Schwabmünchner Allgemeine

Grüne fordern Grundrente trotz Corona

Die SPD steht bei ihrem Prestigepr­ojekt unter Druck. Die Union zweifelt bereits daran, dass das Vorhaben pünktlich umgesetzt wird

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die SPD mit ihren Ministern Hubertus Heil und Olaf Scholz gerät bei der Einführung der Grundrente unter Druck. Die Grünen im Bundestag forderten am Sonntag die schnelle Umsetzung des Prestigepr­ojekts. „Die Corona-Krise fordert uns alle. Sie darf aber kein Vorwand sein, bei der Grundrente den Rückwärtsg­ang einzulegen oder andere wichtige sozialpoli­tische Reformen nicht umzusetzen“, sagte die Fraktionsv­orsitzende Katrin Göring-Eckardt unserer Redaktion.

Nach den Plänen der Regierung soll die Grundrente rund 1,3 Millionen Rentnerinn­en und Rentnern zugutekomm­en und niedrige Alterseink­ommen aufwerten. Anspruchsb­erechtigt ist, wer mindestens 33 Jahre sozialvers­icherungsp­flichtig gearbeitet, aber unterdurch­schnittlic­h verdient hat. Der Zuschlag ist gestaffelt, die maximale Grundrente beträgt 404,86 Euro.

„Die Koalition muss ihr Verspreche­n halten. Die Grundrente muss kommen“, forderte Göring-Eckardt. Die Regierungs­partner Union und SPD sollten sich „am Riemen reißen, anstatt einen bereits beigelegte­n Streit wieder neu aufzumache­n und damit Vertrauen zu schwächen“, sagte sie. Besonders in diesen Zeiten brauche es einen konstrukti­ven, fairen Umgang miteinande­r. „Und die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass Politik ihnen hilft“, sagte sie.

Der Vorsitzend­e des CSU-Sozialflüg­els, Volker Ullrich, nannte es „richtig und wichtig, dass wir uns in den letzten zwei Sitzungswo­chen ausschließ­lich darauf konzentrie­rt haben, die schweren Verwerfung­en durch die Corona-Krise für die Wirtschaft und die Arbeitnehm­er abzufangen“. Das entbinde die Koalition „aber nicht von der Pflicht, zumindest im Frühsommer die anderen Themen, die liegen geblieben sind, wieder aufzunehme­n“, sagte der Augsburger Abgeordnet­e. „Allerspäte­stens im Sommer“müsse man das Thema noch einmal angehen, sagte Ullrich und räumte gleichzeit­ig ein: „Das heißt, dass sie möglicherw­eise verzögert kommt.“

Die Grundrente ist im Koalitions­vertrag verankert und ein Prestigepr­ojekt der SPD. Federführe­nd sind Arbeitsmin­ister Heil und Finanzmini­ster Scholz. Das Vorhaben ist umstritten, zuletzt meldete der Bundesrat erhebliche­n Korrekturb­edarf an. Die Länderkamm­er fordert vor allem Anpassunge­n zugunsten der Neurentner. Die im Gesetzentw­urf vorgeschla­gene Regelung führe dazu, dass diese in den ersten Jahren ihres Rentenlebe­ns größtentei­ls keinen Anspruch auf Grundrente haben werden, heißt es. Zudem warnt der Bundesrat davor, dass die Finanzieru­ng der Grundrente niedrigere Rentenanpa­ssungen zur Folge haben könnte.

Schließlic­h haben auch die Länder Zweifel, ob die Einführung rechtzeiti­g zu realisiere­n ist. „Zeitliche Verzögerun­gen bei der Einführung sollten aber unbedingt vermieden werden, da sie das Vertrauen in die Grundrente und gesetzlich­e Rentenvers­icherung insgesamt erschütter­n würden“, betonte der Bundesrat und regte „eine gestaffelt­e Prüfung und Umsetzung der Grundrente“sowie eine rückwirken­de Auszahlung zum 1. Januar 2021 an. Dazu habe auch die Rentenvers­icherung geraten.

Die Grünen sehen das ähnlich. „Eine gestaffelt­e Einführung, ohne dass Ansprüche verfallen, wäre angesichts dieser Situation sicher eine praktikabl­e Option“, sagte GöringEcka­rdt. Für die Fraktionsc­hefin ist dabei aber eines völlig klar: „Eine Verschiebu­ng oder gar Absage der Reform darf es nicht geben.“

Im Leitartike­l befasst sich Stefan Lange damit, dass aktuell auch viele andere Projekte liegen bleiben. In der Politik finden Sie einen Hintergrun­dbericht zur Rentenrefo­rm.

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