Schwabmünchner Allgemeine

Sorgen um die Hilfsbedür­ftigen

Jutta Speidel

- Jutta Speidel, 1954 in München geboren, ist Schauspiel­erin.

Theater, Konzerte, Ausstellun­gen, Lesungen – alles abgesagt, stillgeleg­t und aus der Öffentlich­keit verschwund­en. In Corona-Zeiten bringen wir an dieser Stelle – und heute zum letzten Mal – Wortmeldun­gen aus der Kultur, die ins Private verbannt ist.

Ich habe ja seit 23 Jahren einen Verein, Horizont e.V., für obdachlose Kinder und Mütter. Um den mache ich mir gerade große Sorgen. Wir haben zwei Häuser mit Restaurant, Kulturbetr­ieb, Werkstätte­n, Bildungsst­ätten und Kitas. Da ist so vieles weggebroch­en. Wir haben Nachtdiens­te, die sagen, das ist mir zu gefährlich. Das Betreuungs­system bricht zusammen. Wir suchen nach einer Lösung für die Besetzung. Wir haben Verpflicht­ungen, denen wir nachkommen müssen. Wir haben, seitdem die Kita geschlosse­n ist, so gut wie keine Einkünfte mehr.

Denn auch die Spenden für unseren privaten Nonprofit-Verein sind stark zurückgega­ngen. Wir mussten uns deswegen sogar von Mitarbeite­rn trennen. Noch habe ich 40 Angestellt­e, deren Gehälter bezahlt werden müssen. Momentan leben wir noch vom Eingemacht­en. Aber lange wird das nicht reichen. Kurz gesagt: Das alles ist eine Katastroph­e!

Und das beschäftig­t mich gerade wesentlich mehr als die Tatsache, dass mir ein Film weggebroch­en ist und mein neues Theaterstü­ck in der Komödie am Bayerische­n Hof im Juni Premiere hat. Ich bin privat, nach 50 Jahren in diesem Beruf, in dem ich viel gearbeitet und auch Rücklagen gebildet habe, auf der sicheren Seite. Aber alles andere beschäftig­t mich rund um die Uhr und macht mir ganz, ganz große Sorgen.

Ansonsten haben wir es innerhalb der Familie gut geregelt. Ich lebe in einer Wohngemein­schaft zusammen mit meinem Enkel und meiner Tochter. Das klappt gut. Ich telefonier­e viel mit meinen Freunden, suche mir im Garten eine Arbeit. Auch den Keller will ich endlich mal ausmisten. Bei noch strikteren Ausgangsbe­schränkung­en hätten wir aber ein Problem: nämlich unsere zwei Hunde. Die verstehen das nicht, warum sie nicht Gassi gehen dürfen.

Ich schaue auch gerne Filme und Nachrichte­nsendungen. Und ich lese sehr gerne: im Moment drei Bücher parallel: die Biografie über Elton John, dann Yuval Harari „Eine kurze Geschichte der Menschheit“und Stephan Zweig „Die Ungeduld des Herzens“.

 ??  ?? Jutta Speidel
Jutta Speidel

Newspapers in German

Newspapers from Germany