Visionen statt Flickenteppiche
Wer Alternativen zum Auto fördern will , muss groß denken. Das fängt schon mit Rad-Wegweisern an
ja auch nicht nur das nächste Dorf und die nächste Ausfahrt beschildert. Doch beim Radverkehr fehlt nicht selten ein wenig Weitsicht.
Denn nicht nur bei Wegweisern bemerkt man den engen Horizont. Redet man mit den politischen Parteien, so wollen diese in der Mehrheit etwas für die Radfahrer tun: Während der Radlwoche fuhr so gut wie jede Stadtratsfraktion mit potenziellen Wählern „Problemstellen“ab. Aber da liegt der Hund begraben: Es braucht eine Stadtvision statt eines Flickenteppichs für erkannte Problemstellen.
Die Frage sollte sein: Wie wollen wir in 20 Jahren in Augsburg leben? Wie wollen wir mobil sein, und welche Verkehrsmittel benöti- gen wir dafür überhaupt? Wie bekommen wir Schulwege generell so sicher, dass Muttis und Vatis ihr SUV stehen und das Kind wieder laufen lassen? Wie können wir für Augsburgs Zielverkehr, also jenem Verkehr, der zu uns führt, Alternativen zum Auto anbieten? Wie können wir den Quellverkehr – also jenem von Augsburg weg – reduzieren? Die Verkehrswende ist eben nicht nur Radwege malen: Wenn man es Firmen schmackhaft macht, Niederlassungen in Augsburg zu eröffnen, statt ihre Angestellten täglich in die Fotos: A. Kaya, Wolfgang Sellmeier, Anne Wall Landeshauptstadt pendeln zu lassen, so kann man Augsburg gleich auf mehrere Weise beleben. Man verringert Verkehr, schafft Platz für mehr Lebensqualität und nimmt dabei noch Gewerbesteuern ein, welche man wiederum sinnvoll einsetzen könnte, um die Augsburger Infrastruktur weiter für die Zukunft fit zu machen. Man müsste nur über den Tellerrand hinaussehen, Visionen definieren und diese den Bürgern näher bringen. Wegweiser könnten dies auch. Ich meine über den Tellerrand hinausblicken. Einfach mal „Bad Wörishofen“anschreiben, statt nur „Inningen“. Und wenn man schon dabei ist, könnte man die Wegweiser je nach Untergrund farblich unterscheiden. Denn aktuell weiß man auf den beschilderten Routen nie, ob der Weg nach der nächsten Kurve im groben Schotter weitergeht.
Grün gibt es ja schon, also nehmen wir das doch einfach für die Wege, auf denen man mit jeder Wegbeschaffenheit rechnen muss. Eine zusätzliche Farbe – sagen wir blau – könnte dann noch Asphalt versprechen. Dann brauche ich nicht mal einen Radschnellweg. Aber wenn es einen gäbe, zum Beispiel nach München, dann würde ich vielleicht sogar für den Job pendeln. Aber jetzt biege ich erst einmal nach rechts, Richtung Kraftisried, und fahre weiter nach Kempten. Schließlich habe ich Urlaub und den Kindern dort ein leckeres Eis versprochen.
Sven Külpmann, 36, ist Vater von zwei Kindern und lebt seit 14 Jahren autofrei.
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