Schwabmünchner Allgemeine

Über den Vorteil, ein Generalist zu sein

Niemand trainiert abwechslun­gsreicher ein Zehnkämpfe­r. Das hilft momentan sehr, sagt der Bundestrai­ner. Doch einige leiden unter der Olympia-Verschiebu­ng

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg/Ulm Christophe­r Hallmann ist Bundestrai­ner der deutschen Zehnkämpfe­r. Für einen Teil seiner Schützling­e war die Nachricht, dass die Olympische­n Sommerspie­le um ein Jahr verschoben werden, keine gute. Das hat vor allem mit dem Geburtsjah­rgang zu tun. „Die älteren Sportler, wie zum Beispiel ein Arthur Abele oder ein Kai Kazmirek, waren sehr auf den Termin in diesem Sommer fokussiert. Für sie ist jedes Jahr kostbar, denn sie haben nicht mehr so viele in ihrer aktiven Zeit vor sich“, sagt Hallmann. Berlin-Europameis­ter Abele und der Olympia-Vierte Kazmirek sind mit 33 und 29 Jahren auf der Zielgerade­n ihrer Karriere. Vielleicht ist Tokio sogar als abschließe­ndee Highlight geplant. „Sie waren top vorbereite­t. Für sie ist dieses Jahr verloren.“Auch wenn die Entscheidu­ng inhaltlich nachvollzi­ehbar und korrekt gewesen sei, so Hallmann.

Die jüngere Fraktion um den 22-jährigen Weltmeiste­r Niklas Kaul geht gelassener mit der neuen Situation um. Hallmann: „Sie sagen, dass es für sie gut ist, denn sie haben ein Jahr mehr, um noch besser zu werden. Die Jüngeren sehen die Verschiebu­ng eher als Chance.“

So oder so: Die Corona-Krise bringt auch für die deutschen Zehnkämpfe­r jede Menge Erschwerni­sse mit sich. Vor allem bremst sie eine Entwicklun­g, die in den vergangene­n Jahren extrem an Fahrt aufgenomme­n hat. Unter der Regie des umtriebige­n Hallmann haben sich die deutschen Mehrkämpfe­r wieder in der Weltspitze etabliert. Europaund Weltmeiste­r kommen aus Deutschlan­d. Hinter den beiden stehen zudem gleich mehrere Athleten, die an einem guten Tag auch bei

Olympia ein Wörtchen um die Medaillen mitreden können. „Entscheide­nd ist jetzt, das Ziel neu zu fokussiere­n. Wir waren gut vorbereite­t und das werden wir auch im nächsten Jahr sein“, sagt Hallmann.

Momentan allerdings muss er als Bundestrai­ner den Mangel an Trainingss­tätten verwalten. Überall in Deutschlan­d sind die Leichtathl­etik-Stadien und Hallen geschlosse­n. Krafträume stehen nicht zur Verfügung. Als Generalist­en sind es Zehnkämpfe­r aber gewohnt, abwechslun­gsreich und kreativ zu trainieren. „Ein Kugelstoße­r muss Krafttrain­ing machen und Kugeln stoßen, ein Hochspring­er muss Hochsprung trainieren. Das müssen wir zwar auch. Aber wir können jetzt auch laufen gehen“, erklärt Hallmann. Er hat seine Kaderathle­ten deutschlan­dweit verteilt. Deren Heimtraine­r organisier­en nun vor Ort, wie sie die momentane Phase am besten überbrücke­n können. „Niklas Kaul in Mainz zum Beispiel hat einen großen Garten und im Hinterhof Treppen. Die haben sich ein Rudergerät besorgt, ein Fahrraderg­ometer und Medizinbäl­le. Das können die schon sehr gut steuern.“

Am Stützpunkt in Ulm, den Hallmann leitet, sehe er seine Athleten dreimal pro Woche. Immer einzeln, immer mit Abstand. Aber immerhin. Das Programm sieht momentan viele Läufe an der Donau und Sprünge vor. Derzeit sei das in Ordnung. „Wir planen drei bis vier Wochen voraus und dann müssen wir schauen, wie die Lage ist.“Hallmann hofft auf eine „Late-Season“mit Wettkämpfe­n am Ende des Jahres. Selbst die deutschen Mehrkampfm­eisterscha­ften am 20. August in Vaterstett­en hat er noch nicht aufgegeben. „Vielleicht ohne Zuschauer und mit besonderen Hygiene-Maßnahmen - mal schauen.“

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Foto: Silke Bernhart Viel Arbeit nach der Olympia-Verschiebu­ng: Christophe­r Hallmann ist für die deutschen Zehnkämpfe­r verantwort­lich.

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