Nach Massakern will Trump Todesstrafe ausweiten
Hintergrund Auch Hassverbrecher, die einen Massenmord begangen haben, sollen in Zukunft hingerichtet werden. Kritiker werfen dem US-Präsidenten hingegen vor, die Gefahr durch weiße Rechtsextremisten verharmlost zu haben
Washington Nach den Massakern vom Wochenende in den USA will Präsident Donald Trump eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen, die die Todesstrafe bei Hassverbrechen in Form von Massenmord vorsieht. Er habe das Justizministerium angewiesen, eine entsprechende Gesetzgebung auszuarbeiten, sagte Trump am Montag im Weißen Haus in einer Ansprache an die Nation. Die Hinrichtungen müssten „schnell, entschlossen und ohne jahrelange unnötige Verzögerung“geschehen.
Zwei Schützen hatten am Wochenende in El Paso (Texas) und in Dayton (Ohio) insgesamt 31 Menschen getötet. Die Motive des mutmaßlichen Täters von Dayton – der erschossen wurde – sind weiter unklar. Gestern wurde gemeldet, dass der Mann insgesamt 250 Schuss Munition dabei hatte.
Trump sagte am Montag: „Der Schütze von El Paso wurde von rassistischem Hass verzehrt.“Der Präsident verurteilte Rassismus auf das Schärfste. Trump sagte, die Nation müsse sich geschlossen gegen Rassismus, Fanatismus und „White Supremacy“stellen – also gegen die Ideologie der Vorherrschaft der Weißen. Die Taten vom Wochenende seien „ein Angriff auf unsere Gemeinschaften, ein Angriff auf unsere Nation und ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit“.
Der mutmaßliche Täter von El Paso – ein 21-jähriger Weißer – hatte
sich der Polizei ergeben. Die Ermittler prüfen einen rassistischen Hintergrund, unter den Opfern von El Paso sind mehrere Mexikaner. Ihm wird ein Pamphlet zugeschrieben, das kurz vor der Tat im Internet veröffentlicht wurde – noch wird geprüft, ob es tatsächlich von ihm stammt. In der vierseitigen Kampfschrift äußert der Autor seine Unterstützung für den rassistischen Attentäter von Christchurch, der im März in Neuseeland zwei Moscheen angegriffen und 51 Menschen getötet hatte. Außerdem heißt es in dem hasserfüllten Text: „Dieser Angriff ist eine Antwort auf die hispanische Invasion in Texas.“
Das ist die Sprache von Donald Trump, der die illegale Einwanderung von Lateinamerikanern in die USA regelmäßig als „Invasion“bezeichnet – und der Migranten immer wieder mit kriminellen Bandenmitgliedern gleichsetzt. Manche kriminelle Einwanderer, sagte Trump im Mai vergangenen Jahres, seien „keine Menschen. Das sind Tiere.“Trump mag dabei noch so oft betonen, er sei kein Rassist – viele Amerikaner sehen das anders. In einer Ende Juli veröffentlichten Umfrage der Universität Quinnipiac sagten 51 Prozent, der Präsident sei ein Rassist – 45 Prozent teilten diese Meinung nicht. 80 Prozent der schwarzen Wähler bescheinigten dem Präsidenten Rassismus, unter hispanischen Wählern waren es 55 Prozent. Kritiker werfen Trump vor, sich nicht gegen weißen Rechtsextremismus zu positionieren oder ihn sogar zu verharmlosen.
Die New York Times kommentierte, wären die Taten von El Paso und Dayton von muslimischen Extremisten verübt worden, würde der Staat mit seiner gesamten Macht gegen deren Netzwerke und Unterstützer vorgehen. „Die Welt, und besonders der Westen, hat ein ernsthaftes Problem mit weißen nationalistischen Terroristen, das viel zu lange ignoriert oder entschuldigt worden ist.“Trump sah das zumindest bislang nicht so. Nach dem Attentat in Neuseeland im März fragte ein Journalist den Präsidenten, ob weiße Nationalisten ein wachsendes Problem auf der Welt darstellten. Trump verneinte das. „Ich denke, es ist eine kleine Gruppe von Menschen, die sehr, sehr ernste Probleme haben“, sagte er.
Wie klein die Gruppe ist, ist unklar. Klar ist aber nicht erst seit El Paso, dass die hasserfüllte Ideologie potenziell tödliche Folgen hat. Die New York Times listete nach den jüngsten Massakern seit 2017 mindestens acht Fälle in den USA auf, bei denen Schützen mit einem mutmaßlich rechtsextremem Hintergrund Menschen ermordeten.
Ins Visier geraten ist in dem Zusammenhang auch das Online-Forum 8Chan. Gründer Fredrick Brennan setzte 8 Chan (die „8“steht für das Symbol der Unendlichkeit) 2013 als eine Neuauflage des zuvor ebenso ungezügelten Online-Forums 4Chan fort, das damals erste Grenzen für Inhalte einzog. Ihm schwebte eine Plattform vor, wo jegliche – legale – Ansichten willkommen wären, unabhängig davon, wie „toxisch“sie wären, erzählte Brennan der New York Times. Am Ende wurde 8 Chan zum Sammelbecken für Ansichten, für die man bei anderen Plattformen verbannt wird: Hass, Hetze, Rassismus, Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit. Brennan gab die Kontrolle über 8Chan 2015 auf und distanzierte sich. „Macht die Website dicht. Sie bringt der Welt nichts Gutes“, sagte er. Inzwischen wird 8Chan von den Philippinen aus betrieben.
Der Sheriff von El Paso, Richard Wiles, ist verbittert: „El Paso wird niemals wieder derselbe Ort sein, weil ein Rassist in unsere Stadt gekommen ist, um zu versuchen, seine Ansicht durchzusetzen“, schrieb er auf Facebook. „Es ist an der Zeit, sich zu erheben und unsere Abgeordneten auf allen Ebenen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich will Abgeordnete, die sich gegen Rassismus stellen.“
Die Plattform 8Chan steht für Rassismus und Hetze