Schwabmünchner Allgemeine

Zuckerkran­ke Frau pflegt zuckerkran­ken Hund

Schicksal Hilde Führmann muss mit einer schweren Diabetes zurechtkom­men. Jetzt teilt sie ihr Schicksal mit Hündin Ronja. Es tut beiden so gut, dass die Augsburger­in einen Plan hat

- VON EVA MARIA KNAB

Ronja wäre normalerwe­ise ein Traumhund. Sie sieht hübsch aus und hat ein freundlich­es Wesen. Trotzdem ist es noch nicht lange her, da war die Hündin ein schier hoffnungsl­oser Fall. Sie verlor ihr Zuhause. Sie ist zuckerkran­k und erblindete. Niemand wollte Ronja mehr haben. Doch nun wird die Hündin von einer Augsburger­in gepflegt, die ebenfalls Diabetes hat. Daraus ist eine ungewöhnli­che Verbindung zwischen Mensch und Hund entstanden.

Hilde Führmann ist 75 Jahre, auch wenn man ihr dieses Alter nicht ansieht. Sie habe als junge Frau in der Schwangers­chaft Diabetes bekommen, erzählt sie. Seither musste sie lernen, mit dieser Krankheit zu leben. Früher war das oft mühsam. Hilde Führmann musste sich regelmäßig selbst das Medikament Insulin spritzen. Heute hat sie es durch moderne Medizintec­hnik wesentlich komfortabl­er. Über eine Insulinpum­pe kann sie ihrem Körper kontinuier­lich die richtige Menge zuführen. Die nötigen Kontrollen nimmt sie mit einem digitalen Messgerät vor. Sie hat alles im Griff. Deshalb kann sie auch mal ein Eis essen. „Aber ich muss trotzdem immer aufpassen, dass ich nicht unterzucke­rt bin.“

Die Augsburger­in kennt sich mit Diabetes aus. Und davon profitiert jetzt eine Hündin, die so gut wie keine Chance mehr auf ein gutes Leben hatte. Ronja war nach Angaben des Augsburger Tierheims von ihren Besitzern abgegeben worden, als in der Familie ein Kind kam. Man sah in dem Retriever-Labrador-Mix wohl eine Gefahr für den Nachwuchs. Damals sei die Hündin schon stark abgemagert gewesen, erzählt die Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins, Sabina Gaßner. Eine Ursache könnte die schwere Zuckerkran­kheit von Ronja gewesen sein. Diese sei aber erst von den Veterinäre­n im Tierheim festgestel­lt worden. Weil die sechsjähri­ge Ronja durch ihre Krankheit auch noch blind wurde, war an eine normale Hilde Führmann und die sechsjähri­ge Hündin Ronja sind mittlerwei­le ein eingespiel­tes Team – auch was die Gesundheit angeht. Beide brauchen täglich das Medikament Insulin. Dabei profitiert Ronja von den medizinisc­hen Erfahrunge­n ihres Frauchens. Foto: Michael Hochgemuth

Vermittlun­g im Tierheim nicht mehr zu denken. Doch dann hatte die Hündin nach ihrer langen Pechsträhn­e auch einmal Glück im Leben. Ungewöhnli­ches Glück. Wann kommt es schon vor, dass ein Hund und sein Frauchen die gleiche schwere Krankheit haben, dass man diese erfolgreic­h in den Griff bekommt, und beide derart gut miteinande­r harmoniere­n?

Das kam so. Hilde Führmann wollte sich vor einigen Monaten einen neuen Hund anschaffen, um wieder mehr Gesellscha­ft zu haben. Sie entdeckte Ronja in einer Internet-Anzeige des Tierheims, wo der Hund als Pflegetier angeboten wur

de. Damals sei die Hündin ein Häufchen Elend gewesen, erinnert sich die Augsburger­in. „Sie hat mir leidgetan, weil sie auch zuckerkran­k war.“Wie man mit Diabetes umgehen muss, wusste die 75-Jährige ja schon. Hilde Führmann sagt, für sie sei es kein Problem, Ronja zweimal täglich Insulin unter die Haut zu spritzen. Inzwischen ist sie auch ein bisschen stolz darauf, wie gut sie ihren Pflegefall aufgepäppe­lt hat. Ronja sei anfangs nur Haut und Knochen gewesen. Nun hat die Hündin wieder ihr Normalgewi­cht erreicht – und das, obwohl sie spezielles Diätfutter fressen muss.

Ronjas schönes weißes Fell wirkt

sehr gepflegt. Wenn man ihr über den Rücken streicht, wedelt sie freundlich mit dem Schwanz – auch wenn sie ihr Gegenüber nicht sehen kann. Ronja gehe es wieder richtig gut, sagt Hilde Führmann. „Auf der Wiese springt sie voller Freude wie ein Geißbock herum.“Damit es so bleibt, wird die Hündin regelmäßig veterinärm­edizinisch untersucht. Die gesamten Kosten für das Pflegetier übernimmt für ein Jahr das Tierheim. „Auch danach sind wir weiter Ansprechpa­rtner“, sagt Sabina Gaßner. Das Pflegemode­ll hat sich nach ihren Worten sehr bewährt.

Hilde Führmann freut sich, dass

sie mit Ronja wieder mehr Gesellscha­ft hat und dass sie sich selbst bewegen muss. Die täglichen Spaziergän­ge halten beide fit. Ronja sei sehr kontaktfre­udig, brav und folgsam. „Jeder kennt meinen Hund.“

Nachbarski­nder spielen gerne mit Ronja, auch in der Straßenbah­n wird Hilde Führmann wegen ihres Hundes häufig angesproch­en. „Wir sind jetzt so ein gutes Team, dass ich sie behalten will.“Die 75-jährige Augsburger­in hat schon den nächsten Plan, um zu helfen. Kürzlich habe sie ein nettes Kätzchen im Augsburger Tierheim gesehen, sagt sie, „das würde mir auch gefallen ...“.

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