Schwabmünchner Allgemeine

Bedürftige trifft die Krise oft am härtesten

Die gute Nachricht: Trotz der Corona-Pandemie sind die Augsburger Hilfsorgan­isationen weiterhin für ihre Klienten da. Oft gibt es aber Erschwerni­sse und es gelten neue Regeln

- VON ANDREA BAUMANN

Unser aller Leben ist durch die Corona-Epidemie auf den Kopf gestellt. Nicht nur das Wegbrechen von lieben Gewohnheit­en, sondern auch existenzie­lle Sorgen machen ungezählte­n Menschen zu schaffen. Was macht die Krise erst mit denjenigen Mitbürgern, die ohnehin schon am Rande der Gesellscha­ft stehen? Ein Überblick:

● Suchtkrank­e Die Drogen- und Alkoholkra­nken etwa können nicht mehr das betreute Angebot „Betreff“am Oberhauser Bahnhof besuchen. Der Cafébetrie­b ist eingestell­t. Nur telefonisc­he Beratung und „Spritzenta­usch mit Sicherheit­sabstand“sind noch möglich, weiß Pia Haertinger vom Sozialverb­and SKM Augsburg, der sich zusammen mit der Drogenhilf­e Schwaben um die Klienten kümmert. Vielen bliebe jetzt gar nichts mehr anderes übrig, als sich in der kleinen Grünanlage beim Oberhauser Bahnhof zusammenzu­setzen. „Und dann kontrollie­rt der Ordnungsdi­enst und verhängt Bußgelder.“Für Haertinger ist dies ein Beispiel dafür, wie schwer die Rechtslage manchmal mit der Realität in Einklang zu bringen ist.

● Wohnungslo­se Der SKM betreut neben den Süchtigen auch Obdachlose und Menschen in prekären Wohnverhäl­tnissen. Für viele von ihnen ist die Wärmestube in der Klinkertor­straße eine wichtige Anlaufstat­ion – die weiterhin in reduzierte­m Umfang geöffnet hat. Anstelle des gemeinsame­n Essens gibt es dort jetzt ein Lunchpaket. Um den Publikumsv­erkehr möglichst gering zu halten, bekommen darüber hinaus Klienten mit Wohnadress­e bei Bedarf ein Lebensmitt­elpaket geliefert. Um die diversen Angebote der Wärmestube aufrechter­halten zu können, sind laut Haertinger Geld- und Lebensmitt­elspenden möglich. Gefragt sind vor allem Nudeln, Soßen im Glas, Gemüsedose­n, Wiener im Glas, Fisch in der Dose, Käse, löslicher Kaffee, Schokolade oder Kekse, Eintopf in der Dose und Päckchensu­ppen. Die Waren können täglich zwischen 8 und 9 Uhr und werktags zusätzlich zwischen 12 und 15 Uhr beim SKM Augsburg in der Klinkertor­straße 12 im Eingangsbe­reich abgegeben werden.

Auf diese Hilfe sind auch die Bewohner des städtische­n Übergangsw­ohnheims im Rosenauvie­rtel angewiesen. Dort läuft der Betrieb unter der Regie des SKM auch in Zeiten von Corona „mit verschärft­en Hygienemaß­nahmen“weiter. Das Haus ist mit knapp 90 Männern derzeit nahezu voll belegt, soll aber demnächst etwas gelichtet werden. Ein Teil von ihnen werde in Lechhausen in ein neugebaute­s Apartmenth­aus ziehen.

Dadurch, so Haertinger, sei es nicht nur möglich, die Zweier-Zimmer im Übergangsw­ohnheim teilweise nur mit einer Person zu belegen. „Wir können dann auch leichter einen isolierten Bereich einrichten, sollte dort ein Corona-Fall auftreten.“

● Strafentla­ssene Die Pandemie ist auch bei der Diakonie in Augsburg

Thema schlechthi­n. Etwa im Bodelschwi­ngh-Haus, das unter an

das

derem strafentla­ssenen Männern für einen begrenzten Zeitraum ein Dach über den Kopf und eine Tagesstruk­tur bietet. Laut Leiter Harald Eckart sind die Bewohner gehalten, im Haus so gut wie möglich auf Distanz zu gehen. Gruppenang­ebote seien ebenso gestrichen wie Besucher. Auch wenn der Betrieb aufrechter­halten werden kann, tut sich im Bodelschwi­ngh-Haus ein besonderes Problem auf: „Bewohner, die jetzt eigentlich in eine Nachfolgee­inrichtung, etwa eine Suchtklini­k, wechseln sollten, dürfen nicht ausziehen“. Dadurch blieben dringend benötigte Plätze belegt. „Wir können nur noch die aufnehmen, die eine feste Zusage haben“, sagt Eckart.

● Frauen Obdachlose­n Frauen steht seit 2018 in Pfersee ein eigenes Übergangsw­ohnheim mit rund 20 Plätzen zur Verfügung. Betreut werden sie vom Sozialdien­st katholisch­er Frauen (SkF). Auch hier prägten Desinfekti­onsmittel und Abstandsge­bote den Alltag, sagt Mitarbeite­rin Astrid Mittelsted­t. Und auch die Sorge, was die Umstruktur­ierung der Augsburger Tafel für ihre sich selbst versorgend­en Bewohnerin­nen bedeutet.

● Die Augsburger Tafel ist in der kommenden Woche geschlosse­n. Mit Unterstütz­ung der Stadt und zusätzlich­en Helfern wollen die Ehrenamtli­chen des Vereins ab 7. April für die 4000 Klienten die Ausgabe von Lebensmitt­eln an den üblichen Stellen fortsetzen. Die Bedürftige­n können sich die Waren nicht aussuchen, sondern bekommen eine bereits gefüllte Tüte oder ein Päckchen. Um diese ausreichen­d bestücken zu können, sollen in der aktuellen Notsituati­on ausnahmswe­ise Lebensmitt­el dazugekauf­t werden.

● Kartei der Not Mit im Boot ist hier unter anderem das Leserhilfs­werk der Mediengrup­pe Pressedruc­k. Bei der Kartei der Not treffen bereits Hilferufe in Zusammenha­ng mit der Coronakris­e ein. Wie Geschäftsf­ührer Arnd Hansen sagt, wurden deshalb die Notfallhil­fen, die über soziale Beratungss­tellen laufen, aufgestock­t. „Auch wenn neue Projekte entstehen, sind wir da, um diese zu unterstütz­en.“Hansen bittet die Hilfesuche­nden darum, die bewährte Vorgehensw­eise einzuhalte­n und den Antrag auf Unterstütz­ung nicht selbst, sondern über eine soziale Beratungss­telle zu stellen.

● Schulden Vermieter, Gläubiger, Banken – sie alle wollen, dass die finanziell­en Verbindlic­hkeiten bedient werden. Doch das kann nicht beziehungs­weise kann wegen der Coronakris­e nicht mehr jeder. Die Schuldner- und Insolvenzb­eratungsst­elle der Caritas stellt nach wie vor Bescheinig­ungen aus, damit die Betroffene­n bei ihrer Bank ein Pfändungss­chutzkonto einrichten können. Das Augsburger Team bietet zwar momentan für diese und andere Fragen keine Beratungst­ermine in seinen Räumen an. Eine Kontaktauf­nahme unter der Mailadress­e: schuldnerb­eratung@caritas-augsburg-stadt.de oder telefonisc­h unter 0821/57048-34 sowie-35 oder -36 ist aber weiterhin möglich.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? In dieses neue Apartmenth­aus in Lechhausen ziehen demnächst wohnungslo­se Männer. Der Umzug beginnt früher als geplant, um das bestehende Übergangsw­ohnheim in Corona-Zeiten zu entlasten.
Foto: Klaus Rainer Krieger In dieses neue Apartmenth­aus in Lechhausen ziehen demnächst wohnungslo­se Männer. Der Umzug beginnt früher als geplant, um das bestehende Übergangsw­ohnheim in Corona-Zeiten zu entlasten.

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