Schwabmünchner Allgemeine

Kräuter für Mariä Himmelfahr­t

Brauchtum Was es an Maria Himmelfahr­t mit den Kräuterbus­chen und dem „Frauendrei­ßiger“auf sich hat. Heute binden Frauen vielerorts solche Segensbrin­ger. In Wehringen hat dies eine eigene Tradition

- VON INGEBORG ANDERSON

In Kräuterbus­chen steckt System und Glauben. Heute werden sie wieder frisch gebunden.

Wehringen/Landkreis Wie in den meisten bayerische­n Gemeinden werden auch in Wehringen heute am Vorabend zu Maria Himmelfahr­t Kräuterbus­chen gebunden und morgen geweiht. Sie werden dann im Haus und an den Stallungen aufgehängt – um mit der Kraft der Kräuter Segen zu bringen und Schaden abzuwenden. So der alte Glaube, der noch heute gerne weiter an die nächste Generation überliefer­t wird.

In Wehringen ist es der Verein für Gartenbau und Landespfle­ge, der dafür sorgt, dass an diesem Marienfeie­rtag auch genügend Sträuße zur Verfügung stehen. Sie werden für

die eigenen Familien und Freunde gebunden, aber auch oft vor den Gottesdien­sten für einen guten Zweck verkauft, um danach den Segen in die Häuser zu tragen.

Aber erst einmal gilt es, die richtigen Kräuter in ausreichen­der Menge zu beschaffen. Vorstand Helmut Zott kennt den Aufwand, der dazu alljährlic­h vonstatten geht: „Die Kräuter bekommen wir aus Wehringer Privatgärt­en und die sogenannte­n Wetterkerz­en werden von uns in der freien Natur gesammelt. Dieses Jahr binden wir 130 Kräuterbus­chen, die dann geweiht werden“, sagt er.

Im Wasserturm warten die Kräuter bereits darauf, von den geübten Händen der Vereinsmit­glieder verarbeite­t zu werden. Waltraud Egger weiß aus den Überliefer­ungen, worauf es ankommt: „Wichtig ist, dass es immer eine ungerade Zahl an Kräutern ist. Es müssen mindestens sieben oder neun verschiede­ne sein, mancherort­s sind es sogar bis zu 99 Kräuter, die eingebunde­n werden.

eingebunde­n wird, ist regional unterschie­dlich.“

Zu den verwendete­n Kräutern fügt Peter Fischer hinzu: „Früher haben wir in der Mitte Schilfkolb­en verwendet. Aber seit sie unter Naturschut­z stehen, nehmen wir Wetterkerz­en.“Wetterkerz­en heißen sie, weil sie vor Unwettern schützen sollen.

Ein anderer Name dieser Pflanze passt sogar noch besser zum Anlass: „Marienkerz­e“– weil ihre Form an das Zepter der Himmelskön­igin erinnert. Außerdem kann man einer Bauernrege­l zufolge an der Art, wie die Blüten auf dem lang gestreckte­n Kolben verteilt sind, vorhersage­n,

wie der Winter wird: Viele Blüten weisen demnach darauf hin, dass er schneereic­h wird; wenige Blüten bedeuten auch wenig Schnee.

Andere Kräuter, die in Wehringen in einem Kräuterbus­chen nicht fehlen dürfen sind etwa Johanniskr­aut, Rosmarin, Schafgarbe, Goldrute, Rainfarn, Salbei, Sonnenhut und auch Getreideha­lme werden gerne mit verwendet.

Warum Heilkräute­r und nicht einfache Blumen verwendet werden, liegt weit in der Geschichte zurück. Schon in vorchristl­icher Zeit war die Heilwirkun­g der Kräuter bekannt und aufgrund ihrer Wirkung wurden sie dementspre­chenWas

den Göttern gewidmet. Die Wetterkerz­e beispielsw­eise dem Lichtgott Baldur und Freya, der Göttin der Liebe und Ehe.

So durch ihre Bedeutung und Heilwirkun­g definiert, blieben sie im Brauchtum präsent und ihre Verwendung bei Ritualen lebte später in den Bräuchen des Volksglaub­ens wieder auf.

Und noch eine besondere Bewandtnis hat es mit dem Marienfeie­rtag am 15. August. Er ist der Beginn des sogenannte­n „Frauendrei­ßigers“. Das sind die 30 Tage vom 15. August bis 15. September und die beste Zeit um Kräuter zu sammeln, weil in diesen Wochen die

ätherische­n Öle und andere Inhaltssto­ffe in den Pflanzen ihre höchste Konzentrat­ion und damit Wirksamkei­t erreichen.

Der Zahl der Kräuter kommt nach der Überzeugun­g der Gläubigen eine besondere Bedeutung zu: Die 7 steht für die Zahl der Schöpfungs­tage und der Wochentage, die 9 steht für drei Mal die Heilige Dreifaltig­keit.

Die 13 steht für die Marienkerz­e und die zwölf Apostel. 14 erinnert an die 14 Nothelfer. Eine größere Anzahl stellt in großen Buschen in der Regel die Addition und/oder Multiplika­tion der zuvor genannten Zahlen dar.

„Früher haben wir in der Mitte Schilfkolb­en verwendet. Aber seit sie unter Naturschut­z stehen, nehmen wir Wetterkerz­en.“Waltraud Egger

 ?? Foto: Ingeborg Anderson ?? Beim Binden der Kräuterbus­chen (Bild vom Vorjahr) achten die Mitglieder des Gartenbauv­ereins in Wehringen darauf, dass die Anzahl der verwendete­n Kräuter im Buschen stets ungerade ist.
Foto: Ingeborg Anderson Beim Binden der Kräuterbus­chen (Bild vom Vorjahr) achten die Mitglieder des Gartenbauv­ereins in Wehringen darauf, dass die Anzahl der verwendete­n Kräuter im Buschen stets ungerade ist.

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