Die Zahnärztin
„Jeder Patient ist uns willkommen“
Der Alltag in meiner Praxis hat sich gravierend verändert. Die Patienten sagen ab, weil sie unsicher oder krank sind. Aufschiebbare Behandlungen wie Zahnreinigungen sollen derzeit ohnehin auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden. Ich bin dem Aufruf der bayerischen Zahnärztekammer gefolgt und habe mich für den Notdienst gemeldet, denn es gibt Praxen, die jetzt ganz geschlossen haben. Ich will, dass die Menschen versorgt sind, dafür bin ich Ärztin geworden. Angst habe ich nicht, bei uns galten schon immer höchste hygienische Standards. Dazu kommt natürlich auch der finanzielle Aspekt. Wenn so viele Patienten wegfallen, kann der Notdienst etwas Abhilfe schaffen. Unsere Sprechzeiten haben sich trotzdem total verändert. Normalerweise haben wir acht Stunden am Tag offen, jetzt nur noch zwischen drei und fünf Stunden. Wir werden wahrscheinlich Kurzarbeit anmelden müssen. Glücklich bin ich mit der derzeitigen Situation nicht, sie stellt uns vor große Probleme. Aber wir erfüllen unseren Arbeitsauftrag, jeder Patient ist uns willkommen. Ich bin seit über 20 Jahren auch international engagiert, habe zum Beispiel in Nepal zwei Zahnarztpraxen aufgebaut. Ich gebe alle Informationen weiter, damit auch dort die Sicherheit gewährleistet ist. Unabhängig von der Coronakrise hatte ich einen Besuch vor Ort geplant, jetzt habe ich alle Hände voll damit zu tun, die Flüge zu stornieren. Trotz allem lasse ich mich nicht unterkriegen. Ich habe ein verheerendes Erdbeben in Nepal und die Flucht aus der DDR überlebt, da kann ich nur sagen: Diese Situation jetzt schaffen wir auch.
(sih)