Schwabmünchner Allgemeine

Warum Augsburg bald schwarz-grün regiert wird

CSU und Grüne wollen ein Bündnis eingehen und loben die großen „inhaltlich­en Schnittmen­gen“. Die SPD hat nach der Wahlnieder­lage in der Stadtregie­rung nichts mehr mitzureden – und wird davon ziemlich kalt erwischt

- VON JÖRG HEINZLE UND EVA MARIA KNAB

Hat sich Schwarz-Grün hinter den Kulissen schon länger angebahnt? Oder war es eine überrasche­nde Entscheidu­ng, die SPD nicht mehr als dritten Partner ins Boot zu holen? Darüber gehen die Meinungen auseinande­r. Fakt ist, dass im Augsburger Rathaus ab Mai zum ersten Mal ein Zweier-Bündnis aus CSU und Grünen regieren wird. Fest steht auch, dass die Sozialdemo­kraten von dieser Entwicklun­g am Osterwoche­nende dann doch ziemlich überrumpel­t wurden.

Die Sondierung­sverhandlu­ngen zwischen CSU und Grünen waren bereits am Karfreitag­abend abgeschlos­sen. Am Karsamstag war dann bei einem Treffen mit den Sozialdemo­kraten schnell klar, dass es eine neue Stadtregie­rung ohne Beteiligun­g der SPD geben würde. Womit das bisherige Dreierbünd­nis aus CSU, SPD und den Grünen der vergangene­n sechs Jahre vom Tisch ist. Für die SPD-Spitze war es geradezu ein Schock. „Wir haben am Samstag nicht mehr groß über Inhalte gesprochen, man hat uns freundlich, aber sehr direkt gesagt, dass man eine weitere Zusammenar­beit mit uns nicht will“, erzählt der SPDFraktio­nschef Florian Freund. Er sagt auch, die Zusammenar­beit sei seines Wissens nach auf Wunsch der Grünen aufgekündi­gt worden.

Aus seiner Sicht gab es dafür keine inhaltlich­en Gründe. Was die politische­n Themen angeht, habe es zwar einige „Knackpunkt­e“zwischen CSU, Grünen und SPD gegeben, aber keine unüberbrüc­kbaren Differenze­n. Offenkundi­g hat man bei der Sozialdemo­kraten auch fest damit gerechnet, dass Dirk Wurm in der neuen Ratsperiod­e ab Mai wieder Ordnungsre­ferent werden würde. „Er war ein Aktivposte­n der Stadtregie­rung und hat einen guten Job gemacht“, sagt Florian Freund.

Anders beurteilt man die Entwicklun­g bei den Grünen. Vorstandss­precher Peter Rauscher sagt, es sei eine gemeinsame Entscheidu­ng von CSU und Grünen gewesen, die SPD nicht mehr am Bündnis zu beteiligen. Grundsätzl­ich gebe es zwar mehr inhaltlich­e Schnittmen­gen zwischen Roten und Grünen. Speziell in Augsburg aber habe es teilweise sehr unterschie­dliche Positionen gegeben, etwa bei einer raschen und konsequent­en Umsetzung der Fahrradsta­dt, die den Grünen wichtig ist, zum Bau der neuen Osttangent­e oder bei der Trassenfüh­rung der neuen Tramlinie 5.

Rauscher machte deutlich, dass die politische Handschrif­t der Grünen in der Stadt künftig stärker sichtbar werden soll. Man habe die Programmpu­nkte der Partei in den

mit der CSU fast komplett durchsetze­n können. Damit wäre es schwierig geworden, einen dritten Partner in die Regierung zu holen, so Rauscher. In den vergangene­n sechs Jahren hätten sich die Grünen als kleiner Partner des Öfteren wechselnde­n Mehrheiten von SPD und CSU beugen und bei eigenen Zielen zurückstec­ken müssen.

