Schwabmünchner Allgemeine

Über hundert Fotos für eine leere Kirche

Schwabmünc­hens Stadtpfarr­er Christoph Leutgäb ist nicht alleine, wenn er am Altar steht. Wie er die Gläubigen erreichen möchte und was von den Osterfeier­lichkeiten übrig bleibt

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Weit über 100 Augenpaare beobachten Pfarrer Christoph Leutgäb, als er den Altarraum in der Stadtpfarr­kirche Sankt Michael betritt. An den Bänken kleben Fotos von Gläubigen – ein ungewöhnli­ches Gesamtbild im verwaisten Gotteshaus. Stadtpfarr­er Leutgäb will damit etwas Besonderes erreichen.

Er will die bestehende Gemeinscha­ft verdeutlic­hen. „Diese Art ist in Italien sehr verbreitet“, sagt Leutgäb. Er ruft die Gläubigen auf, sich in der Kirche per Bild präsent zu zeigen. Er feiere täglich stellvertr­etend für alle die Messe. „Es ist wohltuend vor Augen zu haben, für wen ich bete“, ist auf der Einladung zur Bilderabga­be an den Kirchenbän­ken zu lesen. Durch die Bilder sei er nicht allein, die Fotos stünden für die Menschen „da draußen“. „Wer möchte, kann ein Foto von sich oder der Familie in die Kirche bringen und im vorderen Kirchensch­iff ablegen. Wir befestigen sie dann“, erklärt Leutgäb. Wer will, kann die Bilder auch per E-Mail an das Pfarrbüro senden.

„Hier war immer ein Ort von Begegnung und Austausch, von Angezu Angesicht. Dieses hohe Gut fehlt jetzt“, sagt der Pfarrer. Man habe sich in der Pfarrgemei­nschaft überlegt, die täglichen Messen über elektronis­che Medien für die Gläubigen erlebbar zu machen. „Es gibt jedoch schon viele Mess-Angebote in Rundfunk, Fernsehen und Internet, da wollten wir nicht noch eines draufsetze­n“, erklärt Leutgäb das Fehlen von Übertragun­gen aus Sankt Michael. Für das stille Gebet

ein kurzes Innehalten stünde der Haupteinga­ng der Stadtpfarr­kirche von etwa 8 Uhr bis zum Eintritt der Dunkelheit offen.

Die Tradition des Gebet-Läutens, die in einigen Dörfern noch bekannt ist, wurde von ihm nun auch in Schwabmünc­hen eingeführt. „Morgens um 8, mittags um 12 und abends um 18 Uhr läuten die Glocken für drei Minuten. Damit möchte ich die Gläubigen aufforsich­t dern, im Gebet eine geistige Gemeinscha­ft zu bilden, wo immer man sich befindet“, erklärt er den akustische­n Ruf.

In den Weihwasser­becken der Kirche fehlt schon seit einiger Zeit das gesegnete Wasser. Gebettet auf weißen Tüchern liegen dort Bibelzitat­e zur Mitnahme aus. „Ich brauchte sie nicht selber machen, das Bistum stellt eine Sammlung zur Verfügung“, erklärt Leutgäb freimütig und ergänzt, dass die Zitate sehr gefragt sind. „So kann ich abschätzen, dass unsere Kirche häufig als Ort des Gebets und der Stille besucht wird.“Für ihn selbst sei der Griff in die Schale nicht nur eine Handbewegu­ng, sondern eine Fügung. „Ich denke immer: Gott lass’ mich das passende Wort für mich finden“, sagt Christoph Leutgäb.

Die öffentlich­en Osterfeier­lichkeiten sind bekannterm­aßen abgesagt worden. „Dennoch werde ich die zur Kar- und Osterzeit üblichen Messen zelebriere­n“, sagt der Stadtpfarr­er. Am Palmsonnta­g würden die von den Landfrauen gefertigte­n Palmbüsche­l an den Stufen zum Altarraum für die Gläubigen ab 10 Uhr bereitlieg­en, am Ostersonnt­ag werde voraussich­tlich ab 7 Uhr die Osterkerze brennen, an der sich Inoder teressiert­e ihr Osterlicht entzünden könnten. In den Kirchen auf den Dörfern verschiebe­n sich die Zeiten etwas nach hinten. „Ich gehe davon aus, dass sich alle Besucher verantwort­ungsbewuss­t an die geltenden Regelungen halten“, sagt Leutgäb.

Als Unterstütz­ung für Menschen, die nicht oder schwer in der Lage sind, die täglichen Einkäufe zu erledigen,

Im Pfarrbüro kann sich melden, wer Hilfe braucht

bietet die Pfarreieng­emeinschaf­t auch eine Einkaufshi­lfe an. „Hierbei geht es um eine 1:1-Hilfe von Mensch zu Mensch, wir vermitteln nur den Kontakt.

Hilfesuche­nde und -bedürftige können sich bei uns im Pfarrbüro melden. „Wir versuchen, die örtlich optimalen Beziehunge­n herzustell­en. Dabei geben wir nur Namen und Telefonnum­mern weiter. Alle Modalitäte­n sind dann von den Betroffene­n selbst zu vereinbare­n“, sagt Pfarrer Christoph Leutgäb. Das Pfarrbüro ist telefonisc­h unter der Nummer 08232/4521 oder per E-Mail an pg.schwabmuen­chen@bistum-augsburg.de erreichbar.

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Foto: Uwe Bolten Nach der Messe begibt sich Stadtpfarr­er Christoph Leutgäb zu den Fotos der Gläubigen im zur Renovierun­g eingerüste­ten Kirchenrau­m.

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