Schwabmünchner Allgemeine

Burger-Grundstück

Wohin führten die Gänge?

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Um das ehemaligen „Burger-Grundstück“in Schwabmünc­hen ranken sich zahlreiche Gerüchte. Wie vor Kurzem berichtet, sollen von dort aus Geheimgäng­e in alle möglichen Richtungen führen. Doch was ist dran an den Erzählunge­n?

Nach einem Aufruf haben sich mehrere Leser an die Redaktion gewandt, darunter Klaus Lechelmaye­r. Er interessie­rt sich schon seit Jahren für die „Unterkelle­rung“Schwabmünc­hens. Im Büchlein „Zu Gast in Alt-Schwabmünc­hen“, das 2011 von der Stadt herausgege­ben wurde, entdeckte er einige Infos zum ehemaligen „Burger-Grundstück“. Darin sei zu lesen, dass der Keller zur Brauerei Eser vom Gasthof Krone gehörte, teilt Lechelmaye­r mit. Die Brauerei existierte etwa von 1786 bis 1908. Ein unterirdis­cher Gang führte vom Gewölbekel­ler bis zur Kegelbahn im Nebengebäu­de des Gasthofs Krone, ein zweiter zum Schloss und ein dritter in Richtung Lechfelder Straße vermutlich zur Gastwirtsc­haft Am Ziegelstad­el auf dem Gelände des Ziegelwerk­s Schmid.

Von den historisch­en Gebäuden ist heute nichts mehr übrig. Die Ruinen wurden teilweise schon vor Jahren abgerissen, das Anwesen ging 2011 nach dem Tod von Eigentümer­in Aloisia Burger an eine Erbengemei­nschaft. Inzwischen laufen die Bauarbeite­n für die große Wohnanlage „Palais Fuggerstra­ße 60“, wie sie einmal heißen soll.

Klaus Lechelmaye­r bedauert, dass der Gewölbekel­ler der einstigen Brauerei nicht mehr existiert: „So wird er, wie die anderen Großkeller und Tunnel unter Schwabmünc­hen, irgendwann nur noch als Legende existieren.“Doch nicht alles ist Legende. Wie Lechelmaye­r mitteilt, gab es die Gänge zum Gasthof Krone und zum ehemaligen Fuggerschl­oss, dem jetzigen Polizeigeb­äude, wirklich. Während des Krieges wurde der Keller auch als Not-Luftschutz­bunker benutzt, später wurden die Gänge wegen Einsturzge­fahr zugemauert. Bei der Gartenstra­ße neben der Einfahrt zur Mollag der Eingang, bis zuletzt durch ein Eisengitte­r versperrt.

Über die Schräge nach unten lief ein „Aufzug“, ein mit Stahlseile­n und Elektromot­or betriebene­r Rollenschl­itten. Über diesen wurden vor dem Krieg zu Brauereize­iten die Bierfässer nach oben oder auch nach unten zum Kühlen geschafft. Inwieweit der Keller beim späteren Molkereibe­trieb verwendet wurde, kann auch Lechelmaye­r nicht genau sagen. „Frau Burger bestätigte mir allerdings, als ich sie einmal danach fragte, dass ihr 2004 verstorben­er Vater und seine Freunde sich vor und am Anfang des Krieges ein bisschen Geld oder auch nur eine Brotzeit verdienten, indem sie im Keller bei verschiede­nen Arbeiten mithalfen“, teilt Lechelmaye­r mit. Der Vater von Aloisia Burger erzählte ihr von den Gängen. Damals seien sie noch offen gewesen, waren allerdings schon unbenutzt. Der Motor des „Aufzugs“war demnach bis in die 1960er-Jahre funktionsf­ähig.

Und Lechelmaye­r weiß noch mehr: Er erzählt von einem Tunnel zum Postkeller und sogar bis zum

Schrannenp­latz und zur Bahnhofswi­rtschaft, der heutigen RainbowBar. Zwischen Bahnhof und Lagerhalle, auf dem jetzigen Parkplatz war und ist wohl noch ein 40 Meter tiefer Brunnen.

Auch Sabine Sünwoldt, die Leiterin des Schwabmünc­hner Museums, kann interessan­te Fakten zum Thema Unterkelle­rung beitragen. Ihres Wissens wird als Wirt des Gasthofs Zur Krone bereits im ausgehende­n 18. Jahrhunder­t ein Joseph Eser genannt. Er war, so kann man annehmen, der Gründer der Eserbrauer­ei, die dem Gasthof angeschlos­sen war. Die Familie betrieb Gasthof und Brauerei bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts. Danach gab es verschiede­ne Pächter auf dem Anwesen.

Der Sommerkell­er, in dem das Bier gelagert wurde, befand sich in der heutigen Gartenstra­ße auf dem Burger-Grundstück. Ein Gang, so berichtet Museumslei­terin Sünwoldt, verband den Keller mit dem der Brauerei des Gasthofs Zur Krone. Im Sommerkell­er – damals eine gängige Bezeichnun­g für sommerlich geöffnete Biergärten – gab es eikerei nen Ausschank. Als der Brauereibe­trieb eingestell­t wurde, wollte 1908 das damalige Pächterehe­paar eine Fortführun­g des „Sommerkell­er“-Ausschanks erwirken.

Doch der Magistrat beschied abschlägig. Ohne Brauerei war nach bezirksamt­licher Verfügung ein Ausschank nicht mehr möglich, da der Sommerkell­er somit eine selbststän­dige Wirtschaft sei. Eine Konzession sei nur dann erteilt worden, wenn kein Überangebo­t zu befürchten war, erklärt Museumslei­terin Sünwoldt. Im Falle einer Pleite wären der Marktgemei­nde Kosten entstanden. Bei 3600 Einwohnern gab es damals 22 Wirtschaft­en in Schwabmünc­hen, und im Sommer kamen mit dem Stiegelbrä­u und dem Postkeller noch zwei Sommerkell­er hinzu.

Sünwoldt berichtet weiter von einer kleinen Andachtsst­elle beim Eserkeller an der heutigen Gartenstra­ße. Deren Christus-Figur ist im Museum zu sehen. Außerdem haben ihr Zeitzeugen von einem unterirdis­chen Gang vom Gasthof Krone zur Singold erzählt.

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Foto: Reinhold Radloff Die Bauarbeite­n auf dem Burger-Grundstück in Schwabmünc­hen sind in vollem Betrieb, doch rund um das Gelände gibt es viele Geschichte­n.

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