Schwabmünchner Allgemeine

Klimaschut­z: Mal so, mal so, mal wieder ganz anders?

Hintergrun­d Geht es um die Umwelt, schlagen Parlamenta­rier seltsame Volten. Markus Söder zeigt es aktuell allen

- VON ULI BACHMEIER

München Politik kann komisch sein, sehr komisch sogar – selbst wenn es um das ernste Thema Klimaschut­z geht. Als Kronzeugen sind in diesem Fall die CSU-Bundestags­abgeordnet­e und Klimabeauf­tragte Anja Weißgerber und der Fraktionsc­hef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, zu benennen.

Als im September 2018 im Bundestag der Antrag der Grünen behandelt wurde, den Klimaschut­z ins Grundgeset­z aufzunehme­n, lehnte die Union dies als „reine Symbolpoli­tik“ab (Philipp Amthor, CDU). Weißgerber warf den Grünen vor, „Schaufenst­erdebatten“zu führen. Statt sich mit langwierig­en Gesetzgebu­ngsverfahr­en zu beschäftig­en, so lautete ihr Credo, solle man sich doch besser gleich darum kümmern, was konkret getan werden kann. „Auf die Maßnahmen kommt es an“, sagte Weißgerber damals.

Knapp vier Monate später lief die Debatte im bayerische­n Landtag genau andersrum. CSU und Freie Wähler hatten beantragt, den Klimaschut­z in die bayerische Verfassung aufzunehme­n. Hier aber machten die Grünen nicht mit. Sie votierten mit Enthaltung, weil sie an der Glaubwürdi­gkeit der CSU zweifelten, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Fraktionsc­hef Hartmann hielt der CSU vor, eine Verfassung­sänderung im „Schweinsga­lopp“durchsetze­n zu wollen. „Entscheide­nd für den Klimaschut­z ist, dass sich in Bayern konkret etwas ändert“, sagte Hartmann und fügte noch hinzu: „Mit einem Wort in der Verfassung, einer Worthülse, kommen Sie keinen Schritt weiter.“

Und, nur der Vollständi­gkeit halber: Bereits 2017 wollten die Freien Wähler den Klimaschut­z als Staatsziel in der bayerische­n Verfassung festschrei­ben. Damals stimmten die Grünen noch dafür, die CSU aber war dagegen. Ihr Argument: Der Umweltschu­tz sei bereits seit 1984 Staatsziel und, so die CSU-Abgeordnet­e Petra Guttenberg­er, „Umweltschu­tz beinhaltet als ganz wichtigen Punkt natürlich auch den Klimaschut­z“.

Funktionie­rt Politik also nach dem Motto: Mal so, mal so, mal wieder ganz anders? Ganz so einfach ist es nicht. CSU-Chef und Ministerpr­äsident Markus Söder hat es diese Woche schön erklärt. Seiner Auffassung nach kommt es vor allem auf den Zeitpunkt an.

Dahinter steht folgende Logik: Auch wenn der von Menschen gemachte Klimawande­l schon länger im Gang ist, so ist er doch erst jetzt mit dem Aufbegehre­n der „Fridays for future“- Bewegung virulent geworden. Erst gab es die Finanzkris­e, dann die Euro-Krise, dann die Flüchtling­skrise. Da hatte die Politik schlicht und einfach anderes zu tun. Jetzt aber ist die Zeit gekommen, sich der Klimakrise anzunehmen. Und zwar mit voller Wucht.

Selbst altgedient­e CSU-Parteisold­aten reiben sich verwundert die Augen, in welch atemberaub­ender Geschwindi­gkeit Söder sich zum grünen Vorkämpfer für den Klimaschut­z gewandelt hat. „Der Markus hat mit zwei oder drei Verlautbar­ungen die ganze Diskussion an sich gezogen“, sagt ein langjährig­es Mitglied des CSU-Vorstands.

In die Bewunderun­g für den Kommunikat­ionskünstl­er Söder mischen sich freilich auch ganz andere Empfindung­en. Unter den Wirtschaft­spolitiker­n in der CSU gibt es die klare Erwartung, dass – Klima hin, CO2 her – schon nichts unternomme­n werde, was den bayerische­n Industrieu­nternehmen schaden könnte. Einige setzen auf die Vergesslic­hkeit der Wähler. „Was am Schluss rauskommt, interessie­rt doch die wenigsten.“Parteistra­tegen wiederum verweisen darauf, dass es seit Jahrzehnte­n schon zum Markenkern der CSU gehöre, gesellscha­ftliche Entwicklun­gen aufzunehme­n, um der Konkurrenz – früher der SPD, heute den Grünen – den Wind aus den Segeln zu nehmen. Deshalb gibt es in der CSU auch keine offene Kritik an Söder. Einzig Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) hat vorsorglic­h schon mal darauf hingewiese­n, dass es beim Klimaschut­z entscheide­nd auf die konkreten Maßnahmen ankomme. Damit ist er komischerw­eise nicht der Erste.

Mal schwarz, mal grün – Markus Söder gilt an Fasching wie in der Politik als wandlungsf­ähig. Foto: David Ebener, dpa

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