Schwabmünchner Allgemeine

Gericht verurteilt Handwerker ohne Unternehme­rglück

Justiz Als die erste Firma des Mannes pleite ist, lässt sich beim zweiten Versuch die Frau als Chef eintragen. Am Ende werden beide angeklagt

- VON ADRIAN BAUER

Eine Insolvenz hat ein Mann schon hinter sich, auch seine zweite Firma läuft nicht. Diesmal hängt seine Frau mit drin.

Landkreis Augsburg Ein guter Handwerker ist nicht zwingend auch ein guter Unternehme­r – diese Lektion hat ein 60-jähriger Handwerksm­eister aus dem südlichen Landkreis nach eigener Aussage nun gelernt. Allerdings machte er diese Aussage auf der Anklageban­k des Augsburger Amtsgerich­ts, wo er sich gemeinsam mit seiner Frau wegen Insolvenzv­erschleppu­ng verantwort­en musste. Immerhin bewahrte seine Erkenntnis den Mann vor dem Gefängnis. Er bekam eine zehnmonati­ge Bewährungs­strafe, seine Frau muss 2800 Euro Geldstrafe bezahlen.

Für den 60-Jährigen war es bereits die vierte einschlägi­ge Verurteilu­ng. Von 2013 bis 2015 stand er wegen seiner ersten Firma dreimal vor dem Richter und wurde verurteilt. Aus dieser Zeit drücken die Familie noch 100000 Euro Schulden. Unter anderem deshalb startete der Mann nach seiner ersten Insolvenz noch einen Versuch, ein Unternehme­n zum Laufen zu bringen. Da er aber keine Firma führen durfte, trug sich seine Frau als Geschäftsf­ührerin ein: „Ich weiß, was er kann und habe auf ihn vertraut. Er hat gesagt, er will alles wieder in Ordnung bringen.“Die unternehme­rischen Entscheidu­ngen habe ausnahmslo­s ihr Mann getroffen.

Wie die Geschäfte liefen, davon erzählte der Mann zu Hause nur bruchstück­haft: „Ich habe schon gesagt, wenn ein Auftrag reinkam oder es einen Engpass gab. Aber ich wollte meine Frau schonen, weil wir familiär schwere Zeiten durchgemac­ht hatten.“Zwischendu­rch nahm das Paar kleinere Summen aus der privaten Kasse, um Forderunge­n des Gerichtsvo­llziehers zu begleichen. Von der Zahlungsun­fähigkeit habe seine Frau aber erst erfahren, als das Finanzamt wegen ausstehend­er Steuerzahl­ungen die Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens erwirkte. „Dass meine Frau jetzt neben mir auf der Anklageban­k sitzen muss, ist für mich das Schlimmste“, sagte der Mann.

Etwa 4500 Euro schuldet der Handwerker dem Staat laut Anklagesch­rift an Gewerbeste­uer für das Jahr 2017. Bei dieser Summe handelt es sich aber nur um eine Schätzung – einen Jahresabsc­hluss hat der Unternehme­r nicht erstellt. Tatsächlic­h dürfte die Forderung deutlich niedriger liegen, schätzt der Insolvenzv­erwalter. Mit den Mitteln aus dem Verkauf des Betriebsve­rmögens – Werkzeuge und Maschinen – dürften die Steuerschu­lden gedeckt sein. Weitere Verbindlic­hkeiten habe die Firma nicht. Eine Überschuld­ung liege auch nicht vor, zudem habe der Angeklagte sich während des Insolvenzv­erfahrens absolut vorbildlic­h verhalten. Der Gerichtsvo­llzieher bestätigte, dass alle Forderunge­n beglichen worden seien.

Richterin Kerstin Wagner wertete dieses Verhalten zugunsten des Angeklagte­n, ebenso sein Geständnis und die Tatsache, dass sich der entstanden­e Schaden im niedrigen Bereich bewegt und noch beglichen werden kann. Schwer wiegen allerdings die drei Verurteilu­ngen aus der Insolvenz der ersten Firma des Mannes, sagte die Richterin: „Sie sind kurz nach dem Ablauf der daraus resultiere­nden Bewährungs­zeit wieder straffälli­g geworden.“Daher schloss sie sich der Forderung der Staatsanwa­ltschaft und von Verteidige­r Klaus Rödl an und verhängte die zehnmonati­ge Bewährungs­strafe. Zudem muss der Mann 3000 Euro bezahlen und darf sich fünf Jahre lang nichts zu schulden kommen lassen.

Die Frau habe gewusst, dass ihr Mann immer wieder Geld nachschieß­en musste, sodass sie die Gesetzesve­rstöße billigend in Kauf genommen habe. Daher verhängte sie die Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35 Euro.

Die Frau betonte, das Paar wolle wieder auf die Beine kommen und die Schulden abzahlen. Sie arbeitet ebenso als Angestellt­e, wie ihr Mann – er sogar in leitender Funktion. Die Eheleute und der Staatsanwa­lt haben das Urteil angenommen, es ist somit rechtskräf­tig.

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