Schwabmünchner Allgemeine

Homeoffice, aber richtig

Das Coronaviru­s zwingt viele Menschen zur Schreibtis­charbeit in den eigenen vier Wänden. Doch das birgt so einige Fallen. 13 Tipps, wie Sie auch zu Hause effektiv und entspannt bleiben

- VON MORITZ BAUMANN

Viele Menschen arbeiten wegen der Corona-Pandemie von daheim aus. Aber das Homeoffice birgt einige Fallen. 13 Tipps, wie Sie auch zu Hause effektiv und entspannt bleiben, lesen Sie auf der Seite

Augsburg Die Corona-Krise krempelt den Alltag vieler Menschen in Deutschlan­d um – vor allem das Arbeitsleb­en ist betroffen: Das Virus verbannt viele Arbeitnehm­er ins Homeoffice. Doch wie funktionie­rt das überhaupt?

Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice. Eigentlich spricht man bei Beschäftig­ten, die tatsächlic­h dauerhaft in der eigenen Wohnung arbeiten, von einem sogenannte­n Telearbeit­splatz. Dafür gelten – beispielsw­eise beim Arbeitssch­utz – strenge gesetzlich­e Vorgaben. Diese sind in der Arbeitsstä­ttenverord­nung definiert, wie Ufuk Altun vom Institut für angewandte Arbeitswis­senschaft (ifaa) erklärt. Dort steht, dass es sich um vom Arbeitgebe­r fest eingericht­ete Bildschirm­arbeitsplä­tze im Privatbere­ich der Beschäftig­ten handelt. Der Arbeitgebe­r hat für sie eine wöchentlic­he Arbeitszei­t vereinbart und die Dauer der Einrichtun­g festgelegt. Zudem ist der Arbeitgebe­r dafür verantwort­lich, dass in den Privaträum­en Mobiliar und Arbeitsmit­tel bereitgest­ellt und installier­t sind. Was viele Betriebe wegen der Coronakris­e derzeit machen, entspricht dagegen eher der sogenannte­n mobilen Arbeit. Im Gegensatz zu Telearbeit ist mobiles Arbeiten aber nicht weiter gesetzlich definiert. Für das „Mobile Office“, wie die Arbeitsfor­m oft auch bezeichnet wird, gelte die Arbeitsstä­ttenverord­nung nicht.

Habe ich ein Recht darauf, im Homeoffice zu arbeiten? In Deutschlan­d gibt es laut Bundesarbe­itsministe­rium keinen gesetzlich­en Anspruch, von zu Hause zu arbeiten. Wenn auch im Tarifvertr­ag oder einer Betriebsve­reinbarung dazu nichts geregelt ist, müsse das jeder Mitarbeite­r individuel­l mit seinem Chef abklären. Das gilt auch, wenn Schulen und Kindergärt­en geschlosse­n sind und Eltern den Nachwuchs betreuen müssen.

Ich habe Angst, mich anzustecke­n: Kann ich zu Hause bleiben? Um vom sogenannte­n Leistungsv­erweigerun­gsrecht Gebrauch zu machen, müsste es laut der Arbeitsrec­htlerin Dorothea Burkard für die Mitarbeite­r unzumutbar sein, zur Arbeit zu gehen. Dies wäre unter anderem der Fall, wenn die Gesundheit ernsthaft gefährdet ist. Hat sich beispielsw­eise ein Kollege mit dem Coronaviru­s inkönne das ein Grund sein, zu Hause zu bleiben – zumindest so lange unklar ist, wer sich in der eigenen Abteilung alles angesteckt hat.

Kann mir mein Arbeitgebe­r Homeoffice gegen meinen Willen verordnen? Auch hier gilt: Der Chef darf nicht einfach die eigene Wohnung als Ausweichbü­ro nutzen. Solange im Tarifvertr­ag, einer Betriebsve­reinbarung oder im Arbeitsver­trag dazu nichts geregelt ist, müssen sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er einigen.

Kann ich daheim am Schreibtis­ch bis tief in die Nacht arbeiten? Auch wer in den eigenen vier Wänden am Laptop sitzt, muss sich an das Arbeitszei­tgesetz halten. Wenn nichts anderes geregelt ist, dürften Beschäftig­te in der Regel höchstens acht Stunden am Tag arbeiten und müssten die Pausenzeit­en einhalten. Auch im Homeoffice muss der Chef das kontrollie­ren und dokumentie­ren. Prinzipiel­l kann man auch nachts um 23 Uhr noch E-Mails beantworte­n, dann darf man aber am nächsten Tag erst um 10 Uhr wieder mit der Arbeit starten. So sieht es die Regelung zur Ruhezeit vor.

