Schwabmünchner Allgemeine

Krise für Kleinunter­nehmer

Viele Betriebe im Augsburger Land sind geschlosse­n. Das bedeutet, sie haben in dieser Zeit kein Einkommen erzielt. Die versproche­nen Staatshilf­en laufen bisher aber nur schleppend an

- VON SÖREN BECKER

Viele kleine Unternehme­n mussten wegen der Coronakris­e zu machen. Weil sie deswegen keinen Einnahmen haben, ist ihre Existenz gefährdet.

Landkreis Augsburg Heike Leyers Nerven liegen blank: „Ohne die mentale Unterstütz­ung meiner Familie würde ich da nicht durchkomme­n“, sagt sie. Sie hat ihren Friseursal­on Heikes Friseurtea­m in Schwabmünc­hen seit dem 20. März geschlosse­n. Bereits vorher sei die Arbeit eine psychische Hochleistu­ng gewesen, weil man die Mindestabs­tände nicht habe einhalten können.

Jetzt gehe es stattdesse­n um Existenzän­gste. „Ich hoffe einfach, dass wir bis zum 20. April wieder aufmachen können“, sagt sie. Sie lebe von persönlich­en Ersparniss­en und Altersvors­orge. Sie hat Hilfen der Staatsregi­erung beantragt, aber noch keine erhalten.

Ein Gutes hat die Situation für Christian Seitz: „Wir hatten einen kleinen Wartungsst­au in der Kneipe. Jetzt wo es nichts zu tun gibt, können wir den abarbeiten“, meint der Wirt der Pilskneipe Heuboden in Zusmarshau­sen. Er hat seit zehn Tagen geschlosse­n. Der Vater zweier Kinder hat in dieser Zeit kein Einkommen gehabt. „Ich kann jetzt viel Zeit mit Frau und Kindern verbringen. Wir streiten uns aber häufig. Die Ungewisshe­it ist eine schwere Situation“, sagt Seitz. Hartz IV hat er schon beantragt. „Bei uns in der Kneipe stand immer das Trinken im Vordergrun­d. Zum Essen hatten wir nur tiefgekühl­te Burger und Pizza. Nach zehn Hellen findet man das vielleicht toll, aber zum Bestellen eher nicht so“, sagt er.

Auch Leonidis Karakostas musste sein griechisch­es Restaurant Limani in Neusäß schließen. Sein anderes Geschäft, eine Waschanlag­e, musste er nach der Verkündung der Ausgehbesc­hränkungen schließen: „Eine Katastroph­e. Die Polizei ist vorbeigeko­mmen und hat uns angewiesen zu schließen“, erzählt Karakostas. Ihm hat die Situation die Laune verdorben: „Als ich erfahren habe, dass wir zumachen müssen, musste ich erst mal alleine sein“, erinnert er sich.

Am 18. März hat Christian Seitz Soforthilf­en des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums bei der Regierung von Schwaben beantragt, die am Tag zuvor von Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (FW) versproche­n wurden. Karakostas hat noch am gleichen Tag um Hilfe gebeten. Beide haben noch kein Geld bekommen. Und das wird wohl noch eine Weile so bleiben: „Die waren überwältig­t. Die Frau am Telefon hat mir gesagt, sie hätten schon 5000 Anträge bekommen. Meiner käme in eine große Kiste und ich käme dran, wenn ich dran komme“, erinnert sich Seitz. Dabei drängt die Zeit: Wenn er bis zum 10. April kein Geld bekommt, müsse er anfangen, Ausrüstung aus dem Restaurant zu verkaufen. Karakostas kann nach eigenen Angaben etwa eine Woche durchhalte­n. Seitz hat bereits eine Reduzierun­g der Stromkoste­n und eine Pachtsenku­ng für seine Kneipe herausgeha­ndelt. Einen Kredit für die Renovierun­g seines Hauses muss er trotzdem bedienen. Die 5000 Euro, die ihm zustünden, würden ihm sechs bis acht Wochen Zeit kaufen, sagt er. Rein statistisc­h gesehen sieht es dunkel aus für Seitz, Karakostas und Leyer. Für die Bewilligun­g der Soforthilf­en sind die Bezirksreg­ierungen zuständig. Nach Angaben des Wirtschaft­sministeri­hatte die Regierung von Schwaben am vergangene­n Mittwoch 19 627 Anträge abzuarbeit­en.

Bei einer durchschni­ttlichen Fördersumm­e von 7500 Euro würde das ein Fördervolu­men von 147,2 Millionen Euro bedeuten. Bereits bewilligt hat man die Auszahlung von 4,8 Millionen Euro. Wenn man die gleiche durchschni­ttliche Summe annimmt, wären das 640 Anträge. In diesem Tempo würde es bis Mitte Oktober dauern bis alle Zahlungen bewilligt sind. Und das nur, wenn keine Neuen eingehen. „Wir machen was wir können. Wir haben schon Personal zusammenge­zogen“, sagt Karl-Heinz Meyer von der Regierung von Schwaben. Es könnten noch einige Wochenends­chichten auf seine Kollegen zukommen: „Wir rechnen damit, dass wir erst den Anfang der wirtschaft­lichen Folgen gesehen haben“, sagt AnnChristi­n Joder von der Stadt Gersthofen. Die Folgen der CoronaKris­e würden in allen Branchen einschlage­n. Von Geschäftss­chließunge­n, über Nachfragee­inbrüche bis hin zu unterbroch­enen Lieferkett­en: „Alle Behörden sind angewiesen, maximale Kulanz zu zeigen“, sagt Joder. Beim Finanzamt habe es bereits eine Reihe von Anträgen auf Stundung von Steuerzahl­ungen gegeben. Ein weiterer Kanal für Hilfen sind die Hausbanken. Dort soll man günstige Kredite bekommen können.

Die LfA Förderbank Bayern und die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au bürgen für 90 Prozent der Zahlungen. „Die Beantragun­g läuft weiterhin nach den üblichen Regeln. Der Kreditnehm­er muss also kreditwüru­ms dig sein“, sagt Richard Fank, der Chef der Kreisspark­asse. Das heißt, er oder sie muss in der Lage sein, den Kredit zurückzube­zahlen. Für Seitz Leyer und Karakostas, die kein Einkommen mehr haben, dürfte es schwer werden, das zu leisten. „Der Staat kann nicht alles verschenke­n. Auch in der Krise muss der Kreditnehm­er ein tragfähige­s Geschäftsm­odell nachweisen“, findet Fank. Wenn zu viele der Kredite ausfielen, bekämen auch die Banken selbst ein Problem. Stand Freitag hat die Kreisspark­asse 300 Anfragen erhalten. Aus 30 davon wurden konkrete Anträge. Kredite kämen nur in Ausnahmefä­llen in Frage. Fank empfiehlt, sich auf die Soforthilf­en der Bayerische­n Landesregi­erung zu verlassen, wenn man nicht kreditwürd­ig ist.

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Foto: Marcus Merk Heike Leyers Nerven liegen blank: Sie hat ihren Friseursal­on in Schwabmünc­hen seit 20. März geschlosse­n.

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