Eine Wand für die Freiheit
Aktion Julia Heinisch und Frederic Sontag setzen das Thema des Friedensfestprogramms in einem Wandbild um. Beide haben schon andere Wände in Augsburg besprüht. Diesmal macht ihnen vor allem die Hitze zu schaffen
Über 15 Meter ist die Fassade des WBG-Gebäudes am Jakobertorplatz hoch. Genug Platz also für das diesjährige Mural, das Wandbild, das seit einigen Jahren in Kooperation mit dem Augsburger Friedensbüro, den Graffiti-Verein Die Bunten und der Wohnbaugruppe Augsburg (WBG) Jahr für Jahr kurz vor dem Augsburger Friedensfest gemalt wird. „Freiheit ist…“lautet das diesjährige Motto.
Am Freitagmorgen ist bereits ein grüner Blätterwald auf der Fassade zu sehen. Ein Baum? Ein Dschungel? Stunde um Stunde können die Passanten an der belebten Kreuzung mehr auf der großen Wand entdecken. Für Julia Heinisch aus Linz und Frederic Sontag aus München ist die Wand eine schöne Spielwiese für ihre Kunst. In diesen Tagen ist es aber vor allem eins: eine schweißtreibende Angelegenheit. Ein Sonnenschirm soll die beiden Künstler auf der Hebebühne vor der Sonneneinstrahlung schützen. „Es ist schon sehr heiß. Die Sonne knallt von hinten. Die Hitze, die die Fassade abstrahlt, kommt von vorne“, beschreibt Frederic Sontag. Am Tag trinke jeder bei der Hitze sieben Liter Wasser, mittags müssten sie für ein paar Stunden pausieren. „Da ist es im Sonnenschein einfach zu heiß“, sagt Julia Heinisch.
Ansonsten sei die Wand aber perfekt, sind sich die beiden Künstler einig. Gut einsehbar an diesem viel
befahrenen Verkehrsknotenpunkt am Jakobertor, umrahmt von vielen großen Bäumen. Es ist auch ein Baum, der sich kommende Woche in aller Pracht auf der großen Hausfassade ausbreiten wird. Für die österreichische Künstlerin, die lange Zeit in Wien gelebt und studiert hat, gehört Natur einfach zur Freiheit dazu. Der Baum, dessen Äste sich in ihrer ausladenden Art der Freiheit entgegenstrecken, ist ein Element der Fassade. Drei Schwäne, die eine Krone tragen, das zweite. „Schwäne haben etwas Würdevolles. In der Mythologie stellen sie oft den Wan
del dar“, erläutert die 29-Jährige ihre Idee. Gemeinsam mit Frederic Sontag hat sie sich um das Wandbild beworben. Der 30-jährige Künstler ist kein Unbekannter in Augsburg. 2015 hat er bereits ein Motiv für ein Wandbild beigesteuert: Damals malte er seine Interpretation des Themas „Grenzen“auf die seitliche Fassade der Spicherer Schule. „Damals hat man mir gesagt, dass die Schule in eineinhalb Jahren abgerissen wird. Jetzt ist es immer noch zu sehen“, freut er sich.
Der gebürtige Ludwigsburger hat den Beruf Bühnenmaler von der
Pike auf gelernt. Nach einem Praktikum im Atelier Schmidbauer im Allgäu erhielt er dort einen Ausbildungsplatz. Heute lebt und arbeitet er in München. Er hat eine halbe Stelle als Theatermaler bei den Münchner Kammerspielen. Daneben reist er an verschiedene Orte, wo er an Projekten arbeitet. „Als Graffiti-Künstler befindet man sich immer auf der Reise“, sagt Julia Heinisch. Ein Auftrag hat die beiden bereits einmal gemeinsam nach Augsburg geführt. „Wir haben für die Fachhochschule eine Mauer an der ehemaligen JVA angemalt.“An einer Wand an der ehemaligen Justizvollzugsanstalt im Hochfeld setzten sie das Thema „IT-Sicherheit“um. Während Julia Heinisch Pferde als Trojaner verkörperte, malte Frederic Sontag Stacheldraht und andere martialische Ornamente. „Ein IT-ler wird wahrscheinlich erst einmal nicht draufkommen, dass damit IT-Sicherheit gemeint ist“, sagen sie und lachen. Wie es um die thematische Umsetzung des Themas Freiheit steht, kann abschließend ab Mittwoch beurteilt werden. Dann soll das Wandbild fertig sein.
Seit 2013 machen großflächige Wandbilder mit künstlerischen Statements auf die Schwerpunkte des Friedensfestes aufmerksam. Den Anfang machte 2013 das Kölner Künstlerkollektiv Captain Borderline am SKM-Gebäude an der Blauen Kappe. 2014 folgte ein temporäres, nur auf Stoff gesprühtes Bild zum Thema „Heimat“am Grandhotel. Im darauffolgenden Jahr bemalte Frederic Sontag eine Fassade zum Thema „Grenzen“an der Spicherer Schule. 2016 gestaltete die Offenbacher Künstlerin Barbara Gräwe die Außenfassade des leer stehenden Lech-Hotels in Lechhausen. Das Thema: „Mut zur Vielfalt“. Das Thema wurde auch vom Augsburger Künstler BRNZN an einer Fassade der Martinschule in Oberhausen umgesetzt. 2018 setzte Guido Zimmermann aus Frankfurt das Thema „Utopie“an einem Wohnblock der WBG am Alten Postweg um.