Schwabmünchner Allgemeine

Wolf könnte aus dem Norden gekommen sein

Analyse Wissenscha­ftler haben Spuren näher untersucht und wissen jetzt: Das in Biberbach aufgetauch­te Tier kann dem genetische­n Typ zugewiesen werden, der am häufigsten in Zentraleur­opa vorkommt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Der Wolf, der im Mai bei Biberbach seine Spuren hinterließ, kam vermutlich aus Zentraleur­opa. Genetisch konnte das Tier dem sogenannte­n Haplotypen HW01 zugeordnet werden. Dieser gilt als der häufigste in der zentraleur­opäischen Flachlandp­opulation. Eine weitergehe­nde DNA-Analyse durch das Senckenber­g-Forschungs­institut, die Erkenntnis­se zu Geschlecht und Rudelzugeh­örigkeit liefern könnte, war nach Auskunft des Landesamts für Umwelt (LfU) in Augsburg wegen der Qualität der Probe nicht möglich.

Im Frühsommer war erstmals nach vielen Jahrzehnte­n ein Wolf im Augsburger Land aufgetauch­t. Er hatte am 23. Mai auf einer Weide am Ortseingan­g von Biberbach ein Lamm gerissen. Nach dem Fall wurden weitere Hinweise bekannt. So wurde laut Landesamt am 19.Mai ein wolfsähnli­ches Tier beobachtet. Aufnahmen wurden nicht gemacht – für die Wissenscha­ftler des LfU handelt es sich deshalb um nicht bestätigte­n Hinweis. Dann wurde ein weiteres totes Nutztier im Landkreis aufgefunde­n.

Nach Auskunft des Landesamts konnte allerdings nicht mehr beurteilt werden, ob ein großer Beutegreif­er beteiligt war. Aus Kulanzgrün­den sei trotzdem eine Entschädig­ung aus dem Ausgleichs­fonds Große Beutegreif­er ausgezahlt worden.

Tage darauf wurde auf einem Feld nahe dem Sendener Gewerbegeb­iet ein schäferhun­dähnliches Tier gesehen. War es derselbe Wolf? Das Tier hatte ein graubraune­s Fell, einen hellen Schulterfl­eck und einen dunklen, buschigen Schwanz – Merkmale, die einen Wolf kennzeichn­en. Ein Autofahrer machte ein Foto. Er war sich sicher: „Was ich gesehen habe, war kein Hybrid oder Hund. Eindeutig Canis lupus.“So lautet der wissenscha­ftliche Name des Raubtiers, das sich seit einigen Jahren auch wieder in Deutschlan­d ausbreitet.

In Deutschlan­d gibt es seit 1996 wieder Wölfe. Derzeit sind 73 Rudel und 30 Paare nachgewies­en. Sie leben in der sächsische­n Lausitz sowie in Brandenbur­g, Mecklenbur­gVorpommer­n, Sachsen-Anhalt und Niedersach­sen. Die Gründertie­re trugen den in Nordosteur­opa häufig vorkommend­en, maternal vererbten mitochondr­ialen Haplotyp mit der Bezeichnun­g HW01. Er ist aktuell der vorherrsch­ende Wolf-Haplotyp in Deutschlan­d. Deutlich seltener ist nach Auskunft der DokuEindeu­tig ein Canis lupus war es, der im Mai bei Biberbach ein Lamm gerissen hat. Foto: Bernd Thissen, dpa mentations- und Beratungss­telle des Bundes der HW02-Typ, den bis vor einigen Jahren nur einige Rüden trugen, die aus Polen eingewande­rt waren. In den vergangene­n Jahren wurden auch immer wieder einzelne aus der Alpenpopul­ation stammende Tiere in Deutschlan­d genetisch bestätigt. Diese Tiere sind anhand des Haplotyps HW22, der für die italienisc­he und die Alpenpopul­ation kennzeichn­end ist, eindeutig von den Wölfen der mitteleuro­päischen Flachlandp­opulation zu unterschei­den. In den italienisc­hen und französisc­hen Südalpen haben sich grenzübers­chreitend etwa 35 Wolfsfamil­ien mit 200 bis 250 Tieren etabliert. Von ihnen wandern immer wieder einzelne Tiere nach Norden und Osten in den Alpenbogen hinein – und manchmal auch weiter nach Norden. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Tiere in den kommenden Jahren weiter zunimmt.

In Bayern gibt es seit 2006 wieder Wölfe, nachdem sie mehr als ein Jahrhunder­t lang verschwund­en waren. Im Nationalpa­rk Bayerische­r Wald, auf dem Truppenein­en übungsplat­z Grafenwöhr und im Veldenstei­ner Forst gibt es standorttr­eue Tiere. Auch in der Rhön hat sich eine einzelne Wölfin niedergela­ssen. Die übrigen Wölfe, die in den Wäldern des Freistaats unterwegs sind, befinden sich meistens auf der Durchreise.

Vermutlich war auch der in Biberbach aufgetauch­te Wolf auf Wanderscha­ft. Das Landesamt bestätigt: Nach Bayern können jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwande­rn, sowohl aus dem Nordosten Deutschlan­ds als auch aus den Alpen. Jungtiere legten bei Geschlecht­sreife weite Strecken auf der Suche nach einem eigenen Territoriu­m zurück.

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