„Ein Jahr ohne Sommer“
„Ring“-Regisseur Schwarz im Interview
Bayreuth 2020 sollte das Jahr seines Durchbruchs werden: Im Alter von nur 30 Jahren wollte der österreichische Regisseur Valentin Schwarz Richard Wagners Mammutwerk inszenieren, den „Ring des Nibelungen“– auf dem Grünen Hügel von Bayreuth. Daraus wird nichts. Das Coronavirus macht selbst vor den ehrwürdigen Festspielen nicht halt. Zum ersten Mal seit ihrem Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg fällt Deutschlands berühmtestes Opernspektakel aus.
Seit wann wissen Sie, dass es in diesem Jahr nichts wird mit Ihrem Bayreuther „Ring“?
Valentin Schwarz: Katharina Wagner hat mich am Dienstag direkt nach der Entscheidung angerufen, bevor es an die Medien ging.
Die Festspiele haben mitgeteilt, dass man Ihren „Ring“nicht einfach im kommenden Jahr nachholen kann. Warum nicht?
Schwarz: Da spielen zwei Dinge rein: Erstens die grundsätzliche Langfristigkeit der Engagements der meisten Sänger und Mitwirkenden im Musiktheater. Die sind meist über Jahre im Voraus verplant. Dazu kommt der verstärkte Probenaufwand für den „Ring“, weil es sich um vier Opern handelt. Viele können im nächsten Jahr so früh noch nicht anreisen.
Ich bin aber überzeugt, dass wir es
2022 hinkriegen.
Wie weit waren Sie?
Schwarz: Das Ding ist fertig. Das ist krass, dass so viel Manpower investiert wurde, unzählige Arbeitsstunden in dieses Material gesteckt wurden. Wir waren direkt vor den szenischen Proben. Das Ganze in dieser Situation auf Eis legen zu müssen, ist fast eine Entzugserfahrung. Es ist eine künstlerische Vollbremsung sondergleichen.
Klappt es denn 2022 auf jeden Fall mit dem „Ring“?
Schwarz: Wir tun alles dafür. Wir als künstlerisches Team und als Gestalter wollen diesen „Ring“auf jeden Fall aufführen – und zwar als Ganzes. Es war für uns kein Thema, vorschnell etwas zu reduzieren und nur zwei Opern aufzuführen.
Was bedeutet die Absage für Sie persönlich? Die Corona-Krise trifft Künstler ja besonders hart, auch finanziell.
Schwarz: Das ist de facto ein Berufsverbot, das uns hier auferlegt wurde. Für mich ist jedoch weniger der finanzielle Verlust entscheidend, sondern die Tatsache, dass wir als Künstler abgenabelt sind von unserem Publikum, das wir aber brauchen. Wir sind auf uns selbst zurückgeworfen. Es ist künstlerisch ein Jahr, wie es das in der Geschichte nur in Kriegszeiten oder nach Vulkanausbrüchen gegeben hat – ein Jahr ohne Sommer.
Wird das Coronavirus Ihre Inszenierung noch einmal nachträglich verändern? Zum Beispiel mit einer Pandemie in der „Götterdämmerung“? Schwarz: Das wäre sehr aus der Hüfte geschossen, wenn man die realen Erfahrungen auf Biegen und Brechen in dieses universelle Werk einbauen wollte. Unsere Arbeit daran wird eben jetzt für zwei Jahre eingefroren und dann nach dem Auftauen taufrisch zum Einsatz kommen.