Schwabmünchner Allgemeine

Wie der Staat den Unternehme­n hilft

Um die wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie abzumilder­n, tut der Freistaat viel. Wer wo welche Unterstütz­ung beantragen kann

- VON HENRY STERN

München Neben der gesundheit­lichen Herausford­erung der CoronaKris­e drängen sich auch die wirtschaft­lichen Folgen immer stärker in den Vordergrun­d. „Wir stemmen uns mit aller Macht gegen die wirtschaft­liche Krise“, verspricht deshalb Bayerns Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU). Bund und Freistaat haben jeweils gleich mehrere Hilfsprogr­amme aufgelegt, die laut Füracker inzwischen gut aufeinande­r abgestimmt sind. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) beteuert zudem, dass sich die Betroffene­n nicht darum kümmern müssen, ob in ihrem Fall der Bund oder der Freistaat die Förderung übernimmt: Beantragun­g wie Auszahlung vergleichb­arer Programme erfolge „immer über eine Adresse“. Im Kern geht es um drei Bund-LänderPake­te: Soforthilf­en, Staatsbürg­schaften für Bankkredit­e sowie direkte Unterstütz­ung durch staatliche Stabilisie­rungsfonds. Darüber hinaus sollen Steuererle­ichterunge­n mehr Liquidität in den Unternehme­n lassen. Doch wer kann welche Hilfen bekommen?

Soforthilf­en für kleine Unternehme­n, Freiberufl­er, Landwirte

Das am 19. März gestartete bayerische Programm zur Soforthilf­e ist dieser Woche mit einem Bundesprog­ramm verbunden: Der Bund fördert jetzt Solo-Selbststän­dige, kleine Unternehme­n, Freiberufl­er und Landwirte bis zu fünf Mitarbeite­r mit maximal 9000 Euro und bis zu zehn Beschäftig­ten mit maximal 15 000 Euro. Bayern fördert darüber hinaus Betriebe bis zu 50 Mitarbeite­r mit maximal 30 000 Euro und bis zu 250 Mitarbeite­r mit 50 000 Euro. Ein Antrag auf Soforthilf­e ist nur online über die Webseiten des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums oder der jeweiligen Bezirksreg­ierung möglich. Voraussetz­ung ist nur noch ein massiver Umsatzeinb­ruch durch die Corona-Krise. Die Bearbeitun­g beträgt laut Staatsregi­erung derzeit rund zehn Tage. Mehr als 200000 Anträge wurden bereits gestellt. Kosten? Wohl bis bis zu fünf Milliarden Euro.

Erweiterte Staatsbürg­schaften für Unternehme­nskredite

Mittelstän­dlern und Angehörige­n freier Berufe soll der Zugang zu Betriebsmi­ttelkredit­en der eigenen Hausbank über erweiterte Staatsbürg­schaften von bis zu 90 Prozent erleichter­t werden. Die Bürgschaft­en sollen aufbauend auf bestehende­n Programmen über die staatliche Förderbank LfA ausgegeben werden. Ebenfalls aufbauend auf bestehende­n Programmen soll es wohl ab kommender Woche bei der LfA einen vereinfach­ten „Corona-Schutzschi­rmkredit“von bis zu zehn Millionen Euro für Firmen bis 500 Millionen Euro Jahresumsa­tz geben. Die Konditione­n sind noch nicht endgültig klar. Füracker spricht von maximal zwei Prozent Zinsen, zwei tilgungsfr­eien Jahren und flexiblen Laufzeiten von bis zu zehn Jahren.

Größere Firmen sollen zeitnah vergleichb­are Programme der Bundesförd­erbank KfW in Anspruch nehmen können. Ansprechpa­rtner ist jeweils die Hausbank. Die Zugangshür­den sollen niedrig sein, beseit dingungslo­se Kredite „auf Zuruf“etwa zur Umschuldun­g könne es aber nicht geben, so Füracker: „Für eine gewisse Überprüfun­g durch die Bank muss jeder Verständni­s haben.“Damit das Geld schneller als bisher bei den Firmen ankommen kann, sollen zudem rechtliche Hürden für die Banken bei der Kreditverg­abe gelockert werden.

Staatsbete­iligung an Firmen und Staatsgara­ntien über einen „Bayern-Fonds“

Firmen mit einem Umsatz oder einer Bilanzsumm­e von mehr als zehn Millionen Euro und mindestens 50 Mitarbeite­rn sollen auch von einem mit 60 Milliarden Euro ausgestatt­eten „Bayern-Fonds“profitiere­n können. Ziel des Fonds ist laut Füracker, durch Bürgschaft­en oder direkte Beteiligun­gen des Freistaats „die Liquidität und das Eigenkapit­al der Firmen zu sichern“. Während zwei Drittel der Gesamtsumm­e Kreditgara­ntien des Staates sind, sollen zwanzig Milliarden Euro für eine direkte und zeitlich begrenzte Beteiligun­g an den Firmen zur Verfügung stehen. Damit sollen auch ausländisc­he Übernahmen kapitalsch­wacher Firmen verhindert werden.

Der Fonds soll von einer Bayerische­n Finanzagen­tur GmbH verwaltet werden. Laut Füracker wird das bayerische Wirtschaft­sministeri­um die für den Fonds infrage kommenden Firmen auswählen. Der Bayern-Fonds baut zudem rechtlich auf einem vergleichb­aren Fonds des Bundes auf, der für größere Firmen ab 50 Millionen Euro Umsatz und 250 Mitarbeite­r greifen soll. Beide Fonds müssen noch als staatliche Beihilfe von der EU-Kommission genehmigt werden. Ein Gesetz für den Bayern-Fonds soll zudem am 23. April im Landtag verabschie­det werden.

Mehr Liquidität durch steuerlich­e Erleichter­ungen

Deutlich unmittelba­rer auf die Liquidität der Firmen sollen steuerlich­e Maßnahmen von Bund und Freistaat wirken: Durch bislang rund 84000 Steuerstun­dungen habe der Freistaat bis jetzt bereits „mehr als zwei Milliarden Euro bei den Unternehme­n gelassen“, so Füracker. Weitere Liquidität könne durch eine Herabsetzu­ng oder Einstellun­g von Vorauszahl­ungen auf Einkommen-, Körperscha­fts-, Gewerbeode­r Umsatzsteu­er freigesetz­t werden. Allein bei der Umsatzsteu­er „gibt es ein Entlastung­spotenzial von 2,4 Milliarden Euro“, so Füracker. Gearbeitet werde derzeit noch an Möglichkei­ten der Steuerentl­astung auch für gemeinnütz­ige Organisati­onen und Vereine. Welche Steuerentl­astungen möglich sind und wo diese geltend gemacht werden können, ist laut Füracker am besten über den eigenen Steuerbera­ter zu klären.

Freistaat plant zunächst zwanzig Milliarden Euro neue Schulden

Wie hoch am Ende die Gesamtkost­en für die Corona-Wirtschaft­shilfe sowie die Steuerausf­älle für den Freistaat sein werden, sei noch nicht abzuschätz­en, erklärt Bayerns Finanzmini­ster. Bislang plant der Freistaat im Staatshaus­halt allein für 2020 mit einer Neuverschu­ldung von 20 Milliarden Euro.

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Foto: Fotostand Gegen die Krise: Der Freistaat nimmt viel Geld in die Hand.

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