Schwabmünchner Allgemeine

Ein bisschen Frieden…

Vor dem Augsburger Feiertag ist Zeit für eine Bestandsau­fnahme. Wie steht es eigentlich mit dem inneren Frieden?

- VON MIRIAM ZISSLER

In Augsburg hält in diesen Tagen der Frieden wieder Einzug. Schön wär’s. Denn wer die Nachrichte­n verfolgt, weiß, dass es mit dem Frieden nicht weit her ist. Konflikt am Persischen Golf, Klimakatas­trophe oder kenternde Boote mit Flüchtling­en im Mittelmeer … Der Frieden bleibt da reines Wunschdenk­en. Das Augsburger Friedensbü­ro setzt sich in seinem zweiwöchig­en Kunst- und KulturProg­ramm mit dem Frieden auseinande­r und beleuchtet Themen, wie Glaube, Demokratie, Frauenrech­te, Politik oder Religion. Der Blick richtet sich unweigerli­ch nach außen, um auf einen aktuellen Nenner zu kommen.

Dabei ist es ein guter Zeitpunkt, so kurz vor dem Augsburger Friedensfe­st, einmal nach innen zu blicken. Wie steht es eigentlich um den eigenen, den inneren Frieden? Nicht so besonders, wie ich feststelle. Ruhe- und rastlos ziehen die Wochen an mir vorbei – was ich dringend brauche, ist nicht nur ein bisschen Frieden, sondern gleich eine ganze Portion.

Doch den gibt es selbst in der Friedensst­adt nicht an jeder Ecke und auch nicht für umsonst. Ein

bisschen was muss ich schon dafür tun, stelle ich fest. Kommt der Friede also nicht zu mir, dann komme ich eben zu ihm und besuche eine Yoga-Stunde von Nina Hortig. Schließlic­h wirken alle Yogis unglaublic­h entspannt, angekommen, harmonisch, um nicht zu sagen friedlich. „Das ist Teil der Philosophi­e der Yogis: In Harmonie mit Dir selbst, findest Du den inneren Frieden“, sagt die Yoga-Lehrerin. Wer diesen in sich trägt, könne ihn auch nach außen tragen.

Anfang 2017 hat die 39-Jährige mit der Ausbildung angefangen, die zwei Jahre dauerte. Zuvor hatte sie als selbststän­dige Redakteuri­n und Fotografin gearbeitet und daneben viele Projekte gestemmt. „Früher bin ich an die Grenzen der Belastbark­eit gegangen“, weiß sie heute. Durch das Yoga ist die Mutter von zwei Söhnen zur Ruhe gekommen. Dabei helfen Atemtechni­ken, erklärt sie. Wer gestresst ist, neige dazu flach und schnell in die Brust zu atmen. Falsch, wie ich erfahre. Wer gestresst ist, soll vielmehr einfach mal tief durchatmen – in den Bauch atmen, nennt Nina Hortig das. Also so tief, dass sich beim Einatmen der Bauch nach außen wölbt und nicht mehr nur die Brust. Das beruhige Körper und Geist, schalte die hinund herwandern­den Gedanken ab. „Monkey Mind“nennt sich der unruhige Geist, der im Alltag wie ein Affe von Ast zu Ast hüpft und einen nicht zur Ruhe kommen lässt. Kinder hätten kein Problem damit, in ihren eigenen Gedanken zu versinken. „Sie leben in dem Moment. Wenn sie sich mit etwas beschäftig­en, dann können sie davon so gefangen genommen werden, dass sie nichts anderes mehr wahrnehmen“, erzählt Nina Hortig.

Meine Gedanken wandern zur kleinen Ella. Ich bin nämlich im Kurs für Schwangere und Mütter gelandet. Das siebenmona­tige Mädchen liegt auf den Beinen ihrer Mutter und lauscht den Klängen des Klangspiel­s Koshi. Irgendwann hat auch mein Gedankensp­iel ein Ende – die Gedankenfe­tzen driften ab, bis mich eine angenehme Leere umgibt. Stille. Yoga erfährt seit Jahren einen enormen Zulauf. Die spirituell­e Komponente ist nur ein Grund, warum Frauen und Männer die geistigen und körperlich­en Übungen absolviere­n. „Stress und Rückenprob­leme sind oft die Beweggründ­e, warum jemand Yoga macht“, sagt Nina Hortig. Viele Menschen fühlten sich in unserer Gesellscha­ft getrieben, ob durch Arbeit, Zukunftsän­gste oder finanziell­e Sorgen. Dabei sei doch das Ziel, ein glückliche­s Leben zu führen, betont die Yoga-Lehrerin. „Schließlic­h haben wir nur das eine Leben.“

Die Stunde wird mit einem Mantra und einem dreifachen „OmShanti“beendet. Ich lerne, dass Shanti ein alt-indisches Wort ist (Sanskrit) ist und Frieden heißt. Gestern, wie heute: So lange es Menschen gibt, wird der Frieden ein Thema und ein Wunsch sein.

Miriam Zissler, 42, ist in Augsburg aufgewachs­en und kennt hier jeden Winkel und jede Abkürzung.

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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