Schwabmünchner Allgemeine

Der unscheinba­re König des Weges

Der Wegerich galt schon in der Antike als Allheilmit­tel – und äußerst schmackhaf­t ist er noch dazu, Serie 15

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Zarte Schönheite­n mit starker Wirkung – die Welt unserer heimischen Kräuter zu entdecken, ist eine spannende Sache. Genau dazu laden wir Sie ein. In unserer Serie stellen wir Ihnen in regelmäßig­er Folge bayerische Pflanzen vor, die nicht nur durch ihren lieblichen Anblick das Auge erfreuen, sondern für Körper und Seele mehr tun können. Brigitte Walde-Frankenber­ger ist unsere Autorin. Heute erklärt sie, wie wertvoll der Wegerich ist.

Der Wegerich ist der unscheinba­re Herrscher des Weges. Denn die Endsilbe „rich“kommt aus dem Indogerman­ischen und bedeutet Herrscher oder König. Der lateinisch­e Name stammt von „planta“, was „Fuß“bedeutet. Der Wegerich wächst in ganz Europa. Besonders vertraut sind uns der Spitzweger­ich und der Breitweger­ich. Beide drängen überall als „Unkraut“aus trockenen Böden hervor, wobei der Spitzweger­ich eine kleine kugelige Blüte, der Breitweger­ich eine lange Rispe hat. Oft stehen die breit- und schmalblät­trigen Arten in Gruppen zusammen.

Kräuterpfa­rrer Künzle (1847 bis 1945) sagte: „Den Wegerich hat der liebe Gott an alle Wege gestreut, in alle Wiesen und Raine gesetzt, damit wir ihn stets bei der Hand haben. Denn er ist unstrittig das erste, beste und häufigste aller Heilkräute­r.“Die unscheinba­re Pflanze gehörte zu den wichtigste­n Heilpflanz­en des Altertums und des Mittelalte­rs. Sie galt als ein Allheilmit­tel. Und von den Ärzten der Antike bis hin zu den Naturheile­rn unserer Zeit hat es unzählige Anwendungs­empfehlung­en für dieses wunderbare Heilkraut gegeben.

In der Heilkunde kann die ganze Pflanze, Blätter, Wurzel und Samen verwendet werden. Geerntet wird sie von Mai bis September. Man legt sie auf einem Holzrost im Schatten zum Trocknen aus.

Doch bei welchen Beschwerde­n hilft die Pflanze nun? Der Wegerich ist ein altes Hausmittel zum Blutstille­n. Und in manchen Gegenden schnupft man ihn heute noch bei Nasenblute­n. Noch immer nimmt manch Wanderer Wegerichbl­ätter als Erste Hilfe bei Verletzung­en und Insektenst­ichen. Wobei die Blätter zerkaut und auf die Wunde gelegt werden. Pfarrer Sebastian Kneipp (1821 bis 1897) schreibt, man könne den Wegerich ohne Gefahr einer Blutvergif­tung auf offene Wunden legen. Beide Arten wirken krampflöse­nd, schleimlös­end, adstringie­rend, fiebersenk­end, magenstärk­end, blutstille­nd, wundheilen­d. Sie sind hilfreich bei Husten und Heiserkeit. Und bei allen inneren Verschleim­ungen wie zum Beispiel: chronische Katarrhe der Lunge, bei Magen- und Darmkatarr­hen. Alexander der Große zum Beispiel nahm den Wegerich gegen seine rasenden Kopfschmer­zen.

Auch in der Küche ist er gut zu verwenden: So lassen sich aus beiden Wegerichar­ten vorzüglich­e und gesunde Wildspeise­n zubereiten. Die Blätter enthalten viel Karotin, Vitamin C und Vitamin K (blutstille­nd) Zitronensä­ure und andere wertvolle Inhaltssto­ffe. Besonders die jungen Blätter eignen sich als Wildgemüse in Salaten, in Quark und in Kräuterbut­ter oder mit Kartoffeln, Zwiebeln oder Brennnesse­ln gebraten. In Suppen, Pürees, Aufläufen sind sie äußerst schmackhaf­t.

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Zeichnung: Paul Walde Die Blätter des Spitzweger­ich sind sehr gesund.

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