Im Land der extremen Gegensätze
Leichtathletik Der Diedorfer Fabio Kammler trainiert und studiert in Kalifornien
Diedorf/Davis Auf den offiziellen Fotos im blütenweißen Trikot der University of California Davis hat Fabio Kammler eine gewisse Ähnlichkeit mit Armin Hary. Als erstem Sprinter gelang es dem zweifachen Olympiasieger und Europameister 1958, die 100 Meter in 10,0 Sekunden zu laufen. Handgestoppt und auf der Aschenbahn. „Wenn ich jetzt noch so schnell laufen würde“, lacht Fabio Kammler angesichts dieses Vergleiches. Die vergangenen zwei Jahre waren für den 22-Jährigen eher enttäuschend. Nach zwei Muskelrissen im Oberschenkel, die vielleicht nicht ideal behandelt worden sind, kam er noch nicht wieder so richtig auf Touren. Auch mit seinem Trainer, dem Chefcoach der amerikanischen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in London, passte es nicht so wirklich.
Trotzdem will der Diedorfer, der während seiner Heimataufenthalte nach wie vor für die SpVgg Auerbach-Streitheim an den Start geht und zuletzt den bayerischen Meistertitel über 100 Meter gewonnen hat, die bisherigen drei Jahre in den USA nicht missen. „Das hat mich extrem weiter gebracht. Ich wurde ins kalte Wasser geworfen und habe plötzlich für mich selbst sorgen müssen“, sagt Kammler zum Wechsel in ein fremdes Land, mit anderen Sprache und einer anderen Kultur.
Was ihm in Amerika am besten gefällt, ist die Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft der Menschen. „Jeder ist bemüht, das Leben so einfach wie möglich zu machen.“Sportlich wird an den Universitäten sehr professionell gearbeitet. Vor allem, was das Team um das Team betreffe: „Es gibt sogar eigene Psychologen und Teamärzte. Wir können uns wirklich auf das Wesentliche konzentrieren.“Zum Beispiel auf das Training und das Lernen. Kammler studiert Managerial Economics („Betriebswirtschaft, nur etwas technischer.“) und Kommunikationswissenschaften. „Ich habe mich sportlich und finanziell verbessert“, lacht der Modellathlet. Da er an der University of California in Davis bei Sacramento ein Vollstipendium hat, wohnt er privat mit zwei Kommilitonen in einer eigenen Wohnung. Die Sportler an den Universitäten erhalten keine monetäre Bezahlung, erhalten aber zweckgebundene Zuschüsse für Studiengebühren, Wohnen und Essen. In Kansas City hatte er sich mit einem Kollegen im Studentenwohnheim noch ein Zimmer geteilt. „Mit Etagendusche.“
Stressig sei der Tag jedoch sowohl in Missouri als auch im sonnigen Kalifornien. Uni, Physiotherapie, Essen, Training, Physio, Uni, Lernen und Hausaufgaben – so sieht der Tagesablauf aus. „Da ist man von acht bis acht beschäftigt. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für wilde Partys“, sagt Kammler mit einem Lächeln im Gesicht.
Probleme hatte der junge Deutsche anfangs mit den Reisestrapazen, da zu den Wettkämpfen meist geflogen wird. Auch das amerikanische Essen verursachte ihm Probleme: „Natürlich kann man in Amerika billig und viel essen, aber es ist extrem schwer, sich zu einem angemessenen Preis gesund zu ernähren.“In Kalifornien sei das jetzt allerdings besser. Überhaupt war der Wechsel von Missouri nach Kalifornien nicht nur sportlich und kulinarisch eine Veränderung. Fabio Kammler hat auch hautnah erfahren, welche extremen Gegensätze sich innerhalb Amerikas zeigen: „Das Land und die Gesellschaft sind sehr gespalten und sehr unversöhnlich. Das zieht sich durch alle Bereiche.“Im amerikanischen Bundesstaat Missouri, wo Kammler zunächst für das William-Jewell-College in Kansas City an den Start ging, sind die Menschen sehr konservativ. Er hat dort zu Zeiten der Wahl gelebt. „Ich war mir sicher, dass Donald Trump die Wahl gewinnt. Viele Menschen haben nicht nur für ihn, sondern gegen Hillary Clinton gewählt. Clinton wurde selbst von vielen Frauen nicht gewählt, weil sie eine Frau ist.“Der 22-Jährige glaubt auch, dass der umstrittene amerikanische Präsident wiedergewählt wird. Wohl aber nicht in Kalifornien. „Dort sind die Menschen absolut liberal und deshalb gegen Trump.“
In der Zeit, die Fabio Kammler gerade in seiner Heimat verbringt, will er sich nicht nur an seiner Leibspeise Ente mit Blaukraut, Spätzle und Knödel von seiner Mama gütlich tun, er will auch ein Heimspiel des FC Augsburg sehen. Er war auch schon im Rosenaustadion präsent, als noch in der 2. Liga gekickt wurde. Der Leichtathlet hat nämlich eine fußballerische Vergangenheit. „Ich habe elf Jahre beim TSV Diedorf und beim SSV Anhausen gespielt und einmal sogar in einem Spiel gegen den FCA das Führungstor geschossen. Da haben die noch nicht gewusst, wie schnell ich bin“, plaudert er aus dem Nähkästchen.
Bevor es zurück über den großen Teich geht, fällt das Fazit nach drei Jahren in Amerika durchaus positiv aus. „Aber wenn man die Chance hat, ins Ausland zu gehen, sollte man sie nutzen. Ich habe ganz viele Erfahrungen gemacht und viel gelernt – auch über mich selbst. Ich hatte aber auch das Glück, finanziell abgesichert zu sein.“