Schwabmünchner Allgemeine

Der neue Friedhof wird sieben Mal umkreist

Religion Die jüdische Gemeinde hat einen weiteren Bestattung­splatz in Lechhausen eingeweiht. Mit 1000 Gräbern sollte er für die nächsten 150 Jahre reichen. Denn an der Haunstette­r Straße ist die Kapazität erschöpft

- VON ALOIS KNOLLER

Der Ritus sieht es so vor und auch bei strömendem Regen wird keine Ausnahme gemacht. Also zogen gestern Vormittag rund 30 Mitglieder der Israelitis­chen Kultusgeme­inde um ihr neues Gräberfeld im Neuen Ostfriedho­f, damit es durch die Einweihung künftig heiliges Land werde. Auch Bürgermeis­terin Eva Weber, Umweltrefe­rent Rainer Erben, der auch für die Friedhöfe zuständig ist, und der evangelisc­he Regionalbi­schof Axel Piper („ein Zeichen meiner Verbundenh­eit“) schlossen sich an.

Von einem „historisch­en Datum im Leben der Kultusgeme­inde“sprach ihr Präsident Alexander Mazo und dankte der Stadt Augsburg, dass sie für den dritten jüdischen Friedhof an der Blücherstr­aße ein großes Grundstück zur Verfügung gestellt hat.

Fast eine halbe Stunde dauerte die Prozession rund um das Friedhofsa­rael. Angeführt wurde sie von den Rabbinern Schaul Nekrich (Kassel) und Elias Dray (Amberg), die unterwegs auf Hebräisch mehrere Psalmen sangen. Eigentlich müsste Auf einem Teil des Neuen Ostfriedho­fs weihte Rabbiner Schaul Nekrich (rechts) den zukünftige­n jüdischen Friedhof ein. Der Ritus verlangt es, das Gelände betend zu umrunden, was die Kultusgeme­inde trotz des Regens tat. Foto: Michael Hochgemuth

die Gemeinde sogar sieben Mal um den neuen Friedhof herumlaufe­n. Nach der alten Weisheitsl­ehre der Kabbala bezeichnen diese sieben Gänge die vier Himmelsric­htungen,

die beiden Dimensione­n von Oben und Unten und schließlic­h ihren Mittelpunk­t. So erklärte Schaul Nekrich den Ritus. Um die Gemeinde zu entlasten, habe er die ersten sechs

Runden schon erledigt, sodass zur Heiligung des neuen jüdischen Friedhofs eine letzte Runde aller Teilnehmer genügte.

Der Friedhof bietet Platz für 1000 Gräber. „Die nächsten 150 Jahre sollte damit Ruhe sein“, meinte Josef Strzegowsk­i. Er ist Gabbai, also Vorbeter im Synagogeng­ottesdiens­t in Augsburg. „Möge dieser neue Friedhof zum Ort der ewigen Ruhe werden. Mögen seine Gräber und Grabsteine niemals den Akt des Vandalismu­s und der Entehrung erfahren“, wünschte Präsident Mazo. Der 1868 eröffnete Jüdische Friedhof an der Haunstette­r Straße sei an das Ende seiner Kapazität angelangt, erklärte er. Dort sind unter anderem die beiden Ehrenbürge­r Ernst Cramer und Mietek Pemper bestattet. Innerhalb von Führungen des Jüdischen Museums ist dieser Friedhof zugänglich.

Beith Hachajim (Haus der Lebenden) nennen die Juden ihre Friedhöfe. Denn die künftige Welt sei ein ewiges Haus für die, die ewiges Leben besitzen, erklärte der Rabbiner. Die Gräber bestehen für immer, nur Erdbestatt­ungen dürfen vorgenomme­n werden. Auf dem jüdischen Friedhof dürfe nur der Toten erinnert werden und sonst keine Feier stattfinde­n. „Möge dieser Ort uns näherbring­en zu unserem Schöpfer“, wünschte Rabbiner Nekrich.

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