Schwabmünchner Allgemeine

Hartgesott­ener Ermittler zu Gast bei der Weinlese

Veranstalt­ung Anna Biedermann liest in Graben einen „hard-boiled“Krimi – am Ende gibt es eine Rotweinbom­be

- VON PETRA MANZ

Graben Mit lockerem Jazz wurden die fast 100 Gäste zur 35. WeinleseVe­ranstaltun­g im Gräbinger Büchereibi­stro begrüßt. Die Band A n’D Sharp Trio & Friends mit Hebbe Heim, Andi Scharf, Vicky Konrad, Wolfi Weber, Heiner Lehmann und der Stimme von Special Guest Sabine Olbing umspielte die Weinverkos­tung des Abends. Kulinarisc­h mit einer exquisiten fruchtgarn­ierten Käseplatte unterlegt und kulturell mit Literatur überbaut, dem Motto von Jean Paul folgend: „Der Wein wirkt verstärken­d auf den Geisteszus­tand, den er vorfindet“, konnte es zweifelsoh­ne nur heiter werden in den kommenden Stunden.

Gäste hatten schon den Sauvignon Blanc auf dem Tisch, und die Gaumen versuchten das Aroma von Gras, Kräutern, Stachelbee­ren und grünen Früchten zu erspüren, als Anna Biedermann das erste Kapitel des Vorlesever­gnügens an diesem Abend begann. Der von Andreas Scharf ausgesucht­e Roman „Das Schlangenm­aul“des Autors Jörg Fauser (1944–1987) ist dem Genre der „hard-boiled“Kriminalro­mane zuzuordnen. Hauptprota­gonist der Story, Heinz Harder, seines Namens „Bergungsex­perte für außergewöh­nliche Fälle“, entspricht dem „hartgesott­enen“einzelgäng­erischen Ermittler, ein abgebrannt­er Journalist, der bei seinem ersten Fall, die Suche nach der 18-jährigen Tochter der reichen und schönen Nora SchäferSch­eunemann, in das West-Berliner Finanz- und Politikmil­ieu der 80erJahre eintaucht. Vorleserin Biedermann zeigte ihr Talent, sich in Person und Situation so einzufühle­n, dass Dialoge wie das Gespräch Harders mit dem Steuerfahn­der Wiglaff oder die Unterhaltu­ng beim Besuch Harders beim kranken Paul Scheuneman­n, Vater des verschwund­enen Mädchens, das Publikum einfingen.

Je weiter der Abend fortschrit­t umso kräftiger in Farbe und Prozentgeh­alt waren die verkostete­n Weine, was die Gäste sichtlich beschwingt­e und die Gespräche an den Tischen in immer heiterere Bahnen lenkte. Mit der „Bombe des Abends“, so Moderator Scharf, eiDie nem 15 Prozent starken Rotwein aus Apulien, kamen würziger Duft von Thymian, Waldpilzen und Erde und kräftig-feuriger Geschmack von Beeren, Pfeffer und Lorbeer in die Weingläser. Gut, dass dazu die letzte Vorleseseq­uenz mit Witz und Leichtigke­it dagegenhie­lt und die Zuhörer weiter erheiterte, als Biedermann profession­ell im Dialog zwischen Harder und seiner Ex-Frau Evelyn in Rolle und Stimme hin- und herwechsel­te und die feinen sarkastisc­hen Spitzen der Geschieden­en abfeuerte. Zu später Stunde gab es unter anderem eine wunderbare Version des französisc­hen Chansons „Les Feuilles Mortes“, das Sabine Olbing, von Heiner Lehmann auf der Gitarre begleitet, einfühlsam vortrug.

 ??  ?? Vorleserin Anna Biedermann schlüpfte in die Rollen der Protagonis­ten und versetzte die Zuhörer ins Geschehen des Kriminalro­mans. Foto: Petra Manz
Vorleserin Anna Biedermann schlüpfte in die Rollen der Protagonis­ten und versetzte die Zuhörer ins Geschehen des Kriminalro­mans. Foto: Petra Manz

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