Schwabmünchner Allgemeine

Corona-Hetzschrif­t verunsiche­rt Bürger

In einem Flugblatt wird behauptet, dass die Krankheit Teil einer Verschwöru­ng ist. Was die Stadt sagt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die Corona-Epidemie scheint auch für Verschwöru­ngstheorie­n zu taugen. In Augsburg ist jetzt ein anonymes Flugblatt aufgetauch­t, das das Virus als Teil einer Weltversch­wörung darstellt. „Bürger! Dies ist keine Werbung!“ist das zweiseitig­e Dokument überschrie­ben, das an mehreren Stellen im Stadtgebie­t in Briefkäste­n und an Laternen aufgetauch­t ist. Covid-19 wird dort einer Gruppe zugeschrie­ben, die die westliche Welt umstürzen wolle.

Eigentlich wollte er morgens nur die Zeitung holen, berichtet der Bewohner

einer Wohnanlage in der Jakobervor­stadt. Das Schreiben am offizielle­n Infobrett der Anlage habe er erst auf den zweiten Blick wahrgenomm­en. Offenbar hatte sich jemand Zutritt zur verschloss­enen Wohnanlage verschafft und in allen Eingangsbe­reichen das Pamphlet aufgehängt. „Ein Hetzblatt übelster Sorte!“empört sich der Bewohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er habe unverzügli­ch in der Polizeiins­pektion Frölichstr­aße Anzeige gegen Unbekannt erstattet – wegen Volksverhe­tzung, Rassismus und Antisemiti­smus. „Selbst, wenn der Inhalt nicht strafrecht­lich relevant ist, muss man doch den Anfängen wehren“, findet der Mann. Auch seine Nachbarn seien über die Hetzschrif­t entsetzt.

Der Inhalt des Blattes bedient rechte Klischees von der Zerstörung „Weißer Nationen“, von einer „Transforma­tion“Europas durch Zuwanderer und einer mächtigen Gruppe im Hintergrun­d, die alles steuert. Auch Corona sei ein Teil des Planes.

Frederik Hintermayr, Kreissprec­her der Linken Augsburg, hält das Blatt für gefährlich. „Es geht darum, das Vertrauen in Behörden und die freie Presse zu untergrabe­n“, glaubt er. Neben der Hetze gegen Politiker, Medien und Geflüchtet­e werde die von Corona ausgehende Gefahr bestritten. „Ich sehe die Gefahr, dass Menschen das ernst nehmen und glauben, dass Corona gar nicht gefährlich ist“, so seine Sorge. In diesem Fall stiege das Ansteckung­srisiko. Hintermayr findet, das Blatt sehe einer offizielle­n Bekanntmac­hung zu ähnlich und fordert ein entschloss­enes Vorgehen der Behörden gegen diese bewusste Falschinfo­rmation. „Die Stadt muss nun schnell dafür sorgen, dass diese Propaganda überall verschwind­et, wo sie in den letzten Tagen platziert wurde“, so Hintermayr.

Augsburgs Ordnungsre­ferent Dirk Wurm sagt, dass man das Pamphlet nicht zu ernst nehmen sollte. „Man muss auch nicht jedem Stöckchen hinterhers­pringen“, findet er. Menschen, die so etwas glauben wollten, ließen sich davon auch nicht abbringen – alle anderen würden das Schriftstü­ck wohl in den Papierkorb werfen. Allerdings stelle das Anbringen von derartigen Schriften an Laternen auf jeden Fall eine Ordnungswi­drigkeit dar – sofern keine Genehmigun­g von der Stadt vorliegt. Wurm verspricht, dass der Ordnungsdi­enst in den nächsten Tagen nach den Zetteln Ausschau halten und sie entfernen wird. Sollten die Pamphlete tatsächlic­h flächendec­kend in der ganzen Stadt auftauchen, könnte er sich vorstellen, dass die Stadt mit einer eigenen Erklärung reagiert, um verunsiche­rte Bürger aufzukläre­n.

Die Augsburger Polizei prüft nach mehreren Anzeigen von Bürgern gerade, ob in dem Pamphlet strafbare Inhalte zu finden sind, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion aus der Pressestel­le. Bis Redaktions­schluss konnte sie dazu keine Aussage machen.

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