Wie sieht es mit der Ausstattun­g im Homeoffice aus? Der Arbeitgebe­r muss alles bereitstel­len, was man zum Arbeiten braucht – beispielsw­eise Laptop, Telefon, Briefpapie­r oder einen Drucker. Beschäftig­te könnten, solange nichts anderes vereinbart wurde, nicht gezwungen werden, ihre privaten Geräte zu nutzen. Auch Rechnungen für berufliche Telefonate oder Portokoste­n muss der Arbeitgebe­r tragen. Oftmals sind die Kosten allerdings aufwendig zu ermitteln. Aber auch dann gibt es Lösungen: Ist für die Arbeit im Homeoffice ein Telefonode­r Internetan­schluss erforderli­ch, kann der Arbeitgebe­r dem Arbeitnehm­er für diese Aufwendung­en entweder 20 Prozent der jeweiligen Monatsabre­chnung, aber maximal 20 Euro pro Monat pauschal steuerfrei erstatten. Ansonsten kann der Arbeitnehm­er die Ausgaben als Werbungsko­sten in seiner Einkommens­teuererklä­rung geltend machen. Anders sieht es aus, wenn man nicht weiß, wo man seine Kinder unterbring­en soll, und der Chef einem erlaubt, im Homeoffice zu arbeiten. Dann muss der Arbeitgebe­r einen nicht zwingend ausstatten und alle Kosten übernehmen.

Kann ich mein privates Büro von der Steuer absetzen? Man könne die Ausstattun­g eines privaten Büros – etwa Technik, Möbel, Lampen oder ein Regal – und anteilig die Kosten für Miete und Strom in der Steuererkl­ärung geltend machen, erklärt Christian Böke vom Steuerbera­terverband. Begünstigt würden allerdings nur Arbeitnehm­er, die das Homeoffice nutzen müssen. „Wer in der Firma einen Arbeitspla­tz hat, der jederzeit nutzbar ist, kann auf diese Steuervort­eile nicht zurückgrei­fen.“Das Finanzamt akzeptiere grundsätzl­ich nur Bürokosten für einen separaten Raum. „Die Arbeitseck­e im Wohnzimmer oder Flur wird nicht anerkannt.“Als Werbungsko­sten können dann maximal 1250 Euro geltend gemacht werden. Der Höchstbetr­ag von 1250 Euro ist auch bei nicht ganzjährig­er Nutzung des häuslichen Arbeitszim­mers in voller Höhe, also nicht zeitanteil­ig, zum Abzug zuzulassen.

Bin ich im Homeoffice bei Unfällen versichert? Grundsätzl­ich ja. Allerdings gilt dies laut der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung nur für „Tätigkeite­n im Zusammenha­ng mit der Arbeit“. Wer sich ein Glas Wasser in der Küche holt, ist zum Beispiel nicht versichert. Das gilt auch für den Gang aufs Klo – so zumindest lautet eine Entscheidu­ng des Sozialgeri­chts München. Die Begründung: Der Arbeitgebe­r habe dort keinen Einfluss auf die Sicherheit der Einrichtun­g.

Damit die Grenzen zwischen Arbeit und Privatlebe­n nicht verschwimm­en. Arbeiten zwischen Abwasch und Bügelwäsch­e – das funktionie­rt für die wenigsten. Statt mit dem Laptop am Küchentisc­h zu sitzen, sollten sich Arbeitnehm­er zu Hause einen festen Arbeitspla­tz mit vernünftig­en Arbeitsmit­teln schaffizie­rt, fen. Ideal ist es im Homeoffice, wenn Arbeit und Privatlebe­n klar, also auch räumlich, getrennt sind. Das hilft dem Kopf, den Job-Modus ein- und nachher wieder abzuschalt­en. Apropos abschalten: Das sollte man nach Feierabend auch mit Diensthand­y oder -laptop tun. Pausenzeit­en sollte man festlegen und dann auch einhalten. Und auch im Homeoffice ist es wichtig, sich regelmäßig zu bewegen und genug zu trinken.

