Richtig fotografieren will gelernt sein
Ratgeber Fast alle knipsen heute mit dem Smartphone. Doch wer höhere Ansprüche an seine Bilder stellt, kommt nicht ohne Fachwissen aus
Viele moderne Smartphones haben recht gute Kameras. Das reicht für schöne Schnappschüsse. Wer mehr Ansprüche an die Fotoqualität stellt und mehr Möglichkeiten für Aufnahmen möchte, kommt aber weiterhin nicht um Spiegelreflex- oder Systemkameras mit Wechselobjektiven herum. Doch der Umgang mit ihren vielen Optionen will gelernt und vor allem trainiert sein.
Eine Frage, die sich viele Hobbyfotografen zu Beginn stellen, lautet: manueller Modus oder Automatik? „Generell sind die aktuellen Kameramodelle stark im Automatikmodus“, erklärt Fotografin und Trainerin Alexandra Evang. Für einen blutigen Anfänger sei diese Einstellung daher auf jeden Fall geeignet.
Denn etwas Anderes ist zunächst wichtiger: „Es geht erst einmal darum, den typischen fotografischen Blick zu bekommen“, sagt Jan Becker von der Computer Bild.
Auf Dauer sollte der Anspruch aber sein, selbst die Einstellungen vorzunehmen. Weg vom „Knipsen im Automatikmodus“hin zum „bewussten Fotografieren“, so formuliert es Fotograf Manuel Oyen, der Workshops für Anfänger gibt. Er meint: Die Entscheidung, was korrekt belichtet oder was scharf werden soll, sollte man nicht der Kamera überlassen. Dafür muss man bereit sein, sich die Grundlagen zu erarbeiten und einzuüben. Hier helfen Video-Anleitungen im Netz ebenso wie Bücher oder Workshops. Dabei geht es etwa um Themen wie Belichtungsoder Verschlusszeit, Blende, Motivauswahl, Komposition und Bildaufbau.
Mit Hilfe der Belichtungszeit lassen sich Motive einfrieren oder Bewegungen darstellen. Je offener die Blende, desto mehr Licht fällt ins
Bild. So kann der Fotograf gleichzeitig die Tiefenschärfe beeinflussen. Eine größere Blendenzahl ist eher für Landschaftsaufnahmen geeignet, bei Porträts wählt man eine kleinere Zahl, also eine offenere Blende – damit steht das Gesicht im Fokus, der Hintergrund verschwimmt.
Das Scharfstellen überlässt man besser der Kamera-Automatik (Autofokus), meint Evang. Wer sich mit seinem Gerät aber schon gut auskennt, dem rät Becker, den Fokuspunkt manuell dorthin zu setzen, wo man ihn haben will.
Bei der Motivwahl gilt die Regel: Lieber kleiner denken und nicht alles in eine Aufnahme packen wollen, erklärt Evang. „Wichtiger sind die Emotionen.“Oyen regt an, beim Fotografieren durch den Sucher und nicht auf das Display zu schauen. „Man setzt sich intensiver mit dem Moment auseinander“, meint er. Bei Landschaftsaufnahmen lohnt es sich, Bezugspunkte mit ins Bild einzubeziehen, um die Tiefe und Dimensionen einzufangen – und auf den sogenannten Goldenen Schnitt zu achten. Hier ist das Hauptmotiv nicht mittig, sondern im rechten oder linken Drittel des Bildes platziert. Diese Herangehensweise kann auch bei Porträts sinnvoll sein, bei denen der Mensch sonst oft intuitiv in die Mitte gestellt wird.
Bei Tieren oder Kindern begibt man sich am besten auf Augenhöhe. Damit wirken Proportionen echt, die Beine werden nicht abgeschnitten. Und warum nicht auch mal die Perspektive wechseln und ein Motiv aus der Bauchlage, kniend oder aus ein paar Metern mehr Entfernung aufnehmen? Fotografie lebt vom Experimentieren.
Bernadette Winter, dpa