Eine Frau regiert jetzt Augsburg
Eva Weber siegt für die CSU. Überraschung in Ingolstadt
Augsburg/Kempten So eine Wahl hat es in Deutschland noch nie gegeben. Bei den rund 750 kommunalen Stichwahlen in Bayern konnten am Sonntag Millionen Menschen ausschließlich per Briefwahl abstimmen. Und der Corona-Krise zum Trotz war die Wahlbeteiligung vielerorts sogar höher als in der ersten Runde vor zwei Wochen. Ein amtliches Endergebnis liegt in einigen Kommunen erst am Montag vor, die Resultate waren aber zumeist so klar, dass eine Veränderung über Nacht ausgeschlossen ist.
So gewann die CSU-Politikerin Eva Weber in Augsburg deutlich gegen ihren SPD-Kontrahenten Dirk
Wurm. Weber, 42, ist damit die erste Oberbürgermeisterin in der Geschichte Augsburgs. Ihr Vorgänger Kurt Gribl scheidet auf eigenen Wunsch aus. In München behauptet sich der populäre SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter sehr deutlich gegen die CSU-Frau Kristina Frank. Dafür eroberte die CSU unerwartet Bayerns zweitgrößte Stadt, die SPD-Hochburg Nürnberg. Marcus König wird Nachfolger des populären Ulrich Maly.
Zwei schwere Schlappen kassierte die CSU dagegen in Ingolstadt und im Oberallgäu: Das boomende Ingolstadt geht nach 48 Jahren CSU-Regentschaft nun an Christian Scharpf von der SPD. Amtsinhaber Christian Lösel schadete offenbar der Korruptionsskandal um den früheren CSUOB Alfred Lehmann, der erst vor wenigen Monaten verurteilt wurde. Im Landkreis Oberallgäu gab es eine Riesenüberraschung: Der favorisierte und nach dem ersten Wahlgang klar in Führung liegende Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds, Alfons Hörmann, verlor gegen die weithin unbekannte Indra Baier-Müller von den Freien Wählern. Auch der Landkreis Unterallgäu geht an die Freien Wähler. Dort siegte Alex Eder klar.
Die Grünen haben in Bayern ihr selbst gestecktes Ziel, Chefposten in größeren Rathäusern und Landratsämtern zu erobern, verfehlt.
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Augsburg Augsburg wird in den kommenden sechs Jahren weiterhin von der CSU regiert: Eva Weber, 42, hat sich am Sonntag in der Oberbürgermeister-Stichwahl erwartungsgemäß gegen ihren Kontrahenten Dirk Wurm (40, SPD) durchgesetzt. Die Entscheidung fiel mit 62,3 zu 37,7 Prozent. Bereits im ersten Wahlgang lag Weber deutlich vor Wurm. Weber sagte am Sonntagabend, dass die Bewältigung der Corona-Krise die Stadtpolitik womöglich auf Jahre beschäftigen werde und bisherige Überlegungen in den Hintergrund treten lasse. „Wir leben in einer Zeit, für die es keine Blaupausen gibt.“Es werde wichtig sein, an den wirtschaftlichen Erfolg der vergangenen Jahre anzuknüpfen, wenn Corona ausgestanden sei. Nur so sei auch die Stadt in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen.
Weber ist die erste Frau im Amt des Oberbürgermeisters in der Geschichte von Augsburg. Vermutlich habe sich ein Teil der Wähler deshalb bewusst für sie entschieden, zentral seien aber die Kompetenzen, die ein Oberbürgermeister unabhängig vom Geschlecht mitbringt, sagt sie.
Offen ist noch, mit welcher Mehrheit Weber regieren wird. Die CSU ist mit 20 Sitzen im 60-köpfigen Stadtrat zwar stärkste Kraft, ist von einer Mehrheit aber weit entfernt. Weber werden Sympathien für eine Zusammenarbeit mit den Grünen als zweitstärkster Kraft nachgesagt, die in der auslaufenden Periode die CSU-SPD-Koalition als lockerer angebundener Kooperationspartner unterstützten. Für eine Fortführung der schwarz-roten Koalition mit der gerupften SPD reicht es mehrheitsmäßig nicht.
Weber, Tochter des früheren Staatssekretärs Alfons Zeller aus dem Oberallgäu, ist bisher nie als Parteisoldatin aufgefallen. Das Schöne an der Kommunalpolitik sei, dass es nicht nur um Parteilinien gehe, sondern darum, vor Ort gute Lösungen zu finden, sagt sie.
Als die Augsburger CSU vor einem guten Jahr einen neuen Kandidaten brauchte, weil Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) auch für die eigene Partei überraschend eine dritte Kandidatur ausschloss, bot sich Weber als Zweite Bürgermeisterin und Finanzreferentin ohnehin an. Dass sich die CSU angesichts sinkender Zustimmungswerte damals neu erfand – jünger, weiblicher, liberaler –, verbesserte ihre internen Chancen noch.
Inhaltlich spielt das Thema Wirtschaft und Arbeit in ihrem Wahlprogramm eine große Rolle – angesichts der zu erwartenden CoronaFolgen wird es auf der Prioritätenliste noch weiter nach oben rücken.
Bei Dingen wie Verkehrs- oder Klimaschutzpolitik setzt die Augsburger CSU auf einen Kurs des Sowohlals-auch. Es soll mehr Radverkehr geben, aber nicht einseitig zulasten des Autoverkehrs. Das laufende Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs in Augsburg unterstützt die CSU nicht, auch wenn Weber sagt, dass sie für den Unmut von Radlern Verständnis habe. Ihr größtes Anliegen, sagt sie, sei mehr Miteinander und Dialog. „Ich will eine Oberbürgermeisterin für alle sein“, so Weber.
Weber ist verheiratet und hat keine Kinder. Zu Beginn des Wahlkampfs erklärte sie, dass ihr und ihrem Mann dieses Glück nicht vergönnt sei. Sie mache dies öffentlich, um nicht als „durchgeplante Karrierefrau“dazustehen. Seit sechs Jahren ist Weber Bürgermeisterin. Zuvor war die Juristin, die vor elf Jahren zunächst als Verwaltungsmitarbeiterin zur Stadt kam, Wirtschaftsreferentin.
„Will Oberbürgermeisterin für alle sein.“