Gericht verurteilt Handwerker ohne Unternehmerglück
Justiz Als die erste Firma des Mannes pleite ist, lässt sich beim zweiten Versuch die Frau als Chef eintragen. Am Ende werden beide angeklagt
Eine Insolvenz hat ein Mann schon hinter sich, auch seine zweite Firma läuft nicht. Diesmal hängt seine Frau mit drin.
Landkreis Augsburg Ein guter Handwerker ist nicht zwingend auch ein guter Unternehmer – diese Lektion hat ein 60-jähriger Handwerksmeister aus dem südlichen Landkreis nach eigener Aussage nun gelernt. Allerdings machte er diese Aussage auf der Anklagebank des Augsburger Amtsgerichts, wo er sich gemeinsam mit seiner Frau wegen Insolvenzverschleppung verantworten musste. Immerhin bewahrte seine Erkenntnis den Mann vor dem Gefängnis. Er bekam eine zehnmonatige Bewährungsstrafe, seine Frau muss 2800 Euro Geldstrafe bezahlen.
Für den 60-Jährigen war es bereits die vierte einschlägige Verurteilung. Von 2013 bis 2015 stand er wegen seiner ersten Firma dreimal vor dem Richter und wurde verurteilt. Aus dieser Zeit drücken die Familie noch 100000 Euro Schulden. Unter anderem deshalb startete der Mann nach seiner ersten Insolvenz noch einen Versuch, ein Unternehmen zum Laufen zu bringen. Da er aber keine Firma führen durfte, trug sich seine Frau als Geschäftsführerin ein: „Ich weiß, was er kann und habe auf ihn vertraut. Er hat gesagt, er will alles wieder in Ordnung bringen.“Die unternehmerischen Entscheidungen habe ausnahmslos ihr Mann getroffen.
Wie die Geschäfte liefen, davon erzählte der Mann zu Hause nur bruchstückhaft: „Ich habe schon gesagt, wenn ein Auftrag reinkam oder es einen Engpass gab. Aber ich wollte meine Frau schonen, weil wir familiär schwere Zeiten durchgemacht hatten.“Zwischendurch nahm das Paar kleinere Summen aus der privaten Kasse, um Forderungen des Gerichtsvollziehers zu begleichen. Von der Zahlungsunfähigkeit habe seine Frau aber erst erfahren, als das Finanzamt wegen ausstehender Steuerzahlungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erwirkte. „Dass meine Frau jetzt neben mir auf der Anklagebank sitzen muss, ist für mich das Schlimmste“, sagte der Mann.
Etwa 4500 Euro schuldet der Handwerker dem Staat laut Anklageschrift an Gewerbesteuer für das Jahr 2017. Bei dieser Summe handelt es sich aber nur um eine Schätzung – einen Jahresabschluss hat der Unternehmer nicht erstellt. Tatsächlich dürfte die Forderung deutlich niedriger liegen, schätzt der Insolvenzverwalter. Mit den Mitteln aus dem Verkauf des Betriebsvermögens – Werkzeuge und Maschinen – dürften die Steuerschulden gedeckt sein. Weitere Verbindlichkeiten habe die Firma nicht. Eine Überschuldung liege auch nicht vor, zudem habe der Angeklagte sich während des Insolvenzverfahrens absolut vorbildlich verhalten. Der Gerichtsvollzieher bestätigte, dass alle Forderungen beglichen worden seien.
Richterin Kerstin Wagner wertete dieses Verhalten zugunsten des Angeklagten, ebenso sein Geständnis und die Tatsache, dass sich der entstandene Schaden im niedrigen Bereich bewegt und noch beglichen werden kann. Schwer wiegen allerdings die drei Verurteilungen aus der Insolvenz der ersten Firma des Mannes, sagte die Richterin: „Sie sind kurz nach dem Ablauf der daraus resultierenden Bewährungszeit wieder straffällig geworden.“Daher schloss sie sich der Forderung der Staatsanwaltschaft und von Verteidiger Klaus Rödl an und verhängte die zehnmonatige Bewährungsstrafe. Zudem muss der Mann 3000 Euro bezahlen und darf sich fünf Jahre lang nichts zu schulden kommen lassen.
Die Frau habe gewusst, dass ihr Mann immer wieder Geld nachschießen musste, sodass sie die Gesetzesverstöße billigend in Kauf genommen habe. Daher verhängte sie die Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35 Euro.
Die Frau betonte, das Paar wolle wieder auf die Beine kommen und die Schulden abzahlen. Sie arbeitet ebenso als Angestellte, wie ihr Mann – er sogar in leitender Funktion. Die Eheleute und der Staatsanwalt haben das Urteil angenommen, es ist somit rechtskräftig.