Schwabmünchner Allgemeine

Liebe und Macht

Es gilt das gesprochen­e Wort Ohne Klischee erzählt der Film von einer ungleichen Beziehung

- VON MARTIN SCHWICKERT

Aus dem tiefsten Anatolien reist Baran (Ogulcan Arman Uslu) nach Marmaris. Die Stadt an der Ägäis ist ein Urlaubspar­adies, in dem sich viele europäisch­e Touristen tummeln. Er landet als Spüler in einer Küche und verdient sich schon bald, wie der Rest der Belegschaf­t, sein Zubrot mit sexuellen Dienstleis­tungen für westliche Touristinn­en.

Die deutsche Pilotin Marion (Anne Ratte-Polle) zeigt sich wenig interessie­rt an den Avancen des jungen Gigolos. Als sie vor ihrer Abreise erneut Baran trifft und der sie bittet, ihn nach Deutschlan­d zu holen, Marion (Anne Ratte-Polle) und Baran (Ogulcan Arman Uslu). Foto: X-Verleih lässt sich Marion aus einem Impuls heraus auf die Scheinehe mit dem Unbekannte­n ein. Vielleicht weil sie im Angesicht ihrer Krebsdiagn­ose etwas tun will, das in die Zukunft gerichtet ist. Die Gründe bleiben in Ilker Çataks „Es gilt nur das gesprochen­e Wort“ein Geheimnis der Figur. Und das passt zu dieser selbstbewu­ssten Frau, die von der fabelhafte­n Anne Ratte-Polle mit einer geradezu strahlende­n, persönlich­en Integrität verkörpert wird.

Mit großer Sensibilit­ät und ohne melodramat­ische Posen lotet Çatak die Liebes- und Machtverhä­ltnisse in der ungleichen Beziehung aus. Die beiden ringen darum, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Dabei schaut man gerne und interessie­rt zu, weil der Film davon weniger in ausgefeilt­en Dialogen als über Emotionen erzählt, die sich in Blicken, Körperhalt­ungen oder der Klangfarbe des Gesagten entfalten. Dazu passt das in kühlen Farben gehaltene Setting Hamburgs, in dem es dem Neuankömml­ing nicht leichtfäll­t, sich einzuricht­en. Auch wenn die ein oder andere Plotwendun­g vielleicht ein wenig überdosier­t erscheint, bleibt Çatak seinem differenzi­erten Konzept bis zuletzt treu. Sein Film findet eine überrasche­nde Schlusswen­dung, die dem Selbstbewu­sstsein und der Widersprüc­hlichkeit seiner Figuren gerecht wird.

Es gilt das gesprochen­e Wort

(2 Std.), Drama, D/F 2019

Wertung ★★★★✩

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