Ein bisschen Frieden…
Vor dem Augsburger Feiertag ist Zeit für eine Bestandsaufnahme. Wie steht es eigentlich mit dem inneren Frieden?
In Augsburg hält in diesen Tagen der Frieden wieder Einzug. Schön wär’s. Denn wer die Nachrichten verfolgt, weiß, dass es mit dem Frieden nicht weit her ist. Konflikt am Persischen Golf, Klimakatastrophe oder kenternde Boote mit Flüchtlingen im Mittelmeer … Der Frieden bleibt da reines Wunschdenken. Das Augsburger Friedensbüro setzt sich in seinem zweiwöchigen Kunst- und KulturProgramm mit dem Frieden auseinander und beleuchtet Themen, wie Glaube, Demokratie, Frauenrechte, Politik oder Religion. Der Blick richtet sich unweigerlich nach außen, um auf einen aktuellen Nenner zu kommen.
Dabei ist es ein guter Zeitpunkt, so kurz vor dem Augsburger Friedensfest, einmal nach innen zu blicken. Wie steht es eigentlich um den eigenen, den inneren Frieden? Nicht so besonders, wie ich feststelle. Ruhe- und rastlos ziehen die Wochen an mir vorbei – was ich dringend brauche, ist nicht nur ein bisschen Frieden, sondern gleich eine ganze Portion.
Doch den gibt es selbst in der Friedensstadt nicht an jeder Ecke und auch nicht für umsonst. Ein
bisschen was muss ich schon dafür tun, stelle ich fest. Kommt der Friede also nicht zu mir, dann komme ich eben zu ihm und besuche eine Yoga-Stunde von Nina Hortig. Schließlich wirken alle Yogis unglaublich entspannt, angekommen, harmonisch, um nicht zu sagen friedlich. „Das ist Teil der Philosophie der Yogis: In Harmonie mit Dir selbst, findest Du den inneren Frieden“, sagt die Yoga-Lehrerin. Wer diesen in sich trägt, könne ihn auch nach außen tragen.
Anfang 2017 hat die 39-Jährige mit der Ausbildung angefangen, die zwei Jahre dauerte. Zuvor hatte sie als selbstständige Redakteurin und Fotografin gearbeitet und daneben viele Projekte gestemmt. „Früher bin ich an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen“, weiß sie heute. Durch das Yoga ist die Mutter von zwei Söhnen zur Ruhe gekommen. Dabei helfen Atemtechniken, erklärt sie. Wer gestresst ist, neige dazu flach und schnell in die Brust zu atmen. Falsch, wie ich erfahre. Wer gestresst ist, soll vielmehr einfach mal tief durchatmen – in den Bauch atmen, nennt Nina Hortig das. Also so tief, dass sich beim Einatmen der Bauch nach außen wölbt und nicht mehr nur die Brust. Das beruhige Körper und Geist, schalte die hinund herwandernden Gedanken ab. „Monkey Mind“nennt sich der unruhige Geist, der im Alltag wie ein Affe von Ast zu Ast hüpft und einen nicht zur Ruhe kommen lässt. Kinder hätten kein Problem damit, in ihren eigenen Gedanken zu versinken. „Sie leben in dem Moment. Wenn sie sich mit etwas beschäftigen, dann können sie davon so gefangen genommen werden, dass sie nichts anderes mehr wahrnehmen“, erzählt Nina Hortig.
Meine Gedanken wandern zur kleinen Ella. Ich bin nämlich im Kurs für Schwangere und Mütter gelandet. Das siebenmonatige Mädchen liegt auf den Beinen ihrer Mutter und lauscht den Klängen des Klangspiels Koshi. Irgendwann hat auch mein Gedankenspiel ein Ende – die Gedankenfetzen driften ab, bis mich eine angenehme Leere umgibt. Stille. Yoga erfährt seit Jahren einen enormen Zulauf. Die spirituelle Komponente ist nur ein Grund, warum Frauen und Männer die geistigen und körperlichen Übungen absolvieren. „Stress und Rückenprobleme sind oft die Beweggründe, warum jemand Yoga macht“, sagt Nina Hortig. Viele Menschen fühlten sich in unserer Gesellschaft getrieben, ob durch Arbeit, Zukunftsängste oder finanzielle Sorgen. Dabei sei doch das Ziel, ein glückliches Leben zu führen, betont die Yoga-Lehrerin. „Schließlich haben wir nur das eine Leben.“
Die Stunde wird mit einem Mantra und einem dreifachen „OmShanti“beendet. Ich lerne, dass Shanti ein alt-indisches Wort ist (Sanskrit) ist und Frieden heißt. Gestern, wie heute: So lange es Menschen gibt, wird der Frieden ein Thema und ein Wunsch sein.
Miriam Zissler, 42, ist in Augsburg aufgewachsen und kennt hier jeden Winkel und jede Abkürzung.
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