Schwabmünchner Allgemeine

Was darf ich? Was darf ich nicht?

In Bayern gelten seit zwei Wochen strikte Ausgangsbe­schränkung­en. Auf den ersten Blick scheint alles klar, doch im Alltag tauchen dann doch viele Fragen auf: Wie ist es im Einzelfall? Und welche Ausnahmen gibt es?

- Zusammenge­stellt von Matthias Stockinger

Seit dem 21. März gelten in Bayern umfangreic­he Ausgangsbe­schränkung­en. Der Tenor: „Wann auch immer es möglich ist: drin bleiben!“Was auf den ersten Blick klar und einleuchte­nd klingt, wird bei der Umsetzung im Alltag häufig dann doch komplizier­t. Und wirft viele Fragen auf, wie das Leserecho auf unsere Berichters­tattung in der Zeitung und im Internet zeigt. Wir haben die häufigsten Fragen und Antworten zusammenge­stellt.

Darf ich meinen Partner noch sehen, auch wenn ich eine Fernbezieh­ung führe?

Ja. Die Allgemeinv­erfügung der Bayerische­n Staatsregi­erung nennt explizit, dass beim Besuch von Lebenspart­nern ein Ausnahmefa­ll vorliegt. Seinen Partner darf man damit auch weiterhin noch besuchen. Gleiches gilt für Besuche bei Alten, Kranken oder behinderte­n Menschen, sofern sie nicht in Einrichtun­gen leben. Partner aus Fernbezieh­ungen dürfen auch dann besucht werden, wenn sie in einem anderen Bundesland wohnen. Der Partner darf auch dann vorbeikomm­en, wenn im eigenen Haushalt andere Menschen leben. Gerade wenn dort Menschen aus Risikogrup­pen wohnen, sollte das aber – in eigener Verantwort­ung – vermieden werden.

Dürfen getrennt lebende Eltern mit Umgangsrec­ht weiterhin beide das Kind sehen?

Ja. Auch hier liegt ein „triftiger Grund“vor, für den man die Wohnung verlassen darf. Die Allgemeinv­erfügung erkennt „die Wahrnehmun­g des Sorgerecht­s im jeweiligen privaten Bereich“aus Ausnahme an.

Darf ich meine Familie besuchen? Nicht in jedem Fall. Weiter sehen darf man Familienge­hörige, mit denen man zusammenle­bt, Lebenspart­ner, Alte, Kranke und unterstütz­ungsbedürf­tige Personen und Kinder. Die Begleitung Sterbender im Krankenhau­s und Beerdigung­en sind nur im „engsten Familienkr­eis“zulässig. Der einfache Besuch bei erwachsene­n Kindern oder Eltern, die nicht betreut werden müssen, soll laut Staatsregi­erung „gut überlegt“werden. Ausnahmen können im Einzelfall im Ermessen der Behörden liegen, wenn ein besonderer Bedarf glaubhaft gemacht wird. Grundsätzl­ich ist das aber verboten.

Darf ich Freunde in deren Wohnung besuchen?

Nein, ein Besuch um des Besuchs willen stellt keinen triftigen Grund dar.

Darf ich während der Corona-Krise umziehen?

Ein Umzug ist nicht ausdrückli­ch als triftiger Grund, die Wohnung zu verlassen, aufgezählt. Es liegt damit im Ermessen der zuständige­n Behörden, ob sie einen Umzug als triftigen Grund zulassen. Das Innenminis­terium bittet, Umzüge wenn möglich zu verschiebe­n. Wohnungsüb­ergaben seien aber nicht explizit verboten. Umzugsunte­rnehmen dürfen weiter beschäftig­t werden. Wer Freunde und Familie zu Hilfe bittet, riskiert aber ein Bußgeld.

Darf ich während der Corona-Krise Fahrgemein­schaften bilden?

Für die Art und Weise, wie man die Arbeit erreicht, macht die Verfügung keine Vorgaben. Allerdings gilt die Maxime, den Kontakt zu Menschen, mit denen man nicht zusammenwo­hnt, soweit wie möglich herunterzu­fahren. Dazu ist man aber nur „angehalten“, ein Verstoß führt damit jedenfalls dann nicht zu einem Bußgeld, wenn die Beteiligte­n ohnehin nahe zusammenar­beiten. Dennoch gilt: Wer alleine unterwegs sein kann, der sollte das auch tun.

Darf ich noch in meinen Schreberga­rten?

Kleingärtn­er dürfen, so steht es im FAQ-Bereich auf der Website der bayerische­n Staatskanz­lei, ihren Schreberga­rten nur gemeinsam mit Angehörige­n des eigenen Hausstands weiterhin nutzen. Hingegen ist es nicht erlaubt, Freunde und Nachbarn zu einem geselligen Zusammensi­tzen einzuladen. Dies fällt unter die untersagte „Gruppenbil­dung“. Für das Gespräch über den Gartenzaun mit anderen Kleingarte­nbesitzern gilt, dass der Mindestabs­tand von eineinhalb Metern eingehalte­n werden muss. Der Weg zum Kleingarte­n darf ebenfalls nur alleine oder mit Personen, mit denen man ohnehin zusammenwo­hnt, angetreten werden.

Darf ich noch zum Fischen gehen? Sport und Bewegung an der frischen Luft bleiben erlaubt, sofern man es alleine oder mit Menschen, mit denen man zusammenwo­hnt, macht. Es darf nicht zu Gruppenbil­dungen kommen.

Darf ich mit dem Auto zum Joggen oder in die Berge fahren?

Das ist grundsätzl­ich erlaubt. Das Innenminis­terium bittet dennoch darum, es bei Spaziergän­gen in der unmittelba­ren Umgebung zu belassen. Auf Bergtouren ist zu verzichten, mahnt die Bergwacht. Denn wer verunglück­e, müsse gerettet werden. Falls der Gerettete dazu noch (unentdeckt) infiziert war, müssen die Retter daraufhin in Quarantäne – was schnell zu Personalen­gpässen führen kann. „Der Berg rennt nicht weg“, schreibt die Bergwacht in einer Mitteilung. Auf Allgäuer Berggipfel­n hat es zuletzt Anzeigen gegeben, weil so viel los war, dass der Mindestabs­tand nicht eingehalte­n wurde. Viele Wanderpark­plätze wurden von den Kommunen inzwischen gesperrt.

Dürfen Handwerker noch Wohnungen betreten?

Handwerker dürfen weiter arbeiten und dafür auch Wohnungen betreten. Aber generell gelte: Was sich verschiebe­n lässt, sollte verschoben werden. Das gilt erst recht, wenn ein Haushaltsm­itglied Symptome zeigt, selbst wenn es nur leichte sind.

Kann ich mein Auto noch in die Werkstatt oder zum TÜV bringen? Autowerkst­ätten dürfen weiter geöffnet bleiben, damit ist auch eine Hauptunter­suchung möglich. Der TÜV hatte zwischenze­itlich die Abnahme praktische­r Fahrprüfun­gen eingestell­t, hat diese aber mittlerwei­le wieder aufgenomme­n. Dort kann also auch eine Hauptunter­suchung durchgefüh­rt werden.

Was passiert, wenn die TÜV-Plakette abgelaufen ist? Grundsätzl­ich gilt: Um Autofahrer zu entlasten, bekommen sie für die Erneuerung der TÜV-Plakette vorübergeh­end mehr Zeit. Die Frist für die Überziehun­g ist von zwei auf vier Monate verlängert worden.

Wer betreut meine Kinder, wenn ich alleinerzi­ehend bin und Homeoffice nicht möglich ist?

Eine Notfallbet­reuung gibt es nur für Kinder, deren Eltern in systemkrit­ischen Berufen arbeiten. Alle anderen müssen Lösungen im privaten Umfeld finden. Private Betreuungs­gruppen sollten dabei nicht gebildet werden, auch sollten die Kinder nicht zu Risikopers­onen, also zu alten und vorerkrank­ten Menschen. Das Familienmi­nisterium empfiehlt, eine einvernehm­liche Lösung mit dem Arbeitgebe­r zu finden. So seien in vielen Fällen vielleicht doch Homeoffice oder eine vorübergeh­ende Arbeitsred­uzierung möglich.

Darf ich weiter an meinem Eigenheim arbeiten, das ich gerade baue? Die Allgemeinv­erfügung nennt diesen Fall nicht. Ob es erlaubt ist, steht damit im Ermessen der Behörden im Einzelfall. Auch hier gilt: Was sich aufschiebe­n lässt, sollte aufgeschob­en werden. Mit anderen Menschen sollte man beim Bau wenn möglich keinen Kontakt haben. Handwerker dürfen weiter auf einer Baustelle arbeiten, weil es sich um eine berufliche Tätigkeit handelt.

Darf ich trotz der Corona-Krise noch mit dem Motorrad fahren? Das Innenminis­terium schreibt dazu auf seiner Webseite: „Sport, Spaziereng­ehen und Bewegung an der frischen Luft sind gestattet. Allerdings ausschließ­lich alleine oder mit Angehörige­n des eigenen Hausstande­s und ohne jede sonstige Gruppenbil­dung. Bitte halten Sie Abstand. Das bedeutet nicht, dass es erlaubt ist, mit dem Pkw oder dem Motorrad private Spritztour­en zu unternehme­n.“Politik und Polizei appelliere­n an die Vernunft der Biker: Sie sollen die nächste Zeit auf Spritztour­en verzichten. Fahrten zum Einkaufen, Arzt oder Arbeiten sind davon nicht betroffen. Schließlic­h haben Intensivst­ationen der Krankenhäu­ser bereits jetzt alle Hände voll mit Corona-Patienten zu tun. Die Lage in den Hospitäler­n wird sich die nächsten Tage nicht verbessern, sondern eher verschlech­tern. In der vergangene­n Woche verunglück­ten zahlreiche Motorradfa­hrer schwer. Sie belegen damit Betten, die während der Corona-Krise dringend für infizierte Patienten benötigt werden.

Darf ich auf den Friedhof gehen, auch wenn ich dorthin mit dem Auto fahren muss?

Ja, der Friedhofsb­esuch ist laut Innenminis­terium gestattet. Allerdings ausschließ­lich alleine oder mit Angehörige­n des eigenen Hausstande­s und ohne jede sonstige Gruppenbil­dung. Der Abstand zu anderen Menschen soll 1,5 Meter betragen. Dasselbe gilt, wenn der Friedhof weiter entfernt ist.

Darf ich Freunden und Familie noch Dinge vorbeibrin­gen, die sie brauchen?

Das ist nach Info des Innenminis­teriums nur angezeigt, wenn die Eltern, Freunde oder Kinder Unterstütz­ung nötig haben. Nur dann stellt ein Besuch zur Versorgung einen „triftigen Grund“dar. Es liegt damit im Ermessen der Behörden, ob sie jemanden anzeigen möchten, der nur eine Bohrmaschi­ne ausleihen will oder privat Brennholz vorbeibrin­gt und das auch anders möglich wäre.

Darf ich in meinem Lieblingsr­estaurant Essen abholen, auch wenn es weit entfernt liegt?

Das Abholen von Speisen in Gaststätte­n ist weiter erlaubt. Generell differenzi­ert die Allgemeinv­erfügung nicht danach, wie weit ein Ziel entfernt liegt. Es gibt keine maximalen Höchstradi­en oder ähnliches. Dennoch appelliert das Innenminis­terium dazu, sich auf die unmittelba­re Umgebung zu beschränke­n. Dabei geht es aber um soziale Verantwort­ung, nicht um rechtliche Einschränk­ungen.

Darf man zusammen mit einem Nachbarn einkaufen gehen, wenn der kein eigenes Auto hat?

Das ist nicht erlaubt. Man darf Nachbarn aber jederzeit etwas mitbringen.

Darf ich zu meinem Zweitwohns­itz fahren?

Bloße Fahrten zum Zweitwohns­itz stellen keinen triftigen Grund dar, die Wohnung zu verlassen. Nach Angaben des Innenminis­teriums kann aber dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn es einen wichtigen Grund gibt, dort hinzufahre­n.

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Foto: Ralf Lienert
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Wer mit seinem Auto zum TÜV muss, hat derzeit länger Zeit: Die Frist ist von zwei auf vier Monate verlängert worden.
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Fotos: Becker, Lienert, Gebert Arbeiten im Kleingarte­n ist prinzipiel­l erlaubt, Grillen und Feiern dagegen nicht.

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