„Immer noch eine andere Perspektive“
Polizeiausbilder und Diakon, Königsbrunn
Wir Polizisten sind – anders als man es in Fernsehfilmen sieht – ganz normale Menschen, Männer wie Frauen, die versuchen, diesen Beruf gut und gewissenhaft auszufüllen. Man kommt dann in einen Einsatz, ob das nun ein Verkehrsunfall ist, ein familiärer Streit oder ein dramatischeres Verbrechen. Als Polizist muss ich bei strafbaren Handlungen eingreifen. Aber es kommt darauf an, wie so ein Einsatz abläuft.
Man wird in vielen Fällen die Tat als solche verachten – aber deswegen kann ich den Menschen, der sie verübt hat, trotzdem weiterhin korrekt behandeln. Dass ich gleichzeitig Polizist und katholischer Diakon bin, ergänzt sich hier in idealer Weise. Für mich geht das eine nur mit dem anderen.
Ich war lange Zeit im Kommissariat 1 der Augsburger Kriminalpolizei. Dort werden Tötungsdelikte bearbeitet, auch Brandstiftungen und Sexualdelikte. Wenn wir dort besprachen, was die Einzelnen gemacht haben, da kamen unter Polizisten schon Fragen auf und harte Aussagen. Dann war es wichtig, zu unterscheiden zwischen der Tat und dem Täter. So schwer das auch ist. Mir fällt ein häuslicher Unfall ein, der sich vor Jahren in Augsburg ereignet. Ein kleines Kind ist zu Schaden gekommen. Es waren Bilder, die ich bis heute nicht vergessen habe.
Diese Erfahrungen waren für mich auch bei bayernweiten polizeiinternen Verhaltenstrainings
wertvoll, die ich für einige Jahre leitete. Das Training sollte mich nicht dazu bringen, dass mir problematische Situationen nichts mehr ausmachen. Vielmehr brauche ich Strategien, um zu erkennen, ob ich damit klarkommen kann. Habe ich im Anschluss an den Einsatz einen Gesprächspartner, um das Erlebte zu bereden? Was haben wir gut gemacht, was hätten wir besser machen können?
In der Polizeiausbildung habe ich es immer wieder mit Anwärtern zu tun, die Defizite zeigen. Ich versuche dann, die jungen Leute zuerst zu motivieren, mit ihren Leistungen zuzulegen, damit sie das Ausbildungsziel erreichen. Manchmal bleiben diese Bemühungen leider ohne Erfolg. Müssen wir Ausbilder dann entsprechend schlecht bewerten, tut uns das für den jungen Beamten leid. Wir wissen aber zugleich um unsere Verantwortung für die Kollegen im Einsatz, die fachlich und sozial kompetent gut ausgebildeten Polizeinachwuchs von uns erwarten.
Im Streifenwagen muss sich einer auf den anderen verlassen können. Sonst kann es schnell ganz böse ausgehen. Auch hier bin ich froh, als Diakon mitunter harte Entscheidungen noch aus einer anderen Perspektive betrachten und für mich gut begründen zu können.