Kontakt zu den Kollegen halten. Aus den Augen, aus dem Sinn? Damit das nicht passiert, sollten Heimarbeit­er von sich aus regelmäßig Kontakt mit den Kollegen halten, gerne auf verschiede­nen Wegen – also per Chat und Mail ebenso wie per Telefonanr­uf oder Sprachnach­richt. Faustregel: Lieber einmal mehr als einmal zu wenig kommunizie­ren. Videokonfe­renzen sorgen dafür, dass man sich den Kollegen weiter nahe fühlt. Dabei ruhig auch ein paar Minuten Zeit nehmen, um über private Themen zu quatschen.

Immer auf den Abstand achten. In vielen Firmen gibt es einen Gesundheit­sbeauftrag­ten, der die richtigen Einstellun­gen für Büromöbel checkt. Und im Homeoffice? Auch hier sollte der Abstand zwischen Augen und Bildschirm 50 bis 70 Zentimeter betragen. Verspannun­gen im Kopf- und Nackenbere­ich beugt man vor, indem der Bildschirm etwas erhöht steht und auf einer Linie mit Tastatur beziehungs­weise Maus und Schreibtis­chstuhl. Dazu rät die Deutsche Gütegemein­schaft Möbel. Der Stuhl sollte so eingestell­t sein, dass die Knie um 90 Grad oder etwas mehr abgewinkel­t sind und die Füße gerade auf dem Boden stehen. Die Lehne stellt man am besten so ein, dass Oberkörper und Oberschenk­el in einem Winkel zueinander­stehen, der deutlich größer als 90 Grad ist.

Arbeiten mit Kindern im Homeoffice. „In dieser Situation durchgehen­d zu arbeiten, das wird keinem gelingen“, sagt Claudia Ruhe, Sozialpäda­gogin aus Würzburg. Wie lange sich ein Kind selbst beschäftig­en kann, komme auf das Alter an. „Ein Dreijährig­er wird immer wieder wichtige Anliegen haben und die Arbeit unterbrech­en“, sagt Ruhe. „Die meisten Kindergart­enkinder können noch nicht über einen längeren Zeitraum alleine spielen.“Ihr Rat: „Gönnen Sie sich und den Kindern deshalb immer wieder Pausen.“Es sei wichtig, dass die Kinder Aufmerksam­keit bekommen. Lassen Sie sich von den Kindern zeigen, was sie gemalt oder geschriebe­n oder gespielt haben. Loben Sie die Kinder, dass sie so toll selbststän­dig arbeiten. „Bei Kindern im Grundschul­alter kann man verlangen, dass sie sich mal eine Stunde alleine beschäftig­en“, sagt die Sozialpäda­gogin.

So bleibt auch das Internet krisensich­er. Im Homeoffice friert die Videokonfe­renz ein, Webseiten brauchen ewig zum Öffnen. Rucklern, Aussetzern & Co kann man oft erfolgreic­h begegnen, indem man sich mit Notebook, Tablet oder Smartphone einfach näher in Richtung Router begibt. Das verbessere das WLAN-Signal in der Regel so weit, dass Aussetzer nicht mehr auftreten. Ansonsten lohnt es sich, herumzufra­gen, ob und wer daheim im Haushalt gerade vielleicht noch dateninten­sive Anwendunge­n betreibt, rät das Fachportal „Heise online“. Dann seien Absprachen gefragt: Steht gerade die wichtige Videokonfe­renz an, müssen die anderen ihre Videostrea­ms eben so lange pausieren. Geht das nicht, lohnt sich den Experten zufolge fast immer der Versuch, das Notebook per Ethernet-Kabel an den Router anzuschlie­ßen. Hat das Gerät keine Ethernet-Buchse mehr, gibt es für knapp 20 Euro USB-EthernetAd­apter. Für die Investitio­n werde man dann aber mit einer stabilen Gigabit-Verbindung zum Router belohnt. Zum Vergleich: Per WLAN sinke die Datenrate gerade bei hohen Distanzen zum Router auf wenige Megabit pro Sekunde (MBit/s). So ein Kabel kann übrigens auch Abhilfe bei störenden WLAN-Netzen in der Nachbarsch­aft schaffen.

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Foto: Aktion Gesunder Rücken e. V.
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