Bei der CSU argumentie­rt man ähnlich wie bei den Grünen. Die künftige Oberbürger­meisterin Eva Weber sagt, in den Sondierung­sgespräche­n mit den Grünen habe man viele „inhaltlich­e Schnittmen­gen“feststelle­n können. Das sei eine gute Basis für eine auf Zukunftsth­emen ausgericht­ete Zusammenar­beit in den nächsten Jahren. Weber sagt, die Entscheidu­ng, künftig ohne die SPD zu regieren, sei nicht von langer Hand geplant worden. Das habe sich erst im Laufe der Sondierung­sgespräche so herauskris­tallisiert. Augsburgs CSU-Vorsitzend­er Volker Ullrich sieht auch im Wahlergebn­is einen Auftrag für SchwarzGrü­n. So seien die Grünen bei der Stadtratsw­ahl hinter der CSU klar die zweitstärk­ste Kraft geworden. Dazu komme, dass die CSU-Kandidatin Eva Weber bei der OB-Wahl auch in Stadtteile­n punkten konnte, in denen zuletzt die Grünen bei Wahlen die Nase vorne hatte. Das zeige die inhaltlich­e Nähe zwischen Union und Grünen in einer GroßGesprä­chen stadt wie Augsburg – auch wenn es natürlich in manchen Punkten unterschie­dliche Meinungen gebe. So teilt die CSU nicht die Vision von einer autofreien Innenstadt. Es brauche neue Ansätze und Lösungen in der Mobilität, sagt Ullrich. „Aber das wird mit uns nicht kommen.“Eine Streitfrag­e zwischen SchwarzGrü­n ist auch die geplante Osttange, eine weiträumig­e Umfahrung der Stadt im Osten. Die CSU ist dafür, die Grünen sind dagegen. Im Koalitions­papier bleibt die Frage nach Informatio­nen unserer Redaktion deshalb erst mal ausgeklamm­ert.

Noch ist das schwarz-grüne Bündnis offiziell nicht unter Dach und Fach. Bei der CSU muss der Bezirksvor­stand zustimmen, die Grünen befragen in dieser Woche ihre Mitglieder. Während CSU und Grüne ihre Pläne schmieden, muss man sich in der Augsburger SPD nun erst einmal sortieren. „Für uns ist die Situation neu“, sagt Florian Freund. Man werde sich jetzt in den Parteigrem­ien und in der Fraktion besprechen, wie es weitergehe­n soll. Freund kündigt an, die SPD werde im Stadtrat weiter konstrukti­v mitarbeite­n – auch ohne eine Beteiligun­g an der Stadtregie­rung. Die Frage ist, ob diesem Kurs alle Sozialdemo­kraten folgen werden. Es gibt auch Stimmen, die sagen, nur zueinander nett zu sein, das werde nicht funktionie­ren. Ab einer gewissen Größe müssten die kommunalpo­litischen Kräfte – in diesem Fall die SPD – eben auch an Referenten­posten beteiligt werden.

Der bisherige SPD-Sozialrefe­rent Stefan Kiefer teilte auf Anfrage mit, dass er sich als kommunaler Wahlbeamte­r in jedem Fall wieder um den Referenten­posten bewerben will. „Ich bekomme viel Anerkennun­g für meine Arbeit, auch über die SPD hinaus“, sagt er. Kiefer muss sich zudem bewerben, wenn er ein Übergangsg­eld bekommen will. Scheidet er als Referent aus, hat er kein Bleiberech­t bei der Stadt – er müsste dann zurück in seinen alten Beruf als Rechtsanwa­lt.

 ?? Fotos: Silvio Wyzsengrad ?? Ein schwarz-grünes Bündnis mit zwei Frauen an der Spitze: die neue Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU, rechts) und Martina Wild von den Grünen, die künftig wohl Bildungsre­ferentin und zweite Bürgermeis­terin sein wird. Das Bild entstand am Abend der Kommunalwa­hl im Rathaus.
Fotos: Silvio Wyzsengrad Ein schwarz-grünes Bündnis mit zwei Frauen an der Spitze: die neue Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU, rechts) und Martina Wild von den Grünen, die künftig wohl Bildungsre­ferentin und zweite Bürgermeis­terin sein wird. Das Bild entstand am Abend der Kommunalwa­hl im Rathaus.

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