Der Sheriff an jeder Ecke
Seit Corona gibt es in unserem Leben viele neue Regeln und die wichtigste heißt Abstand. So viel ist klar, im Detail aber ist vieles strittig. Und deshalb wacht jetzt in so manchem Supermarkt eine Ordnungskraft darüber, dass die werte Kundschaft im Gerangel um Reis, Hefe und Klopapier noch die rechte Distanz wahrt, wehrt sich ein Vater mit einem Schreiben an den Ministerpräsidenten gegen seiner Meinung nach ungerechtfertigtes Vorgehen der Polizei, gibt es in unserem Alltag viele Unsicherheiten. Bin ich beim Joggen einem anderen Spaziergänger zu nah gekommen, darf ich meine Kinder wirklich nicht mehr zum Bäcker schicken, obwohl mir das gerade jetzt eine große Hilfe wäre?
Die Liste der Fragen ist lang und liefert Stoff für Zoff
Die Liste der Fragen ließe sich beinahe beliebig fortsetzen und belegt vor allem Eines: Unsere neuen Regeln sind noch längst nicht verinnerlicht und allgemein anerkannt, sondern Stoff für Streit und Debatten, die sich dann auch in der Zeitung wiederfinden.
Kleiner Ausflug in die Geschichte: Auf die Ausbreitung der Tuberkulose reagierten die Staaten in Europa einst mit Spuckverboten, im Laufe der Zeit sind die aber wieder verblasst. Im Zeichen des ebenfalls durch Tröpfcheninfektion übertragbaren Corona wäre es deshalb für manchen Spitzensportler hohe Zeit, nicht mehr vor einem Millionenpublikum zu speicheln. „Vorbildwirkung“heißt hier das Stichwort. Aber das hat ja jetzt wohl noch etwas Zeit, deshalb zurück in die Tagesaktualität.
Die Geschichte von dem Vater aus Zusmarshausen, der sich bei den Spitzen des Freistaats über das Vorgehen eines Polizeibeamten beschwert, hat etliche unserer Leser reagieren lassen. Die meisten stehen auf der Seite der Polizei, die in unserem Land ein hohes Ansehen genießt. An dieser Sichtweise ist was dran.
Man muss das Vorgehen kritisch bewerten dürfen
Gleichwohl muss es weiter möglich sein, das Vorgehen auch im Zeichen des Infektionsschutzes von Beamten und Behörden kritisch zu bewerten und einer Überprüfung zu unterziehen. Denn auch die daraus resultierende Diskussion trägt dazu bei, dass ein allgemein anerkannter Verhaltenskanon entsteht, an den sich die übergroße Mehrheit hält, ohne dass ein „Sheriff“an jeder Ecke stehen muss. Derzeit scheint es noch nötig. Originalton Polizeipräsidium: Zwischen Donnerstagund Freitagmorgen „waren im Bereich Nordschwaben etwa 220 Einsatzkräfte für Überwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verordnung über die vorläufige Ausgangsbeschränkung eingesetzt. Im Berichtszeitraum wurden etwa 4200 relevante Einrichtungen, Objekte, Örtlichkeiten und Personen kontrolliert.“Zitat Ende.