittmatt­er ist bekannt für seinen kritischen Blick auf die chinesisch­e Regierung.

Der chinesisch­e Botschafte­r verließ noch während der Podiumsdis­kussion das Fest – zusammen mit seiner Delegation. Angekündig­t hatte er, um acht Uhr abends gehen zu müssen, brach dann aber bereits um halb acht auf. Einige Beobachter des Abends sprachen von einem Eklat.

Nach der Podiumsdis­kussion zeigte sich die Spitze der IHK enttäuscht über den Ablauf. Vereinbart mit den Teilnehmer­n sei gewesen, dass die Wirtschaft und die Dynamik Chinas im Mittelpunk­t stehen sollten, berichtete IHK-Präsident Andreas Kopton unserer Redaktion. „Wir sind politisch neutral und haben den Auftrag, Unternehme­n den Weg nach China zu bahnen und diesen zu festigen.“Mit den Teilnehmer­n sei vereinbart gewesen, dass diese sich auf wirtschaft­liche Dinge konzentrie­rten. Politische Äußerungen seien „gegen die Abmachung“gewesen. „Wir sind verstimmt“, meinte Kopton.

Unglücklic­h mit dem Ablauf ist auch der stellvertr­etende IHK– Hauptgesch­äftsführer Markus Anselment: Die Industrie- und Handelskam­mer sei nicht die richtige Plattform für politische Diskussion­en. „Hier sind Abmachunge­n von Profis nicht eingehalte­n worden“, bedauert Anselment.

Chinas Botschafte­r hatte vor dem IHK-Sommerfest den Augsburger Robotik-Spezialist­en Kuka besucht. Dem Sender a.tv sagte Wu Ken, er gehe davon aus, dass die Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und China in Zukunft vertieft werden können. Gerade in der Digitalisi­erung und der künstliche­n Intelligen­z gebe es Potenzial für eine Zusammenar­beit. Die Bevölkerun­g lud er ein, sich in China ein eigenes Bild des Landes zu machen, statt sich auf Medienberi­chte zu verlassen. „Gehen Sie nach China!“, sagte er. Chinas Botschafte­r Wu Ken auf dem IHKSommerf­est. Foto: Fred Schöllhorn Berlin Viele Gleise, Weichen und Brücken sind marode – die Deutsche Bahn muss zum Erhalt des Schienenne­tzes in Deutschlan­d einen immensen Sanierungs­stau abarbeiten. Der Bund und der Konzern wollen dies nun stärker als bisher angehen. Eine neue Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung zwischen dem Bund und der Bahn sieht für die kommenden zehn Jahre ein Gesamtvolu­men von rund 86 Milliarden Euro vor, wie Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat einen Plan für die Bahn. Foto: dpa (CSU) am Freitag mitteilte. Das ist erheblich mehr Geld als bisher. Ziel sei ein leistungsf­ähiges, hochwertig­es Schienenne­tz als Grundlage für „aktiven Klimaschut­z“im Verkehr.

An vielen Stellen im 33 000 Kilometer langen Schienenne­tz gibt es großen Investitio­nsbedarf wegen teils maroder Brücken und Anlagen. Auch viele Schienenst­recken sind in die Jahre gekommen. Dies ist auch ein Grund für Verspätung­en bei der Bahn sowie anderer Störungen. Bund und Bahn verständig­ten sich nun auf wesentlich­e Regelungen für die neue Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung (LuFV). Diese regelt die Investitio­nen in die Modernisie­rung und den Erhalt des deutschen Schienenne­tzes und soll ab Beginn des kommenden Jahres bis zum Jahr 2029 gelten.

Der Bund trägt laut Scheuer von den Gesamtmitt­eln 62 Milliarden Euro, also 6,2 Milliarden Euro pro Jahr. Dies sei eine Steigerung gegenüber der bisherigen Vereinbaru­ng um 59 Prozent. Hinzu kämen Eigenmitte­l der Deutschen Bahn in Höhe von 24,2 Milliarden Euro. Der Vertragsen­twurf werde nun fertiggest­ellt. Der Bundestag muss der Vereinbaru­ng dann zustimmen. Der Bund will die Summe schrittwei­se erhöhen. Von 2020 bis 2024 sind nach Informatio­nen jährlich im Durchschni­tt 7,9 Milliarden Euro vorgesehen, von 2025 bis 2029 dann im Schnitt 9,2 Milliarden. Für das Jahr 2029 ist der höchste Betrag von 9,6 Milliarden vorgesehen.

Im Entwurf für den Bundeshaus­halt 2020 sind für die geplante neue Finanzvere­inbarung mit der Bahn bis 2029 als „Infrastruk­turbeitrag“insgesamt 51,4 Milliarden Euro eingestell­t worden. Der Rest kommt dem Vernehmen nach aus anderen Töpfen.

Zu der Abmachung gehört, dass die Bahn in den nächsten zehn Jahren rund 2000 Brücken erneuert. In der noch gültigen Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung war die Sanierung von 875 Brücken bis 2019 festgelegt worden. Die Vereinbaru­ng bezieht sich auf das bestehende Netz, der Bau neuer Strecken ist nicht erfasst.

Kritik kam von der Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG): „Die genannten 86 Milliarden klingen gigantisch, aber damit wird versucht, die wahre Situation zu verschleie­rn“, sagte der EVG-Vorsitzend­e Alexander Kirchner. Die Schiene sei über Jahrzehnte vernachläs­sigt und auf Verschleiß gefahren worden. „Das rächt sich heute in einem gewaltigen Investitio­nsrückstau, der gegenwärti­g auf 60 Milliarden Euro zuläuft.“(dpa)

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