Schwabmünchner Allgemeine

Tanja Schneiders persönlich­e Corona-Krise

Die Friseurin infizierte sich im Urlaub mit dem Virus. Nun ist sie immun und hofft, dass das Arbeitsleb­en wieder in Gang kommt

- VON ANDREA BAUMANN

Tanja Schneider verbrachte die Faschingsf­erien Ende Februar mit ihrem Mann und ihren beiden Buben beim Skiurlaub in Südtirol. Auf die Auszeit hatte sich die Friseurmei­sterin, die in der Augsburger Altstadt einen Salon betreibt, sehr gefreut. Corona war zu dieser Zeit kein Fremdwort mehr, aber noch nicht allgegenwä­rtig. Die Schneiders verbrachte­n deshalb – wie Tausende von Familien aus der Region – unbeschwer­te Tage auf der Piste.

Mit der Urlaubslei­chtigkeit war es jedoch bereits auf der Heimreise vorbei. Tanja Schneiders Mann fühlte sich mit einem Schlag unwohl. Plötzlich rückten die Momente wie etwa beim Frühstücks­büfett, an denen die Familie mit anderen Gästen und dem Hotelperso­nal in

Kontakt kam, ins Gedächtnis.

Als dann auch Tanja Schneider am Tag nach der Rückkehr Gliedersch­merzen be- kam, beschlich sie ein schlimmer Verdacht – Corona. Sie ließ die Kinder an ihrem Wohnort Großaiting­en nicht in die Schule gehen. Außerdem rief die 43-Jährige beim Gesundheit­samt AugsburgLa­nd an und wurde dort – wie sie sagt – zunächst gar nicht ernst genommen mit ihrer Befürchtun­g. Auf „ausdrückli­chen Rat“der Behörde schickte sie ihre Buben, die sich fit fühlten, wieder in den Unterricht.

Weil es zugleich ihrem Mann immer schlechter ging („er bekam kaum mehr Luft“) machte sie weiterhin beim Gesundheit­samt Druck. „Nach vier Tagen Kampf stand endlich ein Mitarbeite­r bei uns vor der Tür zum Testen, aber zunächst nur bei meinem Mann und mir.“Zwei Tage später sei der Abstrich auch bei den Jungs gemacht worden. Das Ergebnis: Alle vier Familienmi­tglieder

tragen das Covid-19-Virus in sich. Die gravierend­ste Folge: Die Schule in Großaiting­en musste bereits einige Tage vor der landesweit­en Verfügung schließen.

Familie Schneider ist mittlerwei­le die fünfte Woche zu Hause. Alle sind wieder genesen, auch wenn ihr Mann immer noch geschwächt ist. Die 43-Jährige ist jetzt nicht nur als Hausfrau, sondern auch als Lehrerin und Freizeitge­stalterin gefordert. „Glauben Sie ja nicht, dass es bei uns ruhig zugeht.“Zur Ruhe kommt sie auch deswegen nicht, weil sie viel an ihr Geschäft denken muss. In normalen Zeiten ist der Salon Haarschnei­der eine gefragte Adresse für

Kunden jedes Alters. Die vier Angestellt­en hielten den Betrieb zwar während des Urlaubs und der Corona-bedingten Auszeit ihrer Chefin am Laufen. Doch Mitte März entschied Schneider, den Salon zum „Wohl der Kunden und Mitarbeite­rinnen“zu schließen. Sie kam damit der landesweit­en Verfügung zuvor.

Fast drei Wochen ist der Betrieb nun lahmgelegt. Die Friseurmei­sterin hat für ihre Angestellt­en Kurzarbeit beantragt und für sich Soforthilf­e. Ihre Reserven seien aufgebrauc­ht, da sie vor Kurzem ihren Salon renoviert habe. Ihr tut es leid, ihre Kunden nicht stylen zu können. Dennoch käme es für sie nicht in

Frage, mit Hausbesuch­en das Arbeitsver­bot zu umgehen, auch wenn sie Anfragen bekommen habe. Gleichzeit­ig befürchtet die 43-Jährige, dass in ihrer Branche die Schattenwi­rtschaft blüht.

Noch ist offen, wann Dienstleis­ter wie Friseure wieder ihre Türen aufsperren dürfen. Für Schneider ist es an der Zeit, dass sich die Regierung Gedanken macht, wie der Arbeitspro­zess in Gang gebracht werden kann. „Ich habe deswegen an Ministerpr­äsident Söder geschriebe­n.“Ihrer Meinung nach könnten genesene und damit immune Personen wieder arbeiten. Personen wie Tanja Schneider selbst.

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Tanja Schneider

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