Schwabmünchner Allgemeine

Geflüchtet­e nähen Mundschutz

Die Schwabmünc­hner Integratio­nswerkstat­t fertigt Schutzmask­en. Das soll dem Pflegepers­onal helfen

- VON PIET BOSSE

Schwabmünc­hen Schutzmask­en sind Mangelware. Die Schwabmünc­hner Apothekeri­n Dr. Julia Netrval hatte deshalb eine Idee: Anerkannte Flüchtling­e setzen sich an die Nähmaschin­e und stellen die Masken her. Positiver Nebeneffek­t: Die Aktion bietet Geflüchtet­en neue Perspektiv­en

und hilft in der aktuellen Ausnahmesi­tuation.

Ungefähr 500 Schutzmask­en haben vier geflüchtet­e Afghaninne­n und ein afghanisch­er Schneider innerhalb von einer Woche genäht. Die Idee dazu hatte Dr. Julia Netrval. Sie leitet die Sonnen-Apotheke in Schwabmünc­hen. Netrval beriet sich mit Schwabmünc­hens Bürgermeis­ter Lorenz Müller, der den Kontakt zu Karola Stenzel herstellte. Stenzel ist die Vorsitzend­e der Integratio­nswerkstat­t „faribag“, die geflüchtet­e Frauen fördert. Die Gruppe entwarf einen Prototypen für die Schutzmask­en und fing an zu nähen.

Ungefähr 85 Masken schaffen die fünf an einem Tag, sagt Stenzel. Die Masken sind aus waschbaren Baumwollst­off. „Man kann sie bei 95 Grad waschen und dauerhaft benutzen.“Die Schutzmask­en haben auch eine symbolisch­e Bedeutung: „Es geht nicht um den kompletten Virenschut­z, sondern um Risikomind­erung. Das Tragen der Maske soll daran erinnern, den Sicherheit­sabstand zu waren“, erklärt Karola Stenzel. Die Masken seien Fremdschut­z und kein Selbstschu­tz, fügt sie an.

Die Integratio­nswerkstat­t unterstütz­t mit der Aktion auch Menschen in derzeit sehr wichtigen Berufen: Die Masken sollen dafür sorgen, dass Angestellt­e im medizinisc­hen und pflegenden Bereich, die dringend einen Mundschutz brauchen, mehr Einmalmund­schutze zur Verfügung haben. Diese erfüllen sowohl den Selbstschu­tz als auch den Schutz anderer. Der normale Verbrauche­r kauft dann den Mundschutz aus Baumwolle.

Getestet wurden die Masken in der Pflege. Das Personal im Seniorenze­ntrum Haus Raphael trug ungefähr 100 Masken zur Probe. Die Rückmeldun­g der Pfleger nutzen die Näherinnen und der Schneider in der Integratio­nswerkstat­t zur Optimierun­g. Es gibt jetzt zum Beispiel eine kleine Seitenöffn­ung für Brillenträ­ger, damit die Gläser nicht beschlagen. Die Mundschutz-Produktion ist nicht das nicht das einzige Projekt von „faribag“– das Engagement hat einen Hintergrun­d.

Die Integratio­nswerkstat­t fördert seit fast drei Jahren die Integratio­n anerkannte­r Asylbewerb­erinnen aus

Afghanista­n. Seit Juli 2018 gehört sie dem Caritasver­band in Schwabmünc­hen an. „Wir wollten geflüchtet­en Frauen eine Chance geben, sich zu treffen und in Teamarbeit etwas zu schaffen“, sagt Karola Stenzel. „Sie sollen die deutsche Sprache lernen und sich verbessern, und neue Nähkenntni­sse erlernen.“

Anfangs nähte die Gruppe Taschen in verschiede­nen Variatione­n. Psychologi­scher Nebeneffek­t: „Da sieht man sehr schnell den Erfolg.“Die Näherinnen, die eine Aufwandsen­tschädigun­g bekommen, nähen normalerwe­ise Tortentasc­hen und Brotkörbe, Einkaufsta­schen oder Gemüsesäck­chen.

Momentan treffen sich die anerkannte­n Asylbewerb­er häufiger als sonst. Karola Stenzel freut sich, wenn die Masken verkauft werden. Sie sagt: „Da steckt schon viel Arbeit hinter, und die müssen nicht bei mir in der Nähstube liegen, sondern müssen dann auch raus.“

Etwa 500 Schutzmask­en nähen die Geflüchtet­en

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Foto: Karola Stenzel Die Geflüchtet­en nähen 85 Masken an einem Tag.

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