In der Krise ist Kreativität gefragt
Inhabergeführte Geschäfte und Gastronomiebetriebe leiden besonders unter den Corona-Maßnahmen. Doch die Besitzer lassen sich einiges einfallen, um die Kunden trotzdem zu erreichen. Wir haben einige Beispiele zusammengetragen
Landkreis Augsburg Die CoronaKrise bringt viele Geschäftsmodelle ins Wanken. Doch die Geschäftsleute im südlichen Landkreis tun alles, um trotzdem für die Kunden da zu sein. Wir haben einige Beispiele zusammengetragen.
● Bobingen Der Radlmarkt Reim in Bobingen ist in der Krise kreativ geworden. Betreiber Jürgen Reim verkauft seine Fahrräder nun über Telefon und den Textnachrichtendienst WhatsApp. Die Werkstatt und der Verkauf von Ersatzteilen läuft weiter, aber verkaufen darf er keine Räder mehr im Laden.
Deshalb nimmt Reim jetzt zunächst über Telefon und über E-Mails Kontakt zu seinen Kunden auf, ehe er ihnen auf WhatsApp die Fahrräder zeigt. „Normalerweise gibt mir ein Kunde seine Nummer und schreibt, was für ein Fahrrad er sich vorstellt,“erklärt Reim: „Ich fotografiere dann Fahrräder ab. Wenn dem Kunden eins gefällt, filme ich es einmal ringsum und beantworte alle Fragen. Danach regeln wir die Größe und was zu ihm passt.“Hat sich der Kunde ein Rad ausgesucht, überweist er das Geld und Reim bringt es vorbei.
Über WhatsApp verkauft Reim, weil das am schnellsten geht und weil fast jeder ein Handy hat: „Das Handy ist das Gängigste, das hat jeder und wenn nicht, beschreibt man eben am Telefon.“
● Schwabmünchen Auch bei Stammel & Schöffel ist der Laden derzeit geschlossen. Untätig ist die Firma allerdings nicht: Wie Inhaber und Geschäftsführer Nico Stammel mitteilte, kann trotzdem Bekleidung bestellt werden, per Telefon und über die sozialen Medien. „Wir sind für unserer Kunden auf jeden Fall da und sehr aktiv. Es gibt spezielle Flyer und Bestellformulare“, sagt er. Derzeit sind nur zwei statt 30 Mitarbeitern in Schwabmünchen tätig und die nur in Teilzeit. Der Einbruch bei den Einnahmen sei gewaltig und, sollte sich die Geschäftsschließung noch über den April hinausziehen, wäre auch der Fortbestand der Firma bedroht. „Geholfen wäre uns, wenn die Kunden jetzt Gutscheine kaufen würden“, sagt er. Glück im Unglück sei es, dass die Bauarbeiten vor dem Geschäft in der neuen Mitte mit der Corona-Schließung zusammenfallen. „Sie hätte uns, wie auch den anderen Geschäften hier, viel Kundschaft gekostet. Hoffentlich ist bald alles wieder in Ordnung.“
● Königsbrunn
Das Café Müller in
Königsbrunn erfreute seine Kunden am Wochenende mit einem Osterfrühstück „to go“. Auslöser war eine Anfrage von Stammkunden, ob das Team vom Café Müller denn so was liefern würde? Das brachte die Chefs auf die Idee: Warum das Frühstück nicht als Kombination für vier Personen anbieten, komplett mit Osterlamm und Osterfladen, Räucherfisch, Wurst, Käse und Brotkorb, Obstsalat, alles zum Abholen? Gedacht, getan. Schon Minuten, nachdem Juniorchef Moritz Müller das Angebot am 2. April auf Instagram und weiteren sozialen Medien publik gemacht hatte, gingen die ersten Bestellungen ein.
Einige Kunden, wie etwa Stefanie Passel, wollten es gerne etwas kleiner, passend nur für sie und ihren Mann: „Wenn ich dafür im Supermarkt viele Schmankerl einkaufe, bleibt so viel übrig.“Das Osterfrühstück gab es auch für zwei Personen – oder für bis zu zehn. Über 300 Kunden waren es schließlich, die sich ihre Frühstücksbox im Schokoschlösschen abholten. Da war das Team in Küche und Backstube, das seit Ende März überwiegend in Kurzarbeit ist, endlich mal wieder gefordert. „Die haben sich gefreut, dass sie wieder richtig arbeiten konnten“, berichtet Moritz Müller. ● Schwabmünchen Ganz auf den Lieferservice von telefonisch bestellter Ware verlegt hat sich die Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen. „In der Stadt fahren wir die Bücher mit dem Rad aus, die umliegenden Orte beliefern wir mit dem Auto“, sagt Hans Grünthaler, der schätzt, dass er derzeit etwa 30 Prozent des sonst üblichen Umsatzes macht. „Das ist natürlich zum Überleben viel zu wenig. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Aber auch damit können wir maximal zwei bis drei Monate überleben.“Trotz er heftigen Mindereinnahmen haben er und seine verbliebenen Mitarbeiter viel mehr Arbeit: Alles schriftlich erledigen und ausfahren kostet viel Zeit. Grünthalter hofft, durch seinen Lieferservice die Kunden an seine Buchhandlung zu binden. Ärgerlich für ihn ist, dass sein gesamtes Kulturprogramm derzeit ausfallen muss. „Die Karten behalten ihre Gültigkeit, bis die Veranstaltungen nachgeholt werden können. Wer sie wegwirft, unterstützt die Künstler, an die ich die Einnahmen komplett weiterleite. Das hilft ihnen durch die Krise.“
Online-Geschäfte bietet derzeit auch die Firma Uhren-Schmuck
Keppeler auf der eigenen Homepage (uhren-schmuck-keppeler.de) und über die sozialen Medien an. „Doch das ist nicht unser originäres Geschäft. Wir wollen unsere Kunden lieber im Geschäft haben“, sagt Reimund Keppeler. Aber in der Not bietet er, wie zum Beispiel auch das Schuhhaus Forstner, an, das Objekt der Begierde im Schaufenster zu fotografieren, das Bild zuzuschicken, und dann wird die Ware nach Haus geschickt. Der Firmeninhaber ist jeden Tag im Geschäft, arbeitet Reparaturund andere Aufträge ab. Doch der Erlös stellt trotzdem nur einen Minimalumsatz im Vergleich zu Zeiten vor Corona dar. „Ich hoffe auf Mittwoch, dass dann die Beschränkungen für den Einzelhandel gelockert werden. Wir können einen Abstand zum Kunden locker garantieren“sagt er.