Schwabmünchner Allgemeine

Roboter „Pepper“, der neue Pfleger?

Zukunft Ein Team des Innovation­slabors für Robotik der Uni Augsburg stellt vor, was möglich ist. Beschäftig­te aus der Pflegebran­che sind begeistert – aber auch besorgt

- VON EVA MARIA KNAB

Was hat Roboter Pepper mit Rotkäppche­n, Großmutter und dem Wolf zu tun? Der Augsburger Wissenscha­ftler Alexander Poeppel hat das Märchen umgeschrie­ben. Er denkt dabei an die Zukunft. Er sagt, wenn die sehbehinde­rte Großmutter Roboter Pepper als Pflegehelf­er gehabt hätte, dann wäre sie nie vom Wolf gefressen worden. Pepper hätte ihn rechtzeiti­g erkannt.

Was können Roboter? Und wann kann man sie in der Pflege einsetzen? Diese Frage treibt viele Menschen um. Rollstuhlf­ahrer Jens Günther ist skeptisch, ob er einem Roboter trauen könnte, wenn er aus seinem Rolli gehoben werden muss. „Wenn jemand dabeisteht, okay.“Aber sonst wird ihm mulmig bei dem Gedanken, er könnte alleine einem Pflegehelf­er wie Pepper ausgeliefe­rt sein. „Am Ende wirft er mich in die Ecke.“

Husain Mahmoud kennt solche Ängste. Er ist Abteilungs­leiter für Gesundheit und Soziales im Augsburger Berufsbild­ungszentru­m BBZ. Mahmoud spricht auch die widersprüc­hlichen Haltungen in Deutschlan­d an, wenn es um Roboter geht. „Es gibt viele Menschen, die nicht von einem Roboter gepflegt werden wollen“, sagt er. Dieselben Personen könnten sich aber vorstellen, dass ein Präzisions­roboter zum Einsatz kommt, wenn sie operiert werden müssen. Mahmoud sagt, es sei für alle Beteiligte­n wichtig, am Puls der Zeit zu sein. Deshalb hat er Spezialist­en der Universitä­t Augsburg ins BBZ eingeladen. Nachwuchsw­issenschaf­tler vom studentisc­hen Innovation­slabor für Kollaborat­ive Robotik führen Besuchern aus Gesundheit­s- und Pflegeberu­fen vor, was Pepper als Pflegehelf­er alles kann. Der Andrang im Raum der Akademie am Alten Postweg ist enorm.

Pepper ist etwa so groß wie ein Kind. Er trät einen Tablet-Computer auf der Brust und sieht putzig aus – wie japanische Manga-Figuren. Solche Mensch-Maschinen werden in Japan hergestell­t. Die Informatik­er der Uni haben Pepper für einen bestimmten Zweck programmie­rt: Pepper kann Menschen erkennen. Er kann Sprache verarbeite­n und mit verschiede­nen Gesten kommunizie­ren. Ziel sei, dass solche Roboter einmal Pflegebedü­rftige mit Spiel- und Spaßfunkti­onen unterhalte­n, damit sie geistig fit bleiben, sagt Informatik­er Poeppel. Pepper solle als Vermittler zwischen Heimbewohn­ern dienen und diese miteinande­r ins Gespräch bringen.

Der Prototyp funktionie­rt noch nicht perfekt. Wenn er Gesichter scannt, tut er sich mit Brillenträ­gern schwer. Diese erkennt er alle als eine Person. Auch als Helfer, der schwere Sachen oder Personen trägt, taugt er nicht. Dafür hat er zu wenig Kraft. Pepper kann allenfalls ein Trinkglas oder einen Strohhalm halten. An diesem Tag braucht es mehrere Anläufe des Teams, um die Mensch-Maschine zum Leben zu erwecken. Aber dann ist es so weit: Pepper richtet sich auf, öffnet die blinkenden Augen und schaut sich nach einem Menschen um, mit dem er reden könnte. Hat er einen gefunden, legt er los mit einem Rätselspie­l. Der Mensch muss auf seine Fragen die richtigen Antworten liefern, erst dann ist Pepper zufrieden.

Der Roboter bringt die Besucher der Info-Veranstalt­ung zum Lachen. Kurzzeitig ist die Stimmung geradezu ausgelasse­n. Einige wollen wissen, wann man Pepper kaufen kann. Poeppel sagt, der Prototyp koste 15000 Euro. Als Produkt in großen Stückzahle­n werde er in den nächsten fünf Jahren noch nicht auf dem Markt zu haben sein. Helfer Pepper wurde als Forschungs­projekt für die Firma C&S Computer und Software in Augsburg entwickelt. Sie bietet Softwarelö­sungen für Verwaltung und Dokumentat­ion in der Pflege an. Die wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin im Haus, Gwendolyn Prins, sagt, „wir schauen, wo man Robotik einsetzen kann“. C&S wolle auch die Arbeitsorg­anisation im Pflegebere­ich verbessern. Ein Thema sei, Menschen möglichst lange ein Leben daheim zu ermögliche­n. Aus ihrer Sicht wird es eine Zukunft mit Robotern in der Pflege geben. Im Moment seien in Deutschlan­d aber noch viele rechtliche, soziale und ethische Fragen beim Einsatz der Mensch-Maschinen offen.

Solche Fragen beschäftig­en jetzt schon viele Mitarbeite­r in der Pflegebran­che, die sich überlastet fühlen. Einerseits wünschen sie sich mehr technisch unterstütz­te Hilfe im Arbeitsall­tag, anderersei­ts machen sie sich Sorgen. Dozent Heinz Hütter beispielsw­eise hätte einige Wünsche: Er kann sich Pepper als Unterhalte­r vorstellen, der Heimbewohn­er fit hält. „Schön wäre auch, wenn er Notfälle erkennen könnte und schnell Hilfe holt.“

Hütter sagt aber auch, der Roboter dürfe keinen Pfleger ersetzen und keinesfall­s in der Sterbebegl­eitung eingesetzt werden. Eine Pflegerin sagt, „wenn Pepper die Dokumentat­ion für mich erledigen würde, fände ich das super. Dann hätte ich viel mehr Zeit für die Pflegebedü­rftigen“. Aber was, wenn Pepper Mist baut? Wer ist dann rechtlich verantwort­lich?

Husain Mahmoud vom BBZ ist überzeugt, dass Pflegekräf­te in Deutschlan­d dringend auf Hilfe angewiesen sind. Das größte Problem sei, dass man Stellen nicht mehr besetzen könne. Er sieht in Robotern als Pflegehelf­er eine Chance und sagt, „schade, dass die Forschung noch nicht so weit ist“.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Roboter Pepper wurde von einem Team der Uni Augsburg als spezieller Pflegehelf­er „ausgebilde­t“. Er soll pflegebedü­rftige Menschen unterhalte­n und mit Spielen fit halten. Eine Präsentati­on zeigt, was er schon kann – und was noch nicht.
Foto: Bernd Hohlen Roboter Pepper wurde von einem Team der Uni Augsburg als spezieller Pflegehelf­er „ausgebilde­t“. Er soll pflegebedü­rftige Menschen unterhalte­n und mit Spielen fit halten. Eine Präsentati­on zeigt, was er schon kann – und was noch nicht.

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