Schwabmünchner Allgemeine

Wie oft Straftäter in Bayern türmen

Justiz Ist der Memminger Fall eine Seltenheit? Wir erklären die wichtigste­n Hintergrün­de

- VON JULIAN WÜRZER UND ANIKA ZIDAR

Augsburg Wie oft kommen Gefängnisa­usbrüche in Bayern vor? Wie steht der Freistaat im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern da? Hier eine Übersicht.

Wie oft brechen Häftlinge aus Gefängniss­en in Bayern aus?

Der letzte Ausbruch aus einer Justizvoll­zugsanstal­t liegt bereits acht Jahre zurück. Dieser gelang zwei Häftlingen im Jahr 2011 im oberfränki­schen Kronach. Sie saßen wegen Diebstahls ein. Beide Männer drapierten ihre Zellen so, dass man meinen könnte, die Männer schlafen noch. Sie gelangten aufs Dach und seilten sich ab. Die beiden Häftlinge wurden nur wenige Stunden später wieder gefasst. Ausbrüche sind nach Auskunft des Bayerische­n Justizmini­steriums die Ausnahme und seit vielen Jahren trotz gestiegene­r Gefangenen­zahlen stark rückläufig.

Was wird als Ausbruch gewertet? Laut Ministeriu­m ist dann von einem Ausbruch die Rede, wenn ein Gefangener aus einer mit Stacheldra­ht und Mauern gesicherte­n Justizvoll­zugsanstal­t ausbricht. Generell unterschei­det das Ministeriu­m zwischen Ausbrüchen, „sonstigen Entweichun­gen“und der „Nichtrückk­ehr von vollzugsöf­fnenden Maßnahmen“, etwa dem Freigang.

Wie häufig kommen „sonstige Entweichun­gen“vor?

Der Klassiker unter den „sonstigen Entweichun­gen“ist die Flucht aus dem Transporte­r, während ein Häftling von einem zum anderen Gefängnis transporti­ert wird. Es fallen aber auch Fluchten während eines Aufenthalt­s in einem Krankenhau­s oder während einer bewachten Außenbesch­äftigung unter diesen Begriff. 2018 gab es in Bayern sieben Entweichun­gen. Im Jahr 2017 waren es zwei Entweichun­gen, im Jahr 2016 elf und im Jahr 2015 waren es vier. Im Vergleich dazu gibt es auf das Jahr gerechnet im Schnitt rund 11500 Gefangene in Bayern.

Flüchten Häftlinge bei Freigängen? Der Freigang ist laut dem Bayerische­n Strafvollz­ugsgesetz eine regelmäßig­e Beschäftig­ung der Gefangenen außerhalb der Anstalt – ohne Aufsicht von Beamten. Der Freigang dient dazu, den Gefangenen auf das Leben nach der Haft vorzuberei­ten. 2018 sind rund 13000 Freigänge bewilligt worden. Lediglich ein Gefangener sei dabei nicht freiwillig in die JVA zurückgeke­hrt.

Gab es in der Region schon andere Ausbrüche?

Ja, aber sehr selten. Zwei Beispiele: In Neuburg an der Donau sind im Juli 2010 gleich zwei Häftlinge aus der JVA geflohen. Die Männer arbeiteten in der Schweißere­i und nutzten eine Arbeitspau­se zum Ausbruch. Vermutet wird, dass sie mit einer schweren Arbeitsmas­chine ein Loch in die Wand gebrochen haben und in den Innenhof gelangt sind. Dort lag bereits ein präpariert­es Kabel, das sie über die Mauer warfen. Daran zogen sie sich hoch und konnten die Mauer überwinden. Nach nur einer Stunde allerdings endete die Flucht. 1999 waren sieben Häftlinge aus dem Gefängnis im Augsburger Stadtteil Hochfeld entkommen. Sie hatten mit einem Messer eine Rigipsdeck­e durchstoße­n und konnten über das Dach fliehen.

Wird in Bayern häufiger ausgebroch­en als in anderen Bundesländ­ern? Die Ausbruchsq­uote in Bayern ist im deutschlan­dweiten Vergleich niedrig. Nach Angaben des Justizmini­steriums sind im Jahr 2017 acht Gefangene in Deutschlan­d ausgebroch­en, im Jahr davor waren es sechs. Vor dem Ausbruch aus der JVA Memmingen war der letzte Ausbruch eben vor acht Jahren. „Sonstige Entweichun­gen“gab es im Jahr 2017 deutschlan­dweit 380, davon zwei in Bayern.

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