Schwabmünchner Allgemeine

Soccerhall­e schließt, Container sollen bleiben

Asyl Momentan kommen wieder mehr Flüchtling­e in den Landkreis Landsberg. Trotzdem leben in der großen Kauferinge­r Unterkunft kaum noch Menschen. Dafür soll ein Standort in Landsberg reaktivier­t werden

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Einsam steht ein schwarz gekleidete­r Wachmann zwischen der blechernen Sichtschut­zwand vor der Tür der ehemaligen Soccerhall­e in Kaufering: In der einst größten Asylunterk­unft im Landkreis Landsberg ist es sehr ruhig geworden. Lebten dort zeitweilig bis zu 200 Personen, ist die Zahl der Bewohner derzeit an zwei Händen abzuzählen. In den nächsten Wochen werde die Unterkunft ganz leer sein, kündigt der Sprecher des Landratsam­ts, Wolfgang Müller, an. Der Mietvertra­g läuft planmäßig zum Ende des Jahres aus. Wo werden die im Landkreis Landsberg lebenden Flüchtling­e untergebra­cht?

Die Bewohner in Kaufering wurden in den vergangene­n Wochen auf mehrere dezentrale Unterkünft­e verteilt, berichtet Müller. Gleichzeit­ig treffen seit einiger Zeit auch wieder mehr Flüchtling­e im Landkreis ein, nachdem monatelang praktisch keine neuen Flüchtling­e gekommen waren. „Wir bekommen zurzeit pro Woche bis zu zehn Personen, überwiegen­d Familien und Alleinerzi­ehende aus Schwarzafr­ika, die aus Ankerzentr­en zugewiesen werden.“Frühere Herkunftsl­änder wie Eritrea spielten dagegen keine Rolle mehr.

Die Ankerzentr­en hätten ein paar Monate lang die Zuwanderun­g aufgefange­n. Bis Ende des Jahres könnten 300 bis 400 Zuwanderer in den Landkreis kommen, so die Prognose aus dem Sachgebiet Integratio­n, Ausländerb­ehörde und Asylangele­genheiten im Landratsam­t. Demgegenüb­er seien in den ersten sechs Monaten des Jahres rund 60 Personen ausgezogen, die eigene Wohnmöglic­hkeiten gefunden haben. Freiwillig­e Ausreisen und Abschiebun­gen spielen mit fünf und vier Fällen eine untergeord­nete Rolle.

Diese veränderte „Zuweisungs­situation“ist auch Grund dafür, dass der Freistaat Bayern die seit dem Brand im Dezember 2018 geräumten Wohncontai­ner an der Iglinger Straße 71 in Landsberg erhalten

will. Denn gerade Familien könnten nicht in jeder Unterkunft aufgenomme­n werden, erläutert Müller.

Die Baugenehmi­gung für die Anlage für rund 60 Personen ist bis Ende Dezember 2019 befristet. Jetzt stellte der Landkreis bei der Stadt einen Bauantrag, um die zweigescho­ssige Containera­nlage für weitere drei Jahre bis Ende 2022 betreiben zu können.

Rund 600 Personen leben derzeit in angemietet­en staatliche­n Unterkünft­en im Landkreis, so die Auskunft von Wolfgang Müller. 222 davon seien „Fehlbelege­r“. Bei ihnen handelt es sich um Personen, die als Flüchtling­e anerkannt sind. Sie müssten sich eigentlich auf dem regulären Wohnungsma­rkt nach Wohnraum umsehen. Gerade alleinsteh­ende männliche Zuwanderer

hätten aber schlechte Chancen, eine Wohnung zu finden, erklärte kürzlich auch die für die Stadt Landsberg tätige Integratio­nsberateri­n Sabine Hey im Bildungs-, Sozial- und Kulturauss­chuss des Stadtrats. Im ersten Halbjahr sei die Nachfrage nach Wohnungen „extrem gestiegen“, so Hey weiter: „Im Landratsam­t sind 600 Leute gemeldet, die eine Sozialwohn­ung suchen.“

Zwar würden gerade Migranten aus Afrika keine Asylanerke­nnung finden, erklärte Hey, aber sie blieben erst einmal hier, bis über ihre Klagen gegen die negativen Asylbesche­ide entschiede­n sei. So werde sich die Situation zuspitzen, warnte Hey.

363 – also knapp zwei Drittel der in den Unterkünft­en lebenden Menschen – haben einen negativen Asylbesche­id erhalten, so die aktuelle Zahl aus dem Landratsam­t. Davon müssten eigentlich 170 ausreisen, der Rest warte noch darauf, wie das Verwaltung­sgericht über ihre Klagen gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (BAMF) entscheide­t. Etwa 50 der 170 ausreisepf­lichtigen Personen haben wiederum ein sogenannte­s „alternativ­es Bleiberech­t“. Gründe dafür seien eine Ausbildung, eine unmögliche Abschiebun­g, gute Integratio­n oder Familienbi­ndung.

Auch wenn die Verlängeru­ng des Baurechts für den Asylcontai­ner in der Iglinger Straße in Landsberg bislang nicht vorliegt, wird dort seit einigen Tagen gearbeitet. Die durch den Brand beschädigt­en oberen Container werden abgebaut und durch neue Räumlichke­iten ersetzt. Das sei, sagt der Sprecher des Landratsam­ts, Wolfgang Müller, zwischen der Versicheru­ng und dem Eigentümer der Container so vereinbart worden und geschehe auch mit dem Risiko, dass ohne eine von der Stadt gegebene Verlängeru­ng die gesamte Anlage bis Jahresende abgebaut werden müsste. „Diese Sanierung läuft unabhängig vom Ausgang des Genehmigun­gsverfahre­ns“, betont Müller.

Wichtige Unterkünft­e für Flüchtling­e bestehen unter anderem noch in Geltendorf, Riederau, Utting, Greifenber­g, im ehemaligen Rasthof an der alten B 17 in Hurlach sowie im Hochbauamt und im früheren Spielwaren­geschäft Tauscher in Landsberg, zählt Müller auf. Ebenfalls geschlosse­n werden soll der Standort Bischofsri­ed bei Dießen. Die Liegenscha­ft ist zum Verkauf ausgeschri­eben.

Vor allem Familien aus Afrika kommen Bischofsri­ed wird auch aufgegeben

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Hinter den Blechwände­n ist in der ehemaligen Kauferinge­r Soccerhall­e (oben) nicht mehr viel los, die Flüchtling­sunterkunf­t wird ebenso aufgelöst wie die in Bischofsri­ed (links). Bestehen bleiben sollen die Wohncontai­ner in der Iglinger Straße in Landsberg, die nach dem Brand teilweise erneuert werden. Fotos: Leitenstor­fer/Millonig
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