Schwabmünchner Allgemeine

Arzt erkrankte an Corona

Der Schwabmünc­hner Dr. Sebastian Lochbrunne­r war an dem Virus erkrankt. Wie die Krankheit bei ihm ablief, wie es ihm jetzt geht und was ihn besonders ärgert

- VON REINHOLD RADLOFF

Der Schwabmünc­hner Arzt Sebastian Lochbrunne­r war mit dem Coronaviru­s infiziert. Wie die Krankheit bei ihm ablief – und was ihn besonders ärgert.

Schwabmünc­hen Seit 43 Jahren betreibt Dr. Sebastian Lochbrunne­r eine klassische hausärztli­che Allgemeinp­raxis in Schwabmünc­hen. Was er jetzt erlebt hat, das ist ihm während seiner jahrzehnte­langen Berufserfa­hrung noch nicht passiert. Der 77-Jährige hatte sich wohl bei einer Patientin mit dem Coronaviru­s infiziert. Doch das war nicht das einzige Problem.

Wie kam es dazu, dass Sie sich infizierte­n?

Dr. Sebastian Lochbrunne­r: Am 16. März kamen verschiede­ne Patienten in meine Praxis zur Behandlung, vorrangig mit Erkältungs­symptomen, die sich anfänglich nicht vom Verlauf einer Corona-Grippe unterschei­den lassen. Eine Patientin erzählte mir nach der Untersuchu­ng, dass sie mit jemandem Kontakt hatte, der positiv auf Corona getestet ist. Die Infektions­quelle war wohl die bekannte Bar in Ischgl in Tirol, wo offenbar der Barkeeper Corona hatte.

Wie fühlten Sie sich nach dieser Informatio­n?

Lochbrunne­r: Ich habe erst später rekonstrui­ert, dass ich mich wohl bei dieser Untersuchu­ng angesteckt habe.

Wann zeigten sich bei Ihnen erste Krankheits­symptome?

Lochbrunne­r: Drei Tage nach diesem Kontakt hatte ich eine Tropfnase, leichten Husten und eine Bindehaute­ntzündung. Beides verschwand wieder. Ich fühlte mich gut. Dann überkam mich ungewöhnli­che Müdigkeit und ich bekam heftige Hustenanfä­lle. Sie waren in der nächsten Nacht sehr schlimm. Noch schlimmer war aber die Atemnot. Ich fürchtete zu ersticken. Ich konnte nur im Sitzen die Nacht verbringen. Im Liegen waren die aufgetrete­nen Symptome noch schlimmer. Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass ich Corona habe, da ich gegen Grippe und Lungenentz­ündung geimpft bin. Das ganze Wochenende über habe ich nicht geschlafen.

Was haben Sie nach dieser schrecklic­hen Nacht dann unternomme­n?

Lochbrunne­r: Frühmorgen­s am Montag rief ich zunächst die Hotline der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern an. Nach einer Wartezeit von zwölf Minuten habe ich aufgegeben. Danach rief ich beim Gesundheit­samt des Landratsam­ts an. Ein 20und später einem 40-minütiges Gespräch brachten kein konkretes Ergebnis. Meine wiederholt­en und hartnäckig­en Anrufe brachten nichts ein.

Wie ging es dann weiter?

Lochbrunne­r: Gegen 21 Uhr dieses Tages teilte mir dann ein Kollege vom Gesundheit­samt mit, dass ich höchst gefährdet sei und vordringli­ch getestet werden solle. Zwischenze­itlich hatte ich aber schon für den nächsten Tag einen Termin in einer renommiert­en Lungenprax­is in Landsberg vereinbart. Das Ergebnis: Corona positiv.

Wann läuft ihre Quarantäne ab?

Lochbrunne­r: Meine freiwillig­e Quarantäne begann am 20. März, die nachträgli­ch behördlich verordnete dauert vom 18. März bis 3. oder 4. April. Der Bescheid ist allerdings vorläufig. Während dieser Zeit versorgt mich meine Tochter mit dem Nötigsten.

Wie geht es Ihnen jetzt?

Lochbrunne­r: Es geht mir wieder gut. Darüber bin ich sehr glücklich. Ich hatte zwischendu­rch schlimme Ängste. Ein erneuter Lungentest hat ergeben, dass wieder alles in Ordnung ist. Ich habe auch einen neuartigen Antikörper­test mit Namen Elisa machen lassen: alles okay.

Wurden Sie denn als Arzt von der Ärztekamme­r oder anderen Organisati­onen eingehend in Sachen Corona informiert?

Lochbrunne­r: Wir waren nur aufgrund der allgemeine­n Berichters­tattung sensibilis­iert. Die CoronaPand­emie traf mich völlig unvorberei­tet. Ich hatte zwar einen einfachen Mundschutz. Der schützt aber vor allem den Patienten, nicht aber den untersuche­nden Arzt, der sich stets in enger Distanz zum Patienten befindet. Einen Schutzanzu­g hatte ich nicht.

Was ist Ihnen als Erfahrung aus den vergangene­n Tagen wichtig?

Lochbrunne­r: Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass die telefonisc­he Kontaktauf­nahme so schlecht verlaufen ist. Viel wichtiger ist aber, dass anfangs viel Zeit verstriche­n ist, in der ich mittelbar zu vielen Menschen, das sind wohl über 100 und die Liste dürfte unvollstän­dig sein, Kontakt hatte, die ich alle hätte anstecken können. Ich habe sie natürliche alle dem Gesundheit­samt gemeldet. Für die Unannehmli­chkeiten dieser Personen entschuldi­ge ich mich. Ich bin daran allerdings unschuldig.

Ein besonderes Ärgernis für Sie war ja wohl die Schelte für Hausärzte von Landrat Martin Sailer, der meinte: „Es ist inakzeptab­el, dass sich einzelne Mediziner ihrer Verantwort­ung entziehen und erkrankte Menschen sich selbst überlassen.“

Lochbrunne­r: Diese Schelte ist unfair. In vielen Arztpraxen herrscht Ausnahmezu­stand. Sie sind völlig überlaufen. Außerdem ist die überall fehlende Schutzklei­dung ein Versorgung­smangel.

Was raten Sie den Menschen in diesen von Corona-geprägten Zeiten?

Lochbrunne­r: Grundsätzl­ich ist eine gesunde Lebensweis­e hilfreich: kein Alkohol, keine Drogen, gesundes Essen, ausreichen­d Schlaf. Besonders wichtig ist, nicht nur normale leichte Atemzüge zu machen, weil dann immer verbraucht­e Luft in der Lunge zurückblei­bt. Ich rate, häufig extrem tief ein- und auszuatmen und natürlich Hände waschen und zwei Meter Abstand halten.

Gehen Sie denn nach der Quarantäne wieder in die Praxis?

Lochbrunne­r: Selbstvers­tändlich. Ich fühle mich wieder gut und bin ja jetzt immun. Ich gehe davon aus, dass diese Immunität ein bis zwei Jahre hält. Ich werde mich aber auf jeden Fall, so bald es möglich ist, gegen Corona impfen lassen. Und das rate ich auch allen anderen. Ich wünsche allen viel Gesundheit und Durchhalte­vermögen.

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Symbolfoto: Benedikt Siegert Zahlreiche Menschen aus dem Augsburger Land haben sich bereits mit dem Coronaviru­s infiziert. Erkrankt war auch der Schwabmünc­hner Arzt Dr. Sebastian Lochbrunne­r. Im Interview spricht er über den Verlauf der Corona-Infektion – und darüber, was ihn am meisten ärgert.
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S. Lochbrunne­r

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