Wie aus Joghurtbechern Flaschen werden
Recycling Rund 6000 Tonnen Verpackungsmüll stopfen Menschen im Augsburger Land jährlich in den Gelben Sack. Rund ein Drittel wird verbrannt. Ob er wiederverwertet werden kann, hängt auch vom Verhalten der Konsumenten ab
Landkreis Augsburg Wo landen unsere Verpackungen? Diese Frage stellen sich viele Menschen im Landkreis, wenn sie in ihren Gelben Sack Joghurtbecher, Plastiktüten oder auch Metalle wie Tierfutterschalen stopfen – Verpackungen, die womöglich als Schutzhülle für Telefonkabel, Shampooflasche oder als Parkbank wieder in den Alltag der Menschen zurückkehren könnten. Der Weg aber ist lang.
Zweimal im Monat beginnt er vor der Haustür: Dann wird der Gelbe Sack abgeholt. Seit 2013 ist die Firma Kühl dafür zuständig. Mit geschultem Auge prüft ein Mitarbeiter, ob der Inhalt des Sacks sortenrein ist. Das bedeutet, ob sich darin Stoffe befinden, die nicht recycelt werden können. Dazu zählen beispielsweise Baustellenabfälle, Dämmmaterial und Elektroschrott, aber auch achtlos weggeworfene Windeln.
Findet der Mülllader etwas, klebt er eine rote Markierung darauf und lässt den Sack liegen. „Der Besitzer muss den Müll entweder neu sortieren oder ihn am Wertstoffhof entsorgen“, erklärt ein Mülllader während seiner täglichen Tour durch den Landkreis. Richtig sortierte Säcke landen wiederum mit einem gezielten Wurf im Schlund des Müllwagens und werden nach Augsburg gebracht.
Von dort an beginnt der weitere Abschnitt des Recyclingprozesses. Die dualen Systeme bringen die eingesammelten Säcke von den Umschlagplätzen weiter an die Sortieranlagen. Für das Augsburger Land ist Bellandvision aus Pegnitz bei Nürnberg verantwortlich. Die Kommunen schließen Verträge mit einem von acht Unternehmen, die sich je nach Marktanteil den Abfall untereinander aufteilen. An welche Sortieranlage dann der Müll gebracht wird, entscheidet das zuständige duale System. Zum Zuge kommt der günstigste Anbieter – so sieht es das Bundeskartellamt vor.
So kommt es, dass der Verpackungsmüll aus dem Augsburger Land 100 Kilometer entfernt in Eitting, nahe dem Münchner Flughafen, von der Firma Wurzer sortiert wird. Etwa in Feinfraktionen (wie beispielsweise Folien) oder PETFlaschen, Weißblech und weitere Gruppen. Nach der Sortierung werden die Verpackungen recycelt. An dieser Stelle, dem dritten Schritt des Recyclingprozesses, enden die Informationen. Aus „wettbewerblichen Gründen“gibt Wurzer keine weiteren Informationen der Unternehmen heraus.
Was zuvor passiert, lässt sich aber nachvollziehen. Welche Menge der eingesammelten Leichtverpackungen tatsächlich recycelt werden können, hängt von der Qualität des
Rohstoffes und der Sortenreinheit ab. Im Augsburger Land ist Armin Rösch, Leiter für Stoffstrommanagement der Firma Wurzer, für die Sortierung verantwortlich. Er sagt: „Zwischen 65 bis 70 Prozent der Verpackungen aus dem Gelben Sack werden recycelt.“Die restlichen 30 bis 35 Prozent würden verbrannt.
Recycling sei nicht gleich Recycling, erklärt Rösch. Unterschieden werden müsse zwischen drei unterschiedlichen
Land liegt er bei 30 Prozent – wird energetisch verwertet. Der Inhalt dient der Erzeugung von Energie und Wärme oder landet in der Zementindustrie als Ersatzbrennstoff. Ins Ausland verschifft werde der Sortierrest laut Rösch in seinem Unternehmen nicht. Aus dem einfachen Grund, dass in Süddeutschland die Häfen fehlten. Der Aufwand sei zu groß.
Fakt sei aber, dass Verbrennen günstiger ist als Recycling, sagt Carina Peterhansl, Pressesprecherin des dualen Systems Bellandvision und erklärt: „Im Vergleich zur Verbrennung sind für die Herstellung von Rezyklat weitere Prozesse, wie zum Beispiel die getrennte Wertstofferfassung oder die Sortierung der Wertstoffe in einzelne Feinfraktionen notwendig, die Kosten verursachen.“Wichtig sei es deshalb, sagt Professor Wolfgang Rommel vom Umweltinstitut Bifa in Augsburg, bereits beim Design der Verpackungen darauf zu achten, dass diese später recycelbar sind. Verbundmaterialien aus bis zu elf Schichten gehörten nicht dazu.
Es ist aber auch der Verbraucher gefordert, wie viel recycelt werden kann: Noch immer landen rund 30 Prozent Restmüll im Gelben Sack, der den Recyclingprozess unnötig stört. In Landkreisen und Städten wie München, die bislang weder Gelben Sack noch Gelbe Tonne haben, sei die Sortenreinheit des Verpackungsabfalls besser, sagt Rösch von der Firma Wurzer. Er sieht die Bequemlichkeit der Menschen als Ursache. So lande eben auch mal schnell die Windel im Gelben Sack.
Aber auch, wenn der Abfall sortenrein ist, kann nicht alles gleichermaßen wiederverwertet werden. Schlecht recycelbar sind beispielsweise schwarz eingefärbte Kunststoffschalen für Obst. Grund sind die enthaltenen Rußpartikel. „Diese verhindern das Detektieren von Kunststoffen in der Sortieranlage“, erklärt Pressesprecherin Carina Peterhansl. Als Folge werde die Schale nicht richtig erkannt und könne nicht recycelt werden.
Als positives Beispiel für recycelbare Kunststoffe nennt Peterhansl weiße Duschgelflaschen, die komAugsburger
plett aus PE (Polyethen) bestehen. In der Sortierung werde die Flasche sofort erkannt, sagt sie. Das Material gelangt zum Verwerter beziehungsweise Aufbereiter von PE, der daraus ein hochwertiges Rezyklat herstellt. Allerdings auch nicht unendlich oft. Höchstens zweimal könne Plastik wiederverwertet werden, warnt Gerhard Wiedemann, Geschäftsführer des Abfallwirtschaftsverbandes Nordschwaben (AWV). Schon beim Einkauf sollten Kunden das bedenken. Zum Vergleich: Glas kann 50- und Papier 30-mal in den Konsumentenkreis zurückkehren.
Das Thema hat noch eine andere Dimension. Wenn es um die Verpackung geht, ziehen viele Firmen Primärrohstoffe Rezyklaten vor. Einerseits aus optischen Gründen: Recycelte Stoffe erscheinen oftmals gräulich und nicht mehr so schön. Andererseits seien hochwertige Rezyklate noch immer teurer als Primärkunststoffe, sagt Peterhansl. Für Hersteller sei es teilweise eine ökonomische Entscheidung, auf Recyclingkunststoffe zu verzichten.