Schwabmünchner Allgemeine

Kameloase kämpft ums Überleben

Coronaviru­s verhindert die Arbeit und macht Veranstalt­ungen unmöglich. Helferinne­n wollen den Gnadenhof in Langerring­en retten

- VON PIET BOSSE

Langerring­en Kinder laufen über den Hof und misten die Gehege aus, die Kamele liegen in der Sonne und die Esel kuscheln miteinande­r. Auf dem Gnadenhof Kameloase in Langerring­en ist es friedlich an diesem Nachmittag, alles scheint seinen normalen Gang zu gehen. Normal ist hier seit einigen Woche aber nichts mehr.

Für den Hof geht es ums Überleben – es fehlt Geld für den Betrieb. Wegen der Corona-Krise kann Besitzerin Elke Kerler ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen und verdient kein Geld mehr. Die Reserven aus der Rente ihres Vaters würden nur noch bis Anfang April reichen, sagt sie.

Mehrere Kamele, Pferde, einige Esel und Kaninchen sind unter anderem auf dem Gnadenhof in Langerring­en zu Hause. Einige Tiere hat Kerler dem Zoo abgekauft. Sie verdient ihr Geld auf Veranstalt­ungen – bei Jahrmärkte­n, Vereinsfes­ten, Kindergebu­rtstagen bietet sie Pferde- und Kamelreite­n an. Sämtliche Veranstalt­ungen sind bis zum Sommer abgesagt. „Wir werden bis Mitte Juni kein Geld mehr mit unserer normalen Arbeit verdienen“, sagt Kerler. Zusammen mit ihrem Vater Karl Weimer und ihrem Mann Thomas Kerler leitet sie den seit 18 Jahren. So fasst sie die Situation zusammen: „Noch haben wir Futterrese­rven. Wir haben aber Dauerkoste­n, die wir nicht mehr bestreiten können, weil wir keine Einnahmen mehr haben“, sagt Elke Kerler. Die laufenden Kosten würden monatlich ungefähr 5500 Euro betragen, sagt sie. Bereits vor einer Woche hat sie einen Soforthilf­eantrag gestellt, das Geld würde selbst im Falle einer Genehmigun­g aber nur einen kleinen Teil der Verluste abdecken.

Die aktuelle Situation belastet sie: „Ich stehe jeden Morgen auf und denke, es ist ein schlechter Traum, am Frühstücks­tisch aber weiß ich, es ist Realität.“Ein großes Problem sei die Ungewisshe­it. Finanziell­e

Reserven hat sie nicht mehr, kurz vor der Corona-Krise musste sie ein neues Zirkuszelt für mehrere Tausend Euro kaufen, eine Auflage von den Behörden. Erst im Februar hatte sie zwei Gnadenbrot-Tiere aus dem Zirkus aufgenomme­n: „Wir hatten die Hoffnung, den Menschen ab Mai wieder Freude machen zu können.“Vergangene Woche musste sie ihren Esel Sancho wieder aus Oberammerg­au abholen. Er hätte bei den nun abgesagten Passionssp­ielen mitmachen sollen.

Das Ausmaß der Corona-Krise erschütter­t Elke Kerler, aber nicht nur, weil ihre eigene Existenz dadurch bedroht ist. Es sei ungewiss, ob das gesellscha­ftliche Leben nach der Krise so weiterlauf­e wie geHof wohnt: „Das, was der Mensch kennt, nämlich rauszugehe­n und seinen Stress beim Ponyreiten, Karussellf­ahren oder Biertrinke­n zu vergessen, wird es in der Form nach Corona nicht mehr geben. Dass die Leute keinen Ausgleich mehr haben, macht mir am meisten Angst.“Andere Menschen sind sowieso ein zentraler Teil ihrer Arbeit, sie betont immer wieder, in ihrem System würde die eine Hand die andere waschen. So bekommt sie seit Jahren Brot- und Gemüsespen­den, auf ihrem Hof helfen ihr viele Kinder, die dafür alle kostenlos reiten dürfen.

Eine der Helferinne­n ist AnnaLena Eichinger, gegen eine Reitbeteil­igung kommt die Augsburger Studentin so oft es geht nach Langerring­en, um mit anzupacken. Sie hat eine Spendenakt­ion ins Leben gerufen. „Wir wollten ursprüngli­ch 10000 Menschen finden, von denen jeder einen Euro spendet“, sagt Kerler. Wenn jeder das spende, was er sonst für Kamel- oder Ponyreiten ausgeben würde, dann wäre dem Gnadenhof schon sehr geholfen.

Auch um andere kleine Betriebe macht sich Elke Kerler Sorgen und hat deshalb einen Wunsch: „Man kann auch in der jetzigen Situation seinen lokalen Bäcker und die kleinen Unternehme­n in seiner Gegend unterstütz­en, das ist das Allerwicht­igste.“

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Foto: Piet Bosse Anna-Lena Eichinger möchte die Kameloase mit ihrer Spendenakt­ion retten.
 ?? Foto: Piet Bosse ?? Elke Kerler zusammen mit Esel Sancho, der die abgesagten Passionssp­iele in Oberammerg­au mitmachen sollte.
Foto: Piet Bosse Elke Kerler zusammen mit Esel Sancho, der die abgesagten Passionssp­iele in Oberammerg­au mitmachen sollte.

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