Schwabmünchner Allgemeine

Gescheiter­t an den Standards

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Diese Bühne zu bespielen, liegt den wenigsten. Den meisten mangelt es an Talent, manchen aber auch schlicht an der Fähigkeit, den gar nicht so großen Erwartunge­n an Haltung und Gewissen gerecht zu werden. Deswegen wird Schalkes Clemens Tönnies zumindest das Privileg verlieren, sich in gesellscha­ftliche Debatten einzubring­en. Daniel Frahn hingegen ist sogar seinen Job los. Beides ist richtig.

Tönnies hatte es als Schalker Vereinsobe­rhaupt zuvor schon nicht leicht, als der Ehrenmann wahrgenomm­en zu werden, der er nach seiner Selbsteins­chätzung ist. Wer täglich tausende Tiere schlachten lässt, rangiert in Beliebthei­tsranglist­en irgendwo zwischen Bestatter und Glyphosat-Vertreter. Selbst bei denen, die ihr Grillfleis­ch zum Schnäppche­npreis beim Discounter kaufen. Besonders gut lässt es sich mit Leberkäsfe­tzen im Mundwinkel empören. Tönnies’ Aussagen waren untragbar – fallen sie auch in ähnlicher Form in beinahe jeder Arztpraxis oder Kanzlei, auf dem Bau oder am Stammtisch. An den Boss eines internatio­nal wirkenden Fußballklu­bs sind höhere Standards anzusetzen. Wer in der Öffentlich­keit steht, hat – oftmals ungewollt – eine Vorbildfun­ktion. Gleiches gilt für die Politiker. Dass sie diesen Ansprüchen oft nicht gerecht werden können, liegt manchmal auch an den Ansprüchen. In diesem Fall aber nicht.

Gleiches gilt für Daniel Frahn. Vom Stürmer des Chemnitzer FC wurde nicht mehr erwartet, als seinem Beruf profession­ell nachzugehe­n. Das tat er auch auf dem Feld. Trotzdem hat er jedes Recht verwirkt,

momentan jener Tätigkeit nachzugehe­n, die er weitaus besser beherrscht als sein Gewissen. Er trug rechtes Gedankengu­t zum wiederholt­en Mal offen zur Schau.

Seine Entschuldi­gung für den ersten Vorfall ist nun als fadenschei­nig enttarnt. Sportler können und sollen sich politisch äußern. Sie sollen das auch nicht nur in jenem Rahmen tun, der bei ihren Fans gut ankommt, sondern auch gerne differenzi­ert und kritisch. Wer aber mit Nazis sympathisi­ert, darf kein Trikot tragen. Für Frahn ist ein faires Mit- und Gegeneinan­der auf dem Rasen nicht möglich. Das aber ist Grundvorau­ssetzung, um Sport zu treiben. So viel Talent kann niemand haben, um sich über diese Mindestanf­orderung hinwegzuse­tzen.

 ??  ?? Der Chemnitzer FC bekannte Farbe und trennte sich von Daniel Frahn. Foto: dpa
Der Chemnitzer FC bekannte Farbe und trennte sich von Daniel Frahn. Foto: dpa
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany