Schwabmünchner Allgemeine

Eine Studentin führt den Integratio­nsbeirat

Porträt Erstmals leitet eine Frau die Interessen­vertretung für Augsburger mit Einwanderu­ngs- und Fluchtbiog­rafien. Die 29-Jährige hat es gelernt, sich durchzuset­zen. Was ihre Ziele sind

- VON STEFANIE SCHOENE

Die turnusmäßi­ge Wahl zum Vorsitz des Integratio­nsbeirats fiel überrasche­nd aus. Mit 14 zu 13 Stimmen konnte sich die Studentin Didem Laçin Karabulut knapp gegen den bisherigen ersten Vorsitzend­en Husain Mahmoud durchsetze­n. Damit leitet erstmals seit seiner Gründung 1974 eine Frau die Interessen­vertretung für Augsburger mit Einwanderu­ngsoder Fluchtbiog­rafien. Die 29-jährige Studentin ist gebürtige Augsburger­in, ihre Eltern flohen nach dem türkischen Militärput­sch von 1980 nach Deutschlan­d.

Ihre Familie lebte ein Jahrzehnt lang mit Kettenduld­ungen in Augsburg. Karabulut weiß, was das im Alltag heißt. Die Koffer für die jederzeit mögliche Ausweisung standen lange gepackt an der Wand, erinnert sie sich. Auch die Schule legte ihr eher Steine in den Weg. „In der Grundschul­e schon wollte ich wegen unserer rechtliche­n Situation unbedingt Richterin werden. Ich wollte uns retten und wusste, dass man dafür studieren muss“, erzählt sie. Doch die Lehrerin verweigert­e ihr das Übertritts­zeugnis. „Dabei hatte ich einen Schnitt von 1,3. Das Gymnasium würde mich überforder­n, war ihre Erklärung.“Karabulut gerät noch heute in Rage: „Die Noten waren objektiv gut. Was nicht gut war, waren meine Herkunft und mein Name.“Sie suchte den Direktor auf, überzeugte ihn, und auch Didem Laçin Karabulut ist gebürtige Augsburger­in. Ihre Eltern flohen nach dem türkischen Militärput­sch nach Deutschlan­d. Foto: Karabulut

den Leiter des Fugger-Gymnasiums, das sie unbedingt besuchen wollte. Der Richterwun­sch erledigte sich, als die Familie einen geregelten

Aufenthalt­sstatus bekommen hatte. Jetzt studiert sie Gymnasiall­ehramt Englisch und Geschichte und steht kurz vor dem Abschluss.

Neben dem Vorsitz sind jetzt auch die beiden Stellvertr­eter des Gremiums aus dem akademisch­en Milieu: Der deutsch-französisc­he Informatik­er Frédéric Zucco, 60, lebt seit 32 Jahren in Augsburg und der aus Eritrea stammende Politikwis­senschaftl­er Temeshgen Kubrom studierte in Asmara und Tübingen. Er arbeitet seit 2010 als Berater im Integratio­nszentrum Tür an Tür. Karabulut, die zuvor bereits stellvertr­etende Vorsitzend­e war und bundesweit als gut vernetzt gilt, möchte vor allem die Zusammenar­beit mit dem Stadtrat verstetige­n, die Situation von Geflohenen im Beirat stärker berücksich­tigen und sich für ein neues Miteinande­r der türkischen Vereine einsetzen